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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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erinnerte mich meiner
zeitweisen Exile, die mir als echtem Cockney in Manchester ebenso bitter waren
wie in Melbourne. Die Atmosphäre Londons hatte sowohl Grimsdykes Lungen wie
Persönlichkeit Farbe verliehen, und er fühlte sich nirgends richtig daheim, wo
er nicht ein Taxi heranwinken und sich zu Fortnum’s bringen lassen konnte.
    «Was trägst du als nächstes zum
Fortschritt der Medizin bei?» fragte ich.
    Sein Blick schweifte ins Leere.
    «Nun, zunächst einmal wäre da meine
Mitarbeit an Tageszeitungen zu erwähnen.»
    «Richtig, die hab ich ganz vergessen.»
    Mein Freund hatte eine gewisse
Fertigkeit im Schreiben medizinischer Artikel in sich entdeckt, die er, im
Hinblick auf die strengen Regeln ärztlicher Anonymität, mit «Ein renommierter
Spezialist der Harley Street» zu zeichnen pflegte.
    «Hab unter anderem ein recht
schmissiges Ding über Mißgeburten verfaßt — erscheint am Samstag —, worauf ich
einigermaßen stolz bin. Aber das Wichtigste ist», fuhr er aufgeräumt fort, «ich
trete jetzt eine absolut noble und dabei kostenlose Ferienreise an. Werde
einmal Grimsdyke, den muntren Seemann, spielen. Ich hab den Posten eines
Schiffsarztes auf einem Mittelmeer-Vergnügungsdampfer gekriegt.»
    Ich war fasziniert. Kurz nach meiner
Promotion hatte ich selber erkannt, daß ein Doktortitel soviel wie ein Billett
für eine Weltreise bedeutet, und mich auf einem alten Frachter anheuern lassen,
der sich knarrend seinen Weg nach Südamerika bahnte. Meine Pflichten schienen
größtenteils darin zu bestehen, mit dem Chefingenieur Pink Gins zu trinken; ich
fühlte jedoch — obgleich dies eine recht angenehme Art von Praxis war —, daß
sich irreparable psychische Veränderungen einstellen würden, wenn ich dabei
beharrte.
    «Das nenn ich eine Glückssträhne», rief
ich bewundernd aus, «Wie hast du dir das ergattert?»
    «Bei meinem letzten Posten. Der
Chefpsychiater behandelte die Tochter eines eingeborenen Gutsherrn, ein tolles
Ding mit einer < hysterischen Individualität> wie er es nannte
— meiner Meinung nach fehlte ihr nichts anderes, als daß ihr jemand tüchtig den
Hintern versohlte. Na, irgendwie muß ihr seine Behandlung doch gutgetan haben,
den n nächste Woche
heiratet sie den jungen Lord Corrington, dem die Lady Anne gehört — das
ist das Schiff, weißt du, eine verdammt große weiße Kiste, aufgetakelt wie ein
Hochzeitskuchen —, und ein paar Dutzende andere noch dazu. Tatsache ist»,
erklärte er mir, «die Corringtons verbringen ihre Flitterwochen auf einer
Kreuzfahrt im Mittelmeer. Sie wollte einen Arzt an Bord haben, der mit ihrer
Krankengeschichte vertraut ist, und da der Chefpsychiater nicht abkömmlich war,
schlug er netterweise mich vor. Genau das, was mir gelegen kommt. Nach mehr als
einem Jahr ununterbrodiener Arbeit brauche ich jetzt dringend eine Ruhekur.»
    «Es wäre aber möglich, daß du eine
Menge zu tun bekommen könntest», warnte ich ihn.
    Er fragte schmerzlich bewegt: «Eine
Menge zu tun?»
    «Man kann nicht so ohne weiteres
etliche tausend Leute in einer Blechkiste einsperren und sie im warmen
Sonnenschein dahingondeln lassen. Die Infektionskrankheiten, die sie ausbrüten,
ver-: mehren sich wie die Maden im Stiltonkäse.»
    «Ach, dafür ist gesorgt», rief
Grimsdyke leichtherzig. «Der Chefarzt ist kein anderer als Sir Hamilton
Harberry, eine Koryphäe auf sämtlichen Gebieten, der nun, da er im Ruhestand
ist, diesen Job als Zeitvertreib angenommen hat. Das ist ein Bursche, der
imstande ist, zwischen Lunch und Dinner einen Appendix zu entfernen, ohne mit
der Wimper zu zucken. Meine Pflichten werden, nehme ich an, mehr geselliger
Natur sein — wie zum Beispiel hübschen Mädeln das Bootsdeck im Mondschein zu
zeigen. Daß von denen Hunderte an Bord sein müssen, versteht sich von selbst.»
    «Und alle auf Männerjagd.»
    «Ich werde mir bestimmt fidele Tage
machen», fuhr er fort.
    meiner Bemerkung nicht achtend. «Noch
dazu bei zollfreien Erfrischungsgetränken. Noch ein Bier?»
    Ich sah auf die Uhr.
    «Habe Nicky hoch und teuer versprochen,
daß wir um halb zwei zu Hause sind.»
    Grimsdyke verhehlte nicht seine
Überraschung. Er hatte sich vorgestellt, wir würden erst dann aufbrechen, wenn
der freundliche Wirt mit der karierten Weste, gemäß dem zweimal täglich
stattfindenden Rollenwechsel englischer Schankwirte, sich in einen Grobian
verwandelt und uns auf die Straße gesetzt hatte.
    «Aber geh, Alter! Nicky würde uns das
doch nicht übelnehmen? Sie ist doch

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