Dr. House
seinen Strumpfhaltern in der Tür und strampelt mit seinen kurzen Beinchen, um sich nicht langzulegen. Die Zeit gehorcht ihren eigenen Gesetzen nicht mehr – sie beschleunigt, bremst ab, biegt sich, geht zur Seite –, die Tage werden fensterlos und bizarr, das Filmen erfundener Geschichten wechselt sich ab mit Fototerminen, roten Teppichen und Talkshows, die noch weniger real sind. Das Ergebnis, wie könnte es anders sein, ist Wahnsinn. Eines späten Abends kann man den Engländer beobachten, wie er den Pacific Coast Highway entlang streift. Er ist nackt, hält eine 45er in der Hand und rezitiert Psalm 23.
Sein Name ist Ronald Pettigrew, und bei der Sendung handelt es sich natürlich um Wetly Flows the Mississippi . Die Serie lief zwei Staffeln lang.
Auch wenn ich es nicht ganz so schwer genommen habe wie der alte Pettigrew, gab es doch krasse Zeiten. So krass wie in Afghanistan zu kämpfen oder den Yankees (wer auch immer das ist) eine Base abzujagen (was auch immer das ist) oder ein erfolgreiches Bordell zu führen? Keine Ahnung. Einige von Ihnen werden denken: »Nun machen Sie mal halblang, es ist doch nur eine Fernsehserie«, und das stimmt – genauso, wie Sie das Wörtchen ›nur‹ an jedes menschliche Ereignis anhängen können. Es kommt auf Ihre Perspektive an. Auch das nukleare Armageddon bedeutet aus Sicht eines Geologen oder Astrophysikers ›nur‹ das Ende der Menschheit.
Aber das ist das Paradox: Wenn sich die Beteiligten bei Dr. House je verhalten hätten, als wäre es ›nur‹ eine Fernsehserie, dann wäre es eine abgesetzte Fernsehserie. Eine ehemalige Fernsehserie. Wie die meisten Menschen in der Unterhaltungsindustrie verhalten wir uns professionell unverhältnismäßig. Intensität existiert nur im Kopf, könnte Marc Aurel – schlecht übersetzt – gesagt haben, und wenn unverhältnismäßig handelnde Menschen beschließen, dass etwas so krass ist, dass sie all ihre körperliche und geistige Kraft dort hinein stecken, dann wird es das auch. Nun, genau das haben wir mit Dr. House getan, auf Gedeih und Verderb. Manchen mag das komisch erscheinen, aber ich hoffe, ›manche‹ wohnen nicht im Glashaus, denn das ist lächerlich. Allein die Heizkosten.
Harte Arbeit allein erklärt jedoch noch nicht, weshalb Dr. House die meistgesehene Fernsehserie der Welt ist. (Das ist nicht meine Behauptung: Ich habe es neulich in einem Wirtschaftsblatt
gelesen. Keine Ahnung, wie der Autor zu dem Schluss gekommen ist. Nein, ich habe nicht vor, es zu überprüfen.) Da muss noch etwas anderes sein. Natürlich könnte man sagen, die Serie ist mehr als die Summe ihrer Teile, aber das gilt für nahezu alles, das nicht in das Gebiet der reinen Mathematik fällt. Schon mal versucht, mit dem Haufen Teile, aus denen ein Honda Civic zusammen gebaut wird, zur Arbeit zu fahren? Man könnte vermuten, dass House’ Abneigung gegen milde Beschönigung den älteren Zuschauern angesichts der heutzutage üblichen heuchlerischen Political Correctness etwas Erleichterung verschafft. Man könnte auch annehmen, dass House jüngere Zuschauer anspricht, weil er so antiautoritär ist, wie viele junge Leute zu sein behaupten (aber nicht sind). Obendrein ist House ein Heiler, ein Problemlöser, ein Retter – durchaus keine unattraktiven Eigenschaften. All dies mag dazu beigetragen haben, dass die Serie ein gemütliches mittleres Alter erreicht hat. Aber wenn Sie mich fragen: Es sind die Witze.
Ich finde House extrem lustig und ärgere mich immer, wenn Leute behaupten, er sei griesgrämig oder verbittert oder ein Mistkerl, denn ich glaube, dass diese Leute weder das Gute an der Serie noch an der Rolle erkennen. Für mich ist House witzig und scharfsinnig, eine durch und durch gute Gesellschaft. Ich verbringe gerne Zeit mit ihm. Nicht nur das: Meiner Meinung nach ist sein Humor ein wesentliches Merkmal seines Charakters und seines Berufs. Lassen Sie es mich erklären.
(Sie müssen es mich natürlich keineswegs erklären lassen. Wenn Sie mögen, können Sie dieses Buch einfach zuklappen und in die Ratgeberabteilung des Ladens gehen. Oder Sie blättern gleich weiter zu den Fotos von Olivia Wilde, auch keine schlechte Idee.)
Wenige Dinge sind ermüdender als ein Vortrag über das Wesen von Humor oder eine Begründung, weshalb ein Witz lustig ist.
Lassen Sie uns trotzdem schnell eine grobe Definition aufstellen, damit wir weitermachen können. Die meisten Witze basieren auf der Verbindung zweier scheinbar unterschiedlicher
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