Kann denn Fado fade sein?
Vorwort
Wie mich der Portugalvirus erwischte
»Also hört mal zu«, sagte unser Gastgeber Jörg zu der kleinen Gruppe von Journalisten, die für sechs Tage ein kleines Land im äußersten Südwesten Europas erkunden durfte. »Passt auf: Die sprechen hier immer so, dass es klingt, als seien sie leicht angetütelt. Wir haben in eure Routenhinweise die portugiesischen Ortsnamen reingeschrieben, aber ihr haltet es bei der Aussprache am besten mit Asterix und den Arvernern: Immer wenn ihr den Buchstaben ›S‹ geschrieben seht, sprecht ihr ein ›Sch‹. Kleiner Tipp, falls ihr das nicht könnt beziehungsweise damit euch das leichter fällt – und das gilt bitte nur für die Beifahrer: Mit ein paar Gläsern Wein sorgt ihr dafür, dass euch die Aussprache des ›Sch‹ keinerlei Probleme bereitet …«
Meine erste Begegnung mit Portugal. Und dem Portugiesischen. Asterix und die Arverner kannte vor gut fünfundzwanzig Jahren jeder (heute würde man vielleicht auf die »Scht’is« aus der französischen Filmkomödie verweisen, deren Dialekt ja ein ähnliches Sprachproblem aufweisen soll).
Als Reiseredakteurin landete ich damals zum ersten Mal in Portugal. Ich war vorher nicht mal an der Algarve gewesen – die kannte ich lediglich vom Hörensagen und hielt diesen südlichen Landstrich für eine portugiesische Variante von Ballermann & Co. Die Erkundungsreise mit Kollegen fand im Norden statt: im grünen Garten Portugals, dem Minho,und im – einzigen – Nationalpark Peneda-Gerês . Ein bisschen beschnupperten wir die Hafenstadt Porto, und als besonderen Höhepunkt verbrachten wir am Schluss noch zwei Tage in Lissabon (mit dem obligatorischen Fado-Abend). Und genau diese Tour, die im kleinen Wallfahrtsort Bom Jesus do Monte begann, führte dazu, dass mich der Portugalvirus erwischte.
Geübt haben wir das Ganze auf einer der ersten Stationen unserer Reise: mit dem Namen eines kleinen Wallfahrtsorts in der Nähe von Braga. Das Kirchlein nennt sich Bom Jesus do Monte (»Guter Jesus vom Berg«). Selbst Spanisch sprechende Kollegen hatten keine Chance, denn bei den Portugiesen klingt das in etwa so: »bmschuschdmont«.
So etwas kann ein Nicht-Portugiese erstens wirklich nicht verstehen und zweitens am besten mit einem gewissen Alkoholpegel aussprechen. Eben wie die Asterix’schen Arverner. Oder die Scht’is. Klar, dass wir das damals exzessiv übten. Auch mit Wein. Hatten wir viel Spaß dabei.
Kleine Notiz am Rande:
Wir haben für die alkoholische Sünde samt Sprachexkurs selbstverständlich alle brav gebüßt: Denn wir sind zu Fuß zur Wallfahrtskirche hochgelaufen, ohne die Standseilbahn zu benutzen. So eine gibt es in Bom Jesus nämlich – wohl für die weniger Gläubigen, die den Fußmarsch über die sechshundert Stufen als Buße für etwaige Sünden scheuen …
Unter deutschsprachigen Residenten in Portugal und in einschlägigen Länderforen liest man immer wieder: Jeder, der einmal nach Porto, Lissabon oder sonst wohin im Lande reist – selbst an die von mir bis dato verschmähte Algarve! – und seinen Aufenthalt genießt, ist angefixt.
Oder besser gesagt: infiziert. Vom sogenannten Portugalvirus befallen.
Ein Kurztrip – etwa drei Tage Städtereise Lissabon – soll schon ausreichen, um sich anzustecken. Mit einer leider unheilbaren Krankheit, die es – so scheint’s – nur hier gibt und die dafür sorgt, dass man wiederkommt. Sich möglicherweise sogar danach sehnt, sich für immer hier im äußersten Südwesten Europas niederzulassen.
Viele haben sich diesen Traum erfüllt: Legal und angemeldet leben hier fast zehntausend Bundesdeutsche, dazu kommen noch Österreicher und Schweizer; zahlreiche Briten sowieso (weil die eine ganz besondere Beziehung zu Portugal haben!), Holländer, Russen und Ukrainer, Moldawier, Brasilianer und Angolaner – alle möglichen Nationalitäten, viele aus den früheren Kolonien Portugals. Insgesamt etwa eine halbe Million. Und selbstverständlich gibt es nicht ausschließlich legale residentes . Sondern eine ganze Reihe, die sich eben nicht »ordentlich« anmelden und in keiner Statistik auftauchen.
Nicht nur zehn Millionen Portugiesen, sondern zudem eine ganze Menge estrangeiros lieben also das kleine Land im äußersten Südwesten Europas. Und sie scheinen sich meist rundherum wohlzufühlen. Trotz Staatspleite, trotz Krise, trotz wirtschaftlich oft schwierigster Lebensverhältnisse.
Ob das damit zusammenhängt, dass die Portugiesen etwas kennen, das sie saudade
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