Drachenblut 01 - Die Väter
sich.
»Sehr
wohl, Sire.«
Das Maß
war voll - übervoll. Der Graf rieb sich das Kinn und überlegte daran, wie er
ein Exempel statuieren sollte, als sein Sohn fröhlich eintrat.
»Vater,
Ihr habt mich zu Euch bestellt. Was kann ich tun?«, begann Mortimer auffallend
freundlich.
»Deine
Heiterkeit wird dir gleich vergehen, sei dir dessen gewiss.«
»Aber
Vater - es war doch nur eine einfache Magd. Nur ein dummes Weib, das seine
Pflichten vergessen hat.«
»Schweig
- du Wechselbalg!« die Stimme des Grafen überschlug sich, »du wirst morgen, bei
Sonnenaufgang, mit den Mönchen in Richtung Kloster aufbrechen. Die werden dir
schon Manieren beibringen. Auf dieser Burg ist für dich und deine Gräueltaten
kein Platz mehr. Deine Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste,
was aus dir geworden ist.«
»Aber
Vater, das könnt Ihr nicht tun. Ich bin Euer einziger Sohn! Wer soll Euch dann
folgen - als Herrscher über die Grafschaft?« Mortimer keifte und weinte.
»Lieber
möchte ich weitere hundert Jahre mit meiner Last leben, als dich auch nur einen
Tag auf meinem Thron zu wissen«, dröhnte der Graf, »und jetzt verschwinde aus
meinen Augen - es ist beschlossen.«
Mortimer
blieb noch ein paar Augenblicke reglos stehen. Vermutlich hoffte er, dass sein
Vater doch noch Vernunft annehmen würde. Vergeblich. Mit zitternden Knien
verließ er den Saal und machte sich in seine Kammer auf. Wer jedoch gedacht
hätte, dass er dort seine Sachen packen würde, um sich auf die bevorstehende
Reise vorzubereiten, der sollte eines Besseren belehrt werden.
Kapitel 9: Ein alter Bekannter
Als
Kate schloss, da brauchte Siegfried einige Zeit, um seine Gedanken zu ordnen:
Sharok hieß der Drache und viele sagten, dass er schon mehrere tausend Jahre
alt sei. Zu Gesichte bekommen hatte ihn noch niemand oder keiner hatte es
überlebt, um später davon berichten zu können. Er lebte in einer Höhle, die,
laut Kates Beschreibung, etwa zwei Tagesritte entfernt lag. Wanderer berichteten,
dass vor seiner Höhle ein großer Stein läge, den selbst die stärksten zwanzig
Männer nicht zu bewegen imstande seien. Das klang nicht gerade ermutigend.
Aber es
gab ein weiteres Gerücht: Eine alte Frau würde den Drachen regelmäßig einen
Besuch abstatten und hätte stets ein kleines Bündel unter ihrem Arm. In diesem
Moment solle sich, dem Vernehmen nach, der Stein wie von Geisterhand zur Seite
bewegen und damit der Alten Einlass gewähren. Das klang für Siegfried und
Gunther recht vage, aber zu dieser Zeit war letztendlich alles möglich. Schnell
einigten sich die Drei darauf, dass am nächsten Morgen noch ein Esel zu kaufen
sei und man sich gemeinsam auf den Weg machen würde.
Gunther
hatte für Kate ein gemütliches Lager am Boden gerichtet. Es war nicht
verwunderlich, dass sie alle, schon kurze Zeit später, wie die Murmeltiere
schliefen.
Als der
Morgen graute, wurden sie fast zeitgleich wach. Großer Tatendrang lag in der
Luft und auch das Frühstück hatte man schnell eingenommen. Nun stand Siegfried
auf, um dem Wirt noch einen Esel abzukaufen, auf dem Kate reiten sollte. Auch
ein Paar warme Hosen und eine Jacke kaufte er ihm ab, denn der Wirt hatte eine
Tochter in Kates Alter. Das Mädchen weinte fast vor Freude als sie die neuen
Sachen in ihren Händen hielt. Schnell waren die Pferde und der Esel gesattelt
und die, zugegeben komisch wirkende Karawane, machte sich auf ihren Weg. Nur
eine Stunde später gesellten sich noch zwei Handlungsreisende zu ihnen, mit
denen sie sich, bis zum frühen Abend, den Weg teilten. Unbeschwert wirkten
alle. Man lachte und scherzte um die Wette. Kein Beobachter hätte vermutet,
dass sich diese kleine Truppe auf dem Weg ins Ungewisse befand. Auch eine
Unterkunft war erneut schnell gefunden, welche man am nächsten Morgen satt und
munter hinter sich ließ.
Sie
waren schon wieder einige Stunden unterwegs als sie beschlossen, dass sie,
bevor sie sich der Höhle nähern würden, noch eine weitere Nacht Kraft und Ruhe
tanken würden. Ein entsprechendes Nachtlager dürfte unschwer zu finden sein.
Außerdem war es empfehlenswert, einem Drachen zumindest ausgeschlafen
gegenüberzutreten.
Die
beiden Männer diskutierten gerade heftig darüber, welches Schwert wohl das
Beste sei, als Kate auf ihrem Esel an ihnen vorbei ritt. Ein lustig
anzusehendes Schauspiel.
»Wohin
so schnell des Weges, junges Burgfräulein?«, witzelte Siegfried, bekam jedoch
keine Antwort. »Kate, wovor bist du auf der
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