Drachenblut 01 - Die Väter
und tapferster Recke«, begann der Graf fast theatralisch,
»du kennst Magda, die Küchenmagd?«
»Natürlich
Sire! Ihre Braten sind die besten weit und breit.« Der Ritter wirkte
verunsichert. Was konnte sein Herr ausgerechnet von dieser unschuldigen Magd
wollen?
»Nun
Henry - du musst deinen Gaumen zukünftig anderweitig erfreuen.«
»Was
soll ich tun, Sire? Euer Wunsch ist mir Befehl!« Henry erhob sich und nahm eine
aufrechte Haltung ein.
»Du
wirst, natürlich unter einem Vorwand, mit Marta in den nahegelegenen Wald
aufbrechen und ihr dort das Leben nehmen.« Miene und Ton des Grafen ließen
keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Order.
»Sire -
ich verstehe zwar nicht, aber Ihr werdet fraglos Eure Gründe haben ...«
»Kehr
zurück, wenn es getan ist«, unterbrach der Graf seinen Ritter barsch, »und mach
es schnell! Sie soll nicht leiden.«
Ritter
Henry eilte davon. Zurück blieb ein Mann, der gedankenversunken an die Decke
schaute. Ein böses Lächeln huschte über sein Gesicht. Gutes verhieß es kaum ...
Kapitel 7: Ein weiter Weg
Drei
Tage waren Siegfried und Gunther nun bereits auf Reisen. Die Landschaft um sie
herum wurde immer unwirtlicher. In dieser Zeit gab es viele Dinge, die Männern
wie ihnen das Leben schwer machten. Man musste hinter jeder Ecke mit einer
Überraschung rechnen und wenige davon waren angenehm. Gesetzlose, denen selbst
das eigene Leben nicht viel wert war. Auch tollwütige Tiere oder furchtbare
Krankheiten brachten alles andere als Erleichterung mit sich.
An
diesem Abend, es wurde bereits dunkel, kamen die beiden an einem Gasthaus
vorbei und beschlossen dort einzukehren. Beim Eintreten stellten sie fest, dass
der Schankraum voll finsterer Gestalten saß. Man musterte die Zwei mit
grimmigen Blicken. Sie baten den Wirt um seine sauberste Kammer, aßen herzhaft
und zogen sich schon bald zurück. Gleich bei Sonnenaufgang wollten sie wieder
im Sattel sitzen, denn eine wirkliche Spur von dem Drachen hatten sie bislang
nicht. Es kam in dieser Zeit auch nicht selten vor, dass man in einem Gasthof
wie diesem, den nächsten Morgen nicht mehr erlebte. Armut und Elend waren weit
verbreitet. Gesetzlose töteten manch ehrbaren Mann für ein lächerliches
Kupferstück. Also hatte Siegfried den Geldbeutel unter seinem Kopfkissen
verborgen und die Tür gründlich verrammelt. Zuletzt schoben sie sogar noch
Gunthers Bett davor. Das sollte hoffentlich ausreichend Schutz gewähren.
Mitten
in der Nacht erwachte Siegfried dann und stellte fest, dass jemand vorsichtig
versuchte seinen Kopf anzuheben. Wahrscheinlich gab es haufenweise Männer wie
ihn, die ihr Hab und Gut unter ihrem Kissen sicher wähnten. Er tat weiter
schlafend und glitt mit seiner Rechten langsam zu dem Messer hinab, welches er
neben seinem Bein verborgen hatte. Ein kalter Luftzug erfüllte die kleine Kammer
- sie waren wohl durch das Fenster eingestiegen, dachte Siegfried und hoffte,
dass es nicht zu viele Männer wären. Er sammelte seine Kräfte und packte den
Arm, der gerade noch versuchte ihn seines Geldes zu berauben. Entschlossen riss
er kurz darauf das Messer unter der Decke hervor und wollte gerade zustoßen,
als er erschrak. Große runde Augen schauten ihn verängstigt an. Es war ein
junges Mädchen, fast noch ein Kind. Dünn war sie und ihr Arm fühlte sich wie
ein Streichholz an. Siegfried hingegen hatte Hände wie Bratpfannen. Wenn er
noch fester zugedrückt hätte, dann wäre ihr Arm zweifelsohne wie ein dürrer Ast
zerbrochen.
»Was
tust du hier?«, schrie er sie ungehalten an. »Ausgerechnet ein Kind wie du
versucht mich meiner Habseligkeiten zu erleichtern?«
Das
Mädchen schwieg. Auch Anstalten zu fliehen machte sie nicht. Stattdessen
kauerte sie sich nur weinend in eine Ecke; hatte sich wohl mit ihrem Schicksal
abgefunden und rechnete nun damit, schon bald ihr junges Leben auszuhauchen.
Aber
Siegfried hatte Mitleid mit ihr und half ihr auf. »Setz dich dort hin! Los,
beweg dich«, raunzte er sie an. »Gunther - geh nach unten und hol uns ein paar
Reste aus der Küche.«
Der
Knappe folgte der Order und schob bereits sein Bett beiseite. Jetzt schaute
Siegfried sich das Mädchen genauer an. Hübsch war sie! Hübsch, aber
fürchterlich schmutzig und dünn. Seltsame Gedanken flogen ihm durch den Kopf.
Sie könnte seine kleine Schwester sein. Er hatte nie eine Familie gehabt - sich
jedoch stets nichts sehnlicher gewünscht, als das.
»Wer
bist Du?«, erkundigte er sich - bemüht, dabei so milde
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