Drachenelfen
keine Unschuldigen umgekommen wären?«, entgegnete Juba. »So ist das nun einmal, wenn man Kriege führt.« Er hasste es, sich plötzlich in die Rolle des Schurken gedrängt zu fühlen, dem es egal war, ob Frauen und Kinder starben. So war er nicht!
»Du hast vollkommen recht, Juba, so verlaufen Kriege. Aber müssen wir das als eine unabänderliche Regel akzeptieren, nur weil es bisher immer so war? Die Devanthar versuchen, das zu verändern. Wenn ich in knapp zwei Jahren gegen die Streitmacht Luwiens antreten muss, kämpfen allein Krieger gegen Krieger. Es
gibt keine geplünderten Städte und verwüsteten Landstriche. Es wird ein Krieg allein unter Kriegern sein.«
»Und was geschieht gerade jetzt? Diese Piraten? Sind sie nicht auch Teil dieses Krieges, Erhabener? Haben sie nicht die Besatzungen von mindestens einer Zinnflotte hingemordet?«, warf plötzlich Mataan ein.
Juba war überrascht, in dem Fischerfürsten einen Verbündeten zu finden. »Genau. Was ist mit den Piraten los, Erhabener? Früher haben sie die Seeleute gefangen genommen und als Sklaven verkauft. Oder gegen ein Lösegeld freigelassen. Warum dieses Massaker?«
»Ich fürchte, die Seeleute sind Opfer der politischen Umstände geworden.« Juba hörte die kaum verhohlene Wut in Aarons Stimme. »Früher hat man viele Sklaven nach Aram verkauft. Natürlich wagen sie es jetzt nicht, uns unsere eigenen Männer anzubieten. Die Luwier werden sie auch nicht nehmen, denn dann könnten wir ihnen vorwerfen, mit den Piraten gemeinsame Sache zu machen. Gleiches gilt für die Stadtfürsten der Aegilischen Inseln. Verschärfend kommt noch hinzu, dass sie Hunderte Ruderer und Seemänner gefangen haben. Die Besatzung einer ganzen Flotte. Früher haben die Piraten allenfalls einmal ein einzelnes Schiff aufgebracht, das durch Unwetter oder andere Umstände von der Zinnflotte getrennt wurde. Eine Handvoll Sklaven konnte man noch irgendwo verhökern, ohne Aufsehen zu erregen. Aber die Besatzung einer ganzen Flotte ⦠Es war ungefährlicher, sie umzubringen. Und damit kommen wir zum nächsten Punkt. Wie kommt es dazu, dass die Piraten in der Lage sind, eine ganze Flotte anzugreifen? Was hat sich bei ihnen verändert? Bevor ich das nicht weiÃ, kann ich sie nicht bestrafen. Und ich werde sie bestrafen. Alle, bis auf den Goldenen, der Gnade gezeigt hat.«
Juba schwieg beschämt. Er war es gewesen, der nicht gut geplant hatte. Allerdings kam es ihm manchmal so vor, als schlügen zwei Herzen in Aarons Brust. Eines, das ganz kaltblütig den Tod Hunderter Priester befahl, und ein zweites, das darüber entsetzt
war. Was würde er wohl letztlich mit den Piraten machen, wenn sie von der Kriegsflotte Arams gestellt wurden? Seiner Meinung nach sollte man diese Mörder zur satilischen Küste bringen, sie an Pfähle entlang der Gezeitengrenze binden und bei lebendigem Leib von den berüchtigten schwarzen Henkerkrabben fressen lassen. Aber bei Aarons Launen war es durchaus auch möglich, dass er die Piraten am Leben lieÃ.
»Wie bekämpfen drei Mann eine Piratenflotte, die groà genug ist, eine Zinnflotte zu kapern, Erhabener?«, fragte Mataan mit einem süffisanten Lächeln. Juba mochte den Kerl. Auch wenn er sich manchmal etwas zu viel herausnahm, hatte er das Herz auf dem rechten Fleck.
»Mit Demut, würde ich sagen.« Aaron erwiderte das Lächeln. »Oder glaubst du, die drei Schwerter, die wir unter unseren Sitzbänken verstecken, sind die geeigneteren Waffen? Im Ãbrigen wäre ich dankbar, wenn ihr mich nicht immer so gespreizt Erhabener nennen würdet. Wir sind hier nicht bei Hof.«
»Aber wir können doch nicht einfach respektlos â¦Â«
Aaron lachte. »Ich bitte dich. Verschafft ein Titel Respekt? Du kennst mich dein halbes Leben lang. Wenn wir unter uns sind, sollten wir etwas ungezwungener miteinander verkehren. Ich bin dieses ganze Getue bei Hof so leid, wie du es dir in deinen wildesten Träumen nicht vorstellen könntest.«
Juba war nur wenig überrascht. Dass Aaron dem Königshof davonlief, hatte er längst bemerkt. Nach Fisch stinkend, in zerrissenen Kleidern und unrasiert, sah Aaron wie ein Fischer oder Tagelöhner aus und nicht wie ein Mann, der so nahe daran war, ein leibhaftiger Gott zu sein, wie es einem Menschen nur möglich war.
»Du â¦Â« Mataan stockte und machte
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