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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ihre Familien und Sippen erlitten hatten. Sie waren völlig unfähig, sich darüber zu freuen, dass sie selbst überlebt hatten, geschweige denn, dass sie ihrem ungeliebten Retter Dankbarkeit hätten entgegenbringen können.
    „Sie werden noch begreifen, was du für sie getan hast“, sagte Wulfgar Wulfgarssohn zuversichtlich zu Rajin. „Glaub mir, Sohn Bjonn. Nur wird es Zeit brauchen.“
    „Vielleicht werden sie sich aber auch fragen, wie es möglich war, was hier geschehen ist“, mischte sich der Wilde Aeriggr ein, der in der Nähe gestanden und Wulfgars Worte gehört hatte. Er trat etwas näher, musterte Rajin von oben bis unten, und in seinem Blick lagen nicht nur Verwunderung und Neugier, sondern vor allem Furcht. „Was ist das für eine besondere Zauberei, die es dir möglich machte, den Drachen zu töten, Bjonn?“
    „Es war die Kraft meines Arms und die Schärfe meines Schwerts“, behauptete Rajin.
    „Scharfe Schwerter aus gutem Stahl besitzen wir alle, sofern wir darauf achten, dass sich nicht der Klingentod in sie hineinfrisst. Und trotzdem glaube ich nicht, dass es einem von uns möglich gewesen wäre, diesen Drachen zu erlegen!“
    „Warum wollt ihr nicht Bjonn Dunkelhaars außergewöhnlichen Mut anerkennen, der euch alle gerettet hat?“, rief auf einmal eine sehr helle Stimme. Es war die von Nya Kallfaerstochter.
    Der Wilde Aeriggr bedachte sie mit erstauntem Blick, während sie sich neben Rajin stellte. „Bjonn hat sein Leben riskiert, um uns alle zu retten“, fuhr sie fort, „das sollte niemand hier vergessen!“
    Aeriggrs Augen verengten sich zu grimmigen Schlitzen, und eine tiefe Furche bildete sich auf seiner Stirn. Er sah sie abschätzig von oben bis unten an. Dass sie ihm widersprochen hatte, war unerhört. Aeriggr war schließlich Mitglied im Kapitänsrat von Winterborg.
    „Hast du deiner Tochter keine Manieren beigebracht, Kallfaer?“, rief Aeriggr ihrem Vater zu. „Oder gestattest du ihr, sich ungefragt zu äußern, wenn Krieger und Seefahrer sich unterhalten?“
    Kallfaer Eisenhammers Gesicht lief dunkelrot an. „Wenn es um schlecht erzogene Kinder geht, sollten wir vielleicht besser über deine Brut reden, Aeriggr!“
    „Und ich schlage vor, diesen Streit euren Weibern zu überlassen!“, fuhr Wulfgar Wulfgarssohn dazwischen. „Falls ihnen danach der Sinn steht und sie nicht lieber die Toten betrauern, was euch auch gut anstünde!“
    Aeriggr stieß ein verärgertes Grunzen aus, und in Kallfaers Miene stand blanke Wut. Aber die galt nur in zweiter Hinsicht Aeriggr und Wulfgar. In erster Linie galt sie Rajin, und der war sich dessen nur allzu bewusst.
    Kallfaer sah zuerst seine Tochter an, dann den verhassten jungen Mann. Doch er sagte keinen Ton mehr, drehte sich um und ging davon.
    „Im Augenblick bist du der große Held, Bjonn Dunkelhaar“, spie ihm Aeriggr zu. „Offenbar reicht dein Zauber, um eine Jungfrau zu beeindrucken, die – so will’s scheinen – die Einfalt ihres Vaters geerbt hat. Aber du kannst dir sicher sein, dass ich dich beobachten werde. Ich verstehe nichts von Zauberei – und schon gar nichts von der bösartigen Art der Magie, wie sie im Lande Magus den Bewohnern eigen ist. Dennoch werde ich dich genau im Auge behalten.“
    „Ich kann dir versichern, dass ich keine üblen Absichten hege, Aeriggr“, beteuerte Rajin.
    Sein Gegenüber stieß darauf nur ein höhnisches Lachen aus, dann wandte auch er sich ab und stapfte davon.
    „Er scheint niemanden bei diesem furchtbaren Drachenangriff aus seiner Sippe verloren zu haben“, sagte Nya zu Rajin. „Andernfalls würde er nicht seinen Retter beschimpfen.“
    „Andere haben Angehörige verloren, Nya“, erwiderte Rajin betrübt, „aber auch sie scheinen mir nicht sehr dankbar zu sein für mein Einschreiten.“
    Nie zuvor hatte er sich dem Land und dem Ort, in dem er aufgewachsen war, so fremd gefühlt, und selbst Nyas Anwesenheit konnte daran diesmal nichts ändern.
     
    5. Kapitel
    Grauen aus der Tiefe
     
    Den ganzen Tag über liefen immer wieder Schiffe aus, um die Toten hinaus in die Bucht von Winterborg zu bringen. Dort wurden sie dem Meer übergeben, wie es Sitte unter den Seemannen war. Kein Toter sollte seine letzte Ruhe an Land finden, es sei denn, er war im Leben verflucht worden.
    Das Wehklagen der Frauen war noch bis in den Abend zu hören. Es gab ein Dutzend Legendensänger in Winterborg, die allesamt im Sold des Kapitänsrates standen. An den langen Winterabenden unterhielten sie die

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