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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Trailers setzen von den Stengepardunen auf die Brampardunen über, als ob eine rötlich glänzende Spinne ihr Netz emporhastet, dann zündet Bruno die Triebwerke seines Schleppers und jagt in den freien Raum hinaus, der sich vor dem Bug der Ikaros weitet.
    Ein leichter Ruck sagt Skamander, daß sich die Omegabrasse am Heck seines Trailers gestrafft hat und nun das riesige Segel aus der Plicht zieht. Auch die Trosse, die Bruno hinter sich herzieht wie einen Spinnfaden, vibriert leicht beim Ablaufen. Skamander sieht die Plattform der Großmarssaling vorbeihuschen, spürt das kurze Schütteln an der Stelle, wo die Pardunen über den Ausricker laufen. Der Teleskopmast ist hier nur noch so stark wie eine ausgewachsene Kiefer.
    Skamander dreht sich noch einmal zu Skagit um, dessen Wantentrailer am Kreuzstengestag entlangsauste und soeben über die Kreuzbramsaling hinausschießt. Daß die beiden anderen schneller sind als er, gehört zum Manöver, das Segel würde sich sonst zu ruckartig blähen. Trotzdem ärgert es ihn wieder ein wenig, daß Flakke ihn auf die Zentralposition gesetzt hat. Er muß in einem weiten Bogen das Omegasegel überfliegen, um wieder an Bord zurückkehren zu können, und dabei einen reichlich bemessenen Sicherheitsabstand einhalten, um nicht in die sich beulende und noch lange unberechenbar flatternde Folie zu geraten, die zwar Temperaturen von etlichen tausend Grad standhält, auf mechanische Einflüsse aber höchst empfindlich reagiert.
    Bruno und Skagit hingegen können in aller Ruhe die Omegabrassen hinunterrutschen und sich die gewaltige Protuberanz ansehen, die weit vor dem Bug der Ikaros aus der Sonnenoberfläche hervorgeschossen ist.
    Daß Flakke den “Wolkenbruch” überfliegen will und deshalb das Omegasegel setzen läßt, kann Skamander ohnehin nicht verstehen, sie verlieren nur kostbare Zeit. Besser wäre es, alle Schotten dichtzumachen und dann im freien Fall mitten hindurchzustoßen, wie sie es schon unzählige Male getan haben. Der Ikaros schadet das in keiner Weise, ihr Panzer würde sogar gestatten, in die dichten Schichten unter der Chromosphäre zu tauchen, allerdings müßte es dann irgend jemanden geben, der imstande wäre, den Drachenkreuzer dort wieder herauszuziehen, denn segeln kann man nur oberhalb der Chromosphäre, deren Turbulenzen ein tieferes Vordringen unmöglich machen.
    Wahrscheinlich will der Kosmander den Katarakt länger beobachten, denkt Skamander.
    Diese Strömung ist nur im Wasserstoffalphalicht zu sehen und fällt besonders durch ihre Beständigkeit gegenüber der ständig wechselnden Sonnenoberfläche auf. Womöglich handelt es sich dabei um einen Vorboten des erwarteten Oszillationsmaximums, überlegt der schwarzhaarige Proximer weiter, dann wäre die Entscheidung des Kosmanders verständlich.
    “Paß doch auf, wo du hinfliegst, Skarabäus! Du ruinierst uns noch den Omegalappen!”
    Die Stimme in den Kopfhörern läßt Skamander zusammenzucken. “Verflucht!” ruft er wütend, allerdings weniger wegen seiner Unaufmerksamkeit, die ihn minimal vom Kurs gebracht hat.
    Skarabäus hat er ihn genannt – Mistkäfer! Skagit tut immer so, als sei das ein Versehen, aber Skamander weiß genau, daß der kleine, drahtige Superproximer mit dem kantigen Gesicht extra ein Konversationslexikon bestellt hat, um alle nur erdenklichen Verballhornungen seines Namens ausfindig zu machen. Anfangs war es Spaß, und er lächelte nur, wenn Skagit ihn Salamander, Alexander oder gar “Eure Göttlichkeit” – in Anspielung auf den griechischen Stromgott – nannte, und anfangs klang Skagits Spott nicht so gehässig, da war es einfach alltägliche Blödelei, mit einem kollektiven Grinsen belohnt, das niemandem weh tat. Aber damals war ja auch noch alles in Ordnung auf der Ikaros.
    “Halt die Schnauze, oder ich drehe Arthur eines Tages wirklich den Hals um!” faucht Skamander zurück.
    “Dann vergifte ich dich!” Skagit schnauft drohend, und der Klang seiner Worte läßt keinen Zweifel daran, daß er es ernst meint.
    Skamander kichert erfreut. Er hat längst erkannt, daß Arthur Skagits wunder Punkt ist. Natürlich würde er dem putzigen Zwergburrbo nie etwas zuleide tun. Das kaninchengroße Knochentier vom Planeten Asper ist der heimliche Liebling der gesamten Mannschaft, und sogar Flakke, der ein Haustier an Bord eigentlich nicht dulden dürfte, drückt beide Augen zu und unterschreibt, ohne mit der Wimper zu zucken, die Protokolle der turnusmäßigen Hygienekontrolle.

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