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Drachenlied

Drachenlied

Titel: Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Nerat-Bucht niedergegangen. In der Untiefe würde es von Schwärmen nur so wimmeln. Und da Yanus gute Laune zeigte, konnten sich auch die Pächter offen freuen, denn auf ihren Ländereien hatte sich kein einziges Fadenknäuel eingegraben.
    So nahm es nicht wunder, dass sie Menolly baten, ein wenig zu spielen und zu singen. Sie wählte zwei lange Drachensagas und dann das Namenlied des Benden-Weyr, damit die Bewohner der Meeresburg nicht vergaßen, wie die Drachen und ihre Reiter hießen. Sie überlegte, ob in jüngster Zeit neue Eier in der Brutstätte herangereift waren, von denen man in der abgelegenen Halbkreis-Bucht noch nichts wusste. Aber sie war sicher, dass F’lar darüber mit Yanus gesprochen
hätte. Nur - würde Yanus sein Wissen an Menolly weitergeben? Sie war schließlich nicht der Harfner.
    Die Leute wollten noch mehr hören, aber ihre Kehle war wie ausgedörrt. So spielte sie etwas, was alle kannten, und sie grölten den Text mit Stimmen, die rau von der See und den Stürmen waren. Ihr fiel auf, dass Yanus sie düster beobachtete, obwohl er mit den anderen sang, und sie fragte sich, ob es ihm nicht recht war, dass sie - nur ein Mädchen - Männergesänge spielte. Das verbitterte sie, denn sie hatte die gleichen Melodien oft genug gespielt, solange Petiron noch lebte. Sie seufzte über die Ungerechtigkeit. Und überlegte dann, was wohl F’lar gesagt hätte, wenn ihm zu Ohren gekommen wäre, dass in der Halbkreis-Bucht ein Mädchen den Harfner ersetzte. Es hieß allgemein, dass F’lar ein gerechter Mann mit großer Weitsicht war und ein guter Drachenreiter obendrein. Es gab sogar Balladen um ihn und seine Weyrherrin Lessa.
    So sang sie ihm zu Ehren diese Balladen und die Miene ihres Vaters hellte sich auf. Sie sang weiter, bis sie keinen Ton mehr herausbrachte, und sie wünschte sich sehnlichst, dass jemand sie für eine Weile ablösen würde, aber im Kreis der Pächter gab es keinen Einzigen, der auch nur die Trommel schlagen, geschweige denn Gitarre oder Flöte spielen konnte.
    Deshalb erschien es nur logisch, dass Menolly am nächsten Tag mit einem der Kinder Trommelwirbel einübte. Viele der Balladen konnte man zu einfacher Trommelbegleitung singen. Und einer von Soreels beiden Söhnen, die dem Unterricht beiwohnten, besaß Talent genug für das Flötenspiel.
    Aber irgendjemand - bestimmt wieder Sella, dachte Menolly bitter - erzählte Mavi von diesen Versuchen.
    »Hat Yanus dir nicht ausdrücklich verboten, etwas anderes als die Lehrballaden zu spielen?«
    »Aber Trommeln hat doch nichts mit...«

    »Instrumentenlehre ist Aufgabe eines Harfners, nicht deine, mein Kind. Dein Glück, dass der Burgherr draußen bei Nerat fischt, sonst hättest du jetzt eine Tracht Prügel mit dem Lederriemen bekommen. Lass also in Zukunft diesen Unfug!«
    »Aber es ist kein Unfug, Mavi. Gestern Abend hätten wir so notwendig einen Trommler oder Pfeifer gebraucht...«
    Ihre Mutter hob drohend die Hand; Menolly biss sich auf die Lippe und schwieg.
    »Keine Widerspenstigkeiten, Menolly!«
    Und damit war der Fall erledigt.
    »So - sorg jetzt für die Leuchten, ehe die Flotte einläuft!«
    Diese Aufgabe brachte Menolly, ob sie es wollte oder nicht, zum Zimmer des Harfners. Man hatte es blank gefegt und Petirons persönliche Dinge entfernt. Immer wieder fiel ihr die versiegelte Botschaft auf dem Kaminsims des Archivraums ein. Wenn nun der Meisterharfner eine Antwort von Petiron erwartete? Wenn er Näheres über den Verfasser der neuen Lieder wissen wollte? Menolly war absolut sicher, dass es in dieser ungeöffneten Nachricht auch um sie ging. Obwohl, was sollte das schon nützen?, überlegte sie düster. Dennoch schlich sie oft in die Nähe des kleinen Raumes und warf neugierige Blicke auf das versiegelte Päckchen.
    Der Winter neigte sich seinem Ende zu und Menolly empfand den Verlust des alten Petiron immer härter. Er war der Einzige in der ganzen Halbkreis-Bucht gewesen, der sie je zu irgendetwas ermutigt hatte - und ganz besonders zu den Dingen, die ihr jetzt strikt untersagt waren. Es ist nicht so, dass die Melodien im Innern einfach schweigen, wenn man sie nicht mehr spielen darf. Und so hörte Menolly nicht auf, neue Gesänge zu komponieren - ja sie fand sogar Argumente, um ihr Gewissen zu beruhigen.
    Was Yanus und Mavi am meisten zu ängstigen schien, war der Gedanke, dass die Kinder, die Menolly unterrichtete, ihre
Melodien für echte Lehrballaden der Harfnergilde halten können. (Wenn die Lieder nach Ansicht

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