Drachenlied
bequem über ihre dick verbundenen Füße streifen konnte.
So verändert wirkte sie, dass Mirrim zweimal an ihr vorbeirannte, ohne sie zu erkennen. Menolly fürchtete schon, dass Mirrim wegen der neun verheimlichten Feuerechsen gekränkt sein könnte, aber sie täuschte sich. Die neue Freundin ließ sich auf einen Stuhl fallen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Voll Staunen und Bewunderung musterte sie die neuen Kleider und Schuhe.
»Ich habe schon von dem Gelege gehört, aber ich war ständig
in Hetze, treppauf, treppab - ich kam bis jetzt kaum zum Verschnaufen!«
Menolly unterdrückte ein Kichern. Mirrim ahmte sogar den Tonfall von Felena nach.
Dann hielt Mirrim den Kopf schräg. »Du siehst jetzt richtig hübsch aus. Nur - kannst du überhaupt nicht lächeln?«
Genau in diesem Moment schwirrte eine kleine Bronzeechse durch das Gewölbe, landete auf Mirrims Schulter und schmiegte sich an ihren Hals. Das Tierchen blinzelte zu Menolly herüber.
»Gehört die dir?«
»Ja, das istTolly. Dann habe ich noch zwei Grüne - Reppa und Lok. Und damit das ein für alle Mal feststeht: Mir reichen die drei vollauf. Wie hast du es nur geschafft, neun durchzufüttern? Die Biester können einen arm fressen!«
Menollys Hemmungen schwanden, und sie erzählte der Freundin ausführlich, wie sie ihren Schwarm gebändigt hatte.
Dann war das Abendessen fertig, und Mirrim brachte Menolly ein Gedeck, ohne auf ihren Protest zu achten. T’gellan setzte sich an ihren Tisch und zu Menollys großer Verblüffung holte sich Prinzessin ein paar Fleischbrocken von seinem Messer.
»Die gierigen kleinen Biester fressen jedem aus der Hand«, dämpfte Mirrim ein wenig schnippischT’gellans Stolz. »Ohne Ansicht der Person...« Sie rollte die Augen. »Außerdem - bei neun Echsen...«
T’gellan lachte. »Merkst du was, Menolly? Sie eifert!«
»Quatsch, stimmt gar nicht. Drei sind mehr als genug - nur... eine Königin hätte ich auch gern besessen. Glaubst du, dass Prinzessin auch zu mir kommt, Menolly? Grall hat keine Scheu vor mir.«
Mirrim lockte Prinzessin mit einem Stück Fleisch, während
der junge Drachenreiter sie hänselte und neckte. Menolly fand, dass er manchmal zu weit ging, aber Mirrim setzte sich schlagfertig zur Wehr, und das Mädchen aus der Halbkreis-Bucht staunte, wie respektlos man hier im Weyr den Drachenreitern begegnete.
Sie fühlte sich todmüde, aber sie fand es schön, in der großen Küche zu sitzen und die anderen zu beobachten. Am Ende war es nicht Prinzessin, sondern Faulpelz, der Mirrim aus der Hand fraß. Auch an den anderen Tischen saßen kleinere Gruppen zusammen und plauderten, und Menolly bemerkte, dass Weinschläuche die Runde machten. Das überraschte sie anfangs, denn in der Burg am Meer wurde Wein nur zu ganz besonderen Gelegenheiten aufgetragen.T’gellan bat einen der Weyrjungen,ihm Becher und eine gefüllte Karaffe zu bringen, und bestand darauf, dass die beiden Mädchen mit ihm anstießen.
»Den Wein von Benden schlägt man nicht aus«, belehrte er Menolly. »Sag selbst - ist das nicht der beste Tropfen, den du je probiert hast?«
Menolly wollte nicht zugeben, dass es ihr erster Wein überhaupt war - einmal abgesehen von dem Betäubungstrank, den Mavi ihr nach dem Unfall eingeflößt hatte. Hier im Weyr galten ganz offensichtlich andere Sitten als in der Halbkreis-Bucht.
Als der Harfner dann begann, leise vor sich hin zu spielen, mehr zu seinem eigenen Vergnügen als dem der anderen, klopfte Menolly ohne Scheu den Rhythmus mit. Es war ein Lied, das sie liebte, und weil sie fand, dass er ein wenig lustlos spielte, begann sie, eine Gegenstimme zu summen. Sie merkte kaum, was sie tat, bis Mirrim ihr lächelnd zunickte.
»Das klingt ja wunderbar, Menolly. He, Oharan, komm her! Menolly hat eine neue Stimme für dein Lied.«
»Bitte, Mirrim - sei doch still!«
»Warum?«, fragteT’gellan und schenkte ihr Wein nach. »Ein wenig Musik tut uns allen gut. Manche Leute hier machen Gesichter - so lang wie eine verregnete Planetendrehung.«
Schüchtern passte Menolly ihre Stimme dem warmen Bariton von Harfner Oharan an.
»Hm, nicht schlecht, Menolly. Du besitzt ein sicheres Gehör«, strahlte Oharan, und sie senkte verlegen den Kopf.
Wenn Yanus wüsste, dass sie im Weyr sang... Aber Yanus war weit weg und er würde es nie erfahren.
»Pass auf, kannst du das da begleiten?« Und Oharan stimmte eine der alten Balladen an, die sie immer im Wechselgesang mit Petiron vorgetragen hatte.
Mit
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