Drachenlied
Nächstes musste Menolly weiße Rüben fein schnitzeln, mit Kräutern bestreuen und in Tontöpfen zum Schmoren ansetzen. Das Aroma des Fischstews brachte ihr ein Lob von Felena ein, die über alle Herde und Backrohre wachte. Dann half Menolly, die Gewürzkuchen mit Zuckerguss zu verzieren - auch eine Arbeit, die sie im Sitzen erledigen konnte.
Menolly vergaß nicht, von Zeit zu Zeit die Echseneier zu drehen oder ihre Freunde zu füttern. Prinzessin blieb meist in Sichtweite, aber von den anderen bemerkte sie wenig. Es hieß, dass sie im Weyrsee umherplanschten und einen großen Bogen um Ramoth machten, die immer wieder laut und zornig in den Morgen hinaustrompetete.
»So ist sie immer vor der Gegenüberstellung«, erklärte T’gellan, der zu einer hastigen Mahlzeit an Menollys Tisch gekommen war. »Glaubst du, dass deine Echsen auch heute Abend im Chor summen? Die anderen haben mich einen Lügner genannt, als ich ihnen erzählte, du hättest sie zum Singen abgerichtet.«
»Hmm - ich fürchte, sie werden zu aufgeregt und scheu sein, wenn sie all die Leute sehen.«
»Wir warten eben, bis sich das Durcheinander ein wenig gelegt hat, und versuchen es dann, ja? Ich soll übrigens dafür sorgen, dass du rechtzeitig zur Brutstätte gelangst. Es geht schätzungsweise am Frühnachmittag los - also halte dich bereit!«
Aber als es dann losging, war sie alles andere als fertig. Sie spürte das Summen, ehe sie es bewusst hörte. Alle ließen ihre
Arbeit stehen, als das dumpfe, erregende Geräusch durch den Weyr vibrierte. Menolly keuchte. Genauso hatten die Feuerechsen gesummt, als ihre Eier zersprangen.
Sie fand keine Zeit mehr, in ihre Kammer zurückzukehren und sich umzuziehen.T’gellan stand am Eingang des Küchengewölbes und winkte sie zu sich. Sie lief, so schnell sie es mit ihren wunden Füßen konnte, denn sie sah, dass Monarth bereits draußen wartete.T’gellan hatte sie schon an der Hand genommen, als sie mit Schrecken die Kochspritzer und Flecken auf ihrem Kittel bemerkte.
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst dich herrichten. Ich werde dich in eine dunkle Ecke stellen, Mädchen - obwohl heute bestimmt keiner auf Flecken achtet.«
Ein wenig verärgert stellte Menolly fest, dass er eine neue dunkle Hose, eine hübsch bestickte Jacke und einen metallbeschlagenen Gürtel trug; aber sie beharrte nicht darauf, sich umzuziehen.
»Ich bringe dich zuerst hin, weil ich danach noch einige Besucher abholen muss«, sagte T’gellan und setzte sie mit Schwung auf Monarths Nacken. »F’lar versammelt sämtliche Leute in der Brutstätte, die es wagen, mit einem Drachen ins Dazwischen zu fliegen.«
Monarth stieg steil vom Boden des Weyrkessels zu einer riesigen Öffnung im Fels auf, die Menolly bisher nie gesehen hatte. Von allen Seiten strömten Drachen auf das gleiche Loch zu. Menolly keuchte, als sie, bedrängt von fremden Schwingen, in die Höhle flogen. Ein Tunnelschlauch, der am fernen Ende hell schimmerte - und unvermittelt waren sie in der gigantischen Brutstätte angelangt.
Menolly erkannte mit ehrfürchtigem Staunen, dass der gesamte Nordquadrant des Weyrs ausgehöhlt sein musste. Dann sah sie die hellen Dracheneier im Sand und hielt den Atem an. Ein wenig abseits lag ein Ei, das größer wirkte als die anderen,
eifersüchtig bewacht von der goldenen Ramoth. Ihre Augen sprühten und funkelten vor Erregung.
Monarth ließ sich abrupt fallen und landete auf einem Sims.
»So, Menolly - der beste Platz auf den Rängen. Ich hole dich wieder ab, wenn alles vorbei ist.«
Menolly war nur zu froh, dass sie nach diesem jähen Flug ein wenig verschnaufen konnte. Sie saß in der dritten Reihe der schräg ansteigenden Zuschauerränge, und zwar nahe der Außenwand, sodass sie die Brutstätte überblicken konnte und gleichzeitig den Eingang im Auge hatte, durch den die Besucher hereingeströmt kamen. Sie waren alle so elegant gekleidet, dass sie verlegen an den Flecken ihres Kittels herumrieb und, als das alles nichts half, die Arme über der Brust verschränkte. Nun, wenigstens waren ihre Kleider neu.
Andere Drachen flogen durch den oberen Tunnel in die Brutstätte und setzten ihre Fracht ab, oft drei oder vier Leute auf einmal. Sie beobachtete den steten Strom von Besuchern, der jetzt auch durch das untere Tor quoll. Es machte Spaß, die eleganten, ganz schön aufgedonnerten Damen zu beobachten, die ihre schweren Röcke rafften und mit lächerlichen Trippelschritten über den heißen Sand liefen. Die Ränge füllten
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