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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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lag im Dunkeln.
    Sie merkte, dass sie sich an die törichte Hoffnung klammerte, Ticktack würde sein Versprechen halten und sie wirklich nur mit seinen normalen Sinnen verfolgen. Als ob man von einem soziopathischen Serienmörder, ob mit übersinnlichen Fähigkeiten oder ohne, erwarten könnte, dass er ein Versprechen hielt. Obwohl es töricht war und ihr überhaupt nicht entsprach, klammerte sie sich an diese Möglichkeit. Wenn die Welt unter einen so starken Bann wie im Märchen fallen konnte, warum sollten dann nicht auch ihre eigenen Hoffnungen und Wünsche zumindest ein bisschen Macht haben?
    Und war es nicht merkwürdig, dass so eine Idee ausgerechnet ihr kam, die sie schon als Kind alle Hoffnung aufgegeben und sich, soweit sie sich erinnern konnte, niemals ein Geschenk oder eine Wohltat gewünscht hatte, oder dass irgend etwas aufhörte?
    Es hieß, jeder könne sich ändern. Sie hatte nie daran geglaubt. Denn den größten Teil ihres Lebens über hatte sie sich nicht geändert, nichts von der Welt erwartet, das sie sich nicht zumindest zweimal verdient hatte, und einen perversen Trost in der Tatsache gefunden, dass ihre Erwartungen niemals übertroffen wurden.
    Das Leben kann bitter sein wie Drachentränen. Doch ob Drachentränen bitter oder süß sind, hängt ganz davon ab, wie man den Geschmack wahrnimmt, Sie spürte jetzt eine Regung in sich, eine wichtige Veränderung, und sie wollte leben, um zu sehen, wie sich das auswirkte.
    Aber unten schlich der Landstreicher-Golem herum, auf der Jagd.
    Connie atmete langsam und ruhig durch den offenen Mund.
    Das riesige Geschöpf bewegte sich durch die versteinerten Tänzer, drehte den unförmigen Kopf nach rechts und links und suchte ganz systematisch die Menge ab. Wenn es die erstarrten Laser und Spotlights passierte, veränderte es die Farbe von rot nach grün, grün nach gelb, von gelb nach rot nach weiß nach grün, und wurde grau bis schwarz, wenn es zwischen den Lichtlanzen hindurchging. Doch seine Augen blieben immer blau, strahlend und seltsam.
    Als es zwischen den Tänzern immer enger wurde, stieß der Golem einen jungen Mann in Jeans und blauer Cordjacke zur Seite. Der Tänzer kippte nach hinten, doch der PAUSEN-Widerstand verhinderte, dass er den Sturz vollendete. Er hielt in einem bedenklichen Winkel von 45 Grad zum Fußboden an und schwebte immer noch in Tanzhaltung und mit demselben weggetretenen Ausdruck im Gesicht, unweigerlich im Begriff, den Sturz im ersten Bruchteil einer Sekunde zu vollziehen, nachdem die Zeit wieder in Gang gekommen war, falls das je passieren würde.
    Auf seinem Weg in den hinteren Teil des höhlenartigen Raumes stieß der grobschlächtige Golem noch weitere Tänzer zur Seite, die stürzen, taumeln, stolpern und mit den Köpfen zusammenstoßen würden, sobald die PAUSE endete. Es würde problematisch sein, sicher aus dem Gebäude raus zu kommen, sobald die reale Zeit wieder einsetzte, weil die aufgeschreckten Ravers, die ja nicht gesehen hatten, wie der Golem während der PAUSE zwischen ihnen hindurchgegangen war, den Leuten um sie herum die Schuld dafür geben würden, dass man sie gestoßen und zu Boden befördert hatte. Schon in der ersten halben Minute würde ein Dutzend Schlägereien losgehen, ein Chaos bräche aus und das Durcheinander würde unweigerlich zu Panik führen. Wenn die Laser und Spotlights wieder über die Menge fegten, der hämmernde Bass der Techno-Musik die Wände erschütterte und an allen Ecken auf unerklärliche Weise Gewalt ausbrach, würden die Leute nach draußen drängen, sich an den Türen stauen, und es wäre ein Wunder, wenn nicht etliche in dem Gewühl tot getrampelt würden.
    Connie hatte keine besondere Sympathie für die Horde auf der Tanzfläche, da Missachtung von Gesetz und Polizei einer der Beweggründe war, weshalb sie überhaupt zu einer Rave-Party gingen. Doch ganz gleich wie aufsässig, destruktiv und gesellschaftlich gestört sie auch sein mochten, das waren immerhin menschliche Wesen, und sie war empört über die Gefühllosigkeit, mit der Ticktack sich durch sie hindurchkämpfte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was passieren könnte, wenn sich die Welt plötzlich wieder in Gang setzte.
    Sie warf einen Blick auf Harry, der neben ihr stand, und sah eine entsprechende Wut in seinem Gesicht und in seinen Augen. Er hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass seine Kiefermuskeln hervortraten.
    Aber sie konnten nichts tun, um dem, was sich da unten abspielte, Einhalt zu

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