Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
lief er an ihm vorbei zum Ende des Flurs. Dort blieb er stehen und starrte ganz wachsam das hintere Treppenhaus hinunter.
    Wenn Ticktack in einem der oberen Räume war, wo Harry noch nicht nachgesehen hatte, hätte der Hund sich sicher für die entsprechende Tür interessiert. Aber er war an allen vorbei zum Ende des Flurs getrottet, deshalb ging Harry zu ihm hin.
    In dem engen Treppenhaus führte eine Wendeltreppe nach unten, die wie in einem Leuchtturm nach wenigen Metern nicht mehr einzusehen war. Die nach innen gewölbte Wand auf der rechten Seite war mit hohen schmalen Spiegeln getäfelt, die die Stufen unmittelbar vor ihnen reflektierten. Da jede Spiegeltafel mit der vorhergehenden einen leichten Winkel bildete, reflektierte sie auch einen Teil des Spiegelbilds der Nachbartafel. Durch diesen seltsamen Panoptikumseffekt sah Harry in den ersten Tafeln auf der rechten Seite sein vollständiges Spiegelbild, in den folgenden immer ein Stückchen weniger davon, bis er schließlich in den letzten Spiegeln der Rundung überhaupt nicht mehr erschien.
    Er wollte gerade die Treppe hinunterlaufen, als der Hund sich ganz steif machte und mit dem Maul ein Stück von seinem Hosenaufschlag packte, um ihn festzuhalten. Inzwischen kannte er den Hund gut genug, um zu verstehen, dass der Versuch, ihn zurückzuhalten, bedeutete, dass unten Gefahr war.
    Doch schließlich machte er Jagd auf diese Gefahr, und er musste sie finden, bevor sie ihn fand; ein Überraschungsangriff war ihre einzige Chance. Er versuchte, den Hund abzuschütteln, ohne ein Geräusch zu machen oder ihn zum Bellen zu veranlassen, aber er hielt seinen Hosenaufschlag fest.
    Verdammt.
    Als Connie die Küche betreten wollte, glaubte sie, sie hätte etwas gehört, deshalb blieb sie vor der Tür im Esszimmer stehen und lauschte angestrengt. Nichts. Nichts.
    Sie konnte nicht ewig warten. Es war eine Pendeltür. Sie zog die Tür vorsichtig auf sich zu und ging langsam um sie herum, anstatt die Tür nach innen zu drücken, wo sie ihr dann teilweise die Sicht versperrt hätte.
    Die Küche machte einen verlassenen Eindruck. Harry zerrte wieder, mit keinem besseren Ergebnis als vorher; der Hund hielt ihn fest.
    Während Harry erneut einen nervösen Blick auf die verspiegelte Treppe warf, hatte er das furchtbare Gefühl, dass Ticktack dort unten war und entkommen würde, oder - noch wahrscheinlicher - Connie treffen und sie umbringen würde, bloß weil der Hund ihn festhielt und nicht hinter dem Ganoven herlaufen ließ. Deshalb schlug er dem Hund ziemlich heftig mit dem Lauf seines Revolvers auf den Kopf, wobei er riskierte, dass dieser jaulend aufheulte.
    Der Hund ließ ihn erschreckt los, zum Glück, ohne zu bellen, und Harry trat auf die erste Stufe. In diesem Moment sah er etwas Rotes am äußersten Ende der ersten Windung im Spiegel auftauchen, dann einen roten Blitz und ein sich bauschendes Stück roten Stoff.
    Bevor Harry ganz erfasst hatte, was das alles zu bedeuten hatte, schoss der Hund an ihm vorbei, warf ihn fast um und stürmte die Treppe hinunter. Dann sah Harry noch mehr Rot, so etwas wie einen Rock, und einen roten Ärmel, ein Stück von einem bloßen Handgelenk und eine Hand, eine Männerhand, die etwas festhielt. Es kam jemand hoch, vielleicht Ticktack, und der Hund stürzte sich auf ihn.
    Bryan hörte etwas, hob den Blick von den Pralinenschachteln, die er in der Hand hielt und sah eine Horde zähnefletschender Hunde die Treppe herunter auf sich zustürzen, alle völlig identisch. Es war natürlich keine Horde, sondern nur ein Hund, der hundertfach von den abgewinkelten Spiegeln reflektiert wurde und dadurch bereits zu sehen war, bevor er angreifen konnte, denn in natura war er noch gar nicht da. Bryan hatte aber nur Zeit, einmal tief Luft zu holen, dann kam das Vieh schon um die Kurve vor ihm geflogen. Es rannte so schnell, dass es den Halt verlor und gegen die nach innen gewölbte Außenwand knallte. Während Bryan die Pralinen fallen ließ, hatte der Hund wieder genügend Halt auf den Stufen gefunden, um sich auf ihn zu stürzen. Er krachte gegen seinen Brustkorb und sein Gesicht, beide fielen kopfüber nach hinten, und der Hund schnappte knurrend nach ihm.
    Knurren, ein erschreckter Aufschrei und der dumpfe Aufprall von Körpern veranlassten Connie, sich von der offenen Tür der Speisekammer abzuwenden, in der Bündel von Bargeld auf Regalbrettern gestapelt waren. Sie wirbelte zu dem bogenförmigen Durchgang herum, hinter dem die Hintertreppe in einer

Weitere Kostenlose Bücher