Drachenzauber
dachte ich, während sich vor meinem geistigen Auge die schrecklichsten Szenen abspielten, als ich langsamer wurde und mich ans Zelt an-schlich. Oreg hatte die von Jakoven gestellte Falle entschärft, dann versucht, den Zauber des Fluchs zu brechen - und versagt. Oder er war ermüdet und in eine von Jakovens Fallen gegangen.
Ich duckte mich unter der Klappe hindurch, und magisches Licht flackerte im Zelt auf. Draußen lagen so viele Leichen am Boden, dass ich nie daran gedacht hätte, dass sich außer Oreg noch jemand im Zelt aufhalten könnte. Aber nun stand mir Jadeauge gegenüber und bedachte mich mit seinem wunde-schönen Lächeln.
Einen Augenblick sah ich nur ihn. Mein Körper, der sich daran erinnerte, was er ihm angetan hatte, während er auf diese Weise lächelte, brach in kalten Schweiß aus. Dann bemerkte ich Oregs schlaffe Gestalt auf den Zeltboden.
Ich ignorierte Jadeauge, machte zwei Schritte vorwärts und tastete an Oregs Hals nach seinem Puls.
Ich seufzte erleichtert, als ich ihn fand. Die Beule, die an seinem Hinterkopf anschwoll, gefiel mir jedoch ganz und gar nicht. Stala sagte immer, wenn man einen Mann fest genug auf den Kopf schlug, um ihn bewusstlos zu machen, bestand eine gute Möglichkeit, ihn damit auch zu töten.
»Willkommen, Ward«, flüsterte Jadeauge. »Ich habe auf meine Gelegenheit gewartet, mir den Fluch zu nehmen, seit ich ihn zum ersten Mal sah. Es ist nur angemessen, dass Ihr dabei seid, genau wie damals, als ich ihn zum ersten Mal sah.«
Ich hockte immer noch neben Oreg. Nun schaute ich auf zu Jadeauge und erkannte den Wahnsinn in seinem Blick. Ich fragte mich, ob er wie meine Mutter seine eigenen Zaubertränke getrunken oder einfach den Verstand verloren hatte. Wie auch immer, der schlanke Stab in seiner Hand, auf dem ein Drache angebracht war, der einen glühenden Rubin im Maul hielt, bewirkte, dass mir übel wurde.
Die zornige rote Magie des Fluchs blies mir das Haar aus dem Gesicht und kehrte dann zurück, um mich an der Schulter zu treffen. Der Schlag war fester als alle, die ich je hatte hinnehmen müssen, und kam vollkommen unerwartet, weil sich an Jadeauges Gesicht und seiner Haltung nichts änderte, was mich vor seinen Absichten gewarnt hätte. Ich fiel nach vorn auf meine Arme, und einer der Schnitte, die sich geschlossen hatten, ging wieder auf. Ich spürte, dass die Brise zurückkehrte, um mein Blut zu schmecken.
»Oh«, hauchte er. »Sie mögen Euch. Könnt Ihr sie hören? Sie haben mich immer wieder gerufen. Ich habe sie jede Nacht besucht, konnte aber Jakovens Schutzzauber nicht brechen. Dann kam ich heute Nacht hierher und stellte fest, dass Euer Zauberer alle Arbeit für mich erledigt hatte.«
» Wer?«, fragte eine Stimme in meinem Kopf heiser und leise. Jadeauges Worte verhinderten beinahe, dass ich sie hörte. »Wer bist du?«
Hurog, dachte ich.
»Wir kennen dich.« Diesmal waren es mehrere Stimmen, und viel stärker. Ich sah drei Drachen, obwohl meine Augen geschlossen waren. »Erkenne uns ebenfalls.«
»… an einem Bann gearbeitet, um sie loszulassen«, fuhr Jadeauge fort, der offenbar das andere Gespräch, an dem ich Anteil hatte, nichts bemerkte.
»Drachen sind unsterblich. Wenn ich sie von einigen Einschränkungen befreien kann, die Farson ihnen auferlegte, können sie wieder in Wahrheit Drachen sein. Sie werden mir dienen, wie Drachen schon dem Kaiser dienten. Alizon hat recht«, erklärte er eindringlich. »Jakoven sollte nicht Hochkönig sein.«
Die Schwärze floss unter dem intensiven Rot des Edelsteins heraus, genau wie beim ersten Mal, als ich den Fluch gesehen hatte. Ich erkannte, dass dieser Teil der Magie des Fluchs mir deshalb schwarz vorkam, weil er so dicht war, nicht, weil er böse gewesen wäre. Er floss in einem trägen, schweren Gleiten den Stab entlang und sammelte sich am Boden des Zelts, bedeckte meine Hände und schwappte über Oregs Körper.
Das hier war etwas anderes, das sich von der roten Magie unterschied, und der Unterschied wuchs. Es schmeckte nach Drache, obwohl mir bis dahin nicht klar gewesen war, dass Drachenmagie einen bestimmten Geschmack an sich hatte und damit eine Gemeinsamkeit bestand zwischen der Magie von Oreg, der von Hurog und der des Fluchs.
»Er ist nun beinahe leer«, stellte Jadeauge fest -
und irrte sich meiner Ansicht nach dabei.
Farsons Fluch verbarg seine Macht vor ihm. Ich schauderte, als mir klar wurde, dass ich den Fluch verstand, weil Jakoven mit meinem Blut und meinen Tränen eine
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