Vorstellungsgespraech
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Vorstellungsgespräch
T at sie wirklich das Richtige? Eva umklammerte das Lenkrad ihres Twingo und atmete die frische Herbstluft ein, die durch ihr offenes Fenster wehte. Es roch nach Wald, Laub und Pilzen.
«Du bist verrückt, Evi!», hörte sie im Kopf die Stimme ihrer Freundin Maike. «Und dafür verschwendest du deinen Urlaub.»
Vielleicht war sie verrückt, aber ohne Risiko keine gute Story. Das gehörte zu ihrem Beruf. Um etwas über diesen ominösen SM -Zirkel herauszufinden, würde sie so weit gehen, wie sie imstande war. Auch in ihrer Freizeit.
Sex and Crime
waren die Lieblingsthemen ihrer Leserinnen.
Langsam steuerte sie ihr Auto über den Kiesweg. Steine knirschten unter den Rädern. Das Geräusch war unnatürlich laut in der Stille des Auwaldes und zerrte an Evas Nerven. Zu beiden Seiten des Wagens wuchsen hohe Bäume und versperrten der Morgensonne den Weg. Nebel, der von der nahe gelegenen Isar aufstieg, waberte über den Boden. Gelbe, rote und braune Blätter lagen wie bunte Tupfen auf dem Weg. Die geheimnisvolle Stimmung ließ Evas Herz in ihrer Brust hämmern. Maike wusste als Einzige, wo sie steckte, und falls Eva sich nicht alle zwei Stunden bei ihr meldete, würde sie die Polizei rufen.
Gestern, beim Stammtisch, war der SM -Zirkel erneut Gesprächsthema Nummer eins gewesen. In den Isarauen sollten ein Mann und mehrere nackte Frauen gesichtet worden sein, die Sex zelebrierten. Das allein wäre nichts Besonderes, aber Gerüchten zufolge machte sich dieser Meister seine Sklavinnen so hörig, dass sie alles für ihn taten.
Eine junge Frau, die früher den Stammtisch öfter besucht hatte, sollte von diesem Dominus in den höchsten Tönen geschwärmt haben: von seinen fähigen Händen, den lustvollen Folterungen, seinen strengen Regeln, der vollkommenen Unterwerfung und … wo dieser Mann zu finden sei. Aber die Frau war nie wieder zu ihren Treffen erschienen, hatte nur erwähnt, dass ihr Meister gewisse Gegenleistungen verlangte, die nicht immer legal waren.
Ein großes Haus im Wald, direkt an der Isar, sollte das Lustparadies sein. Auf Google Earth hatte Eva nur dieses eine Gebäude gefunden, auf das die Beschreibung passte.
Sie beugte sich vor und schaute kurz in den Rückspiegel, um ihr Make-up zu überprüfen. Nach einigen Überlegungen hatte sie sich dezent geschminkt und lediglich ihre Lippen mit knallroter Farbe betont. Ihr brünettes Haar war zu einem Dutt hochgesteckt, weil ein Dominus stets die Regungen seiner Sklavin im Gesicht ablesen können musste – hatte sie gehört. Eva wollte einen guten Eindruck machen. Mal abgesehen von ihrem Artikel, interessierte sie diese Art der Lust brennend und verfolgte sie in ihren Träumen.
Als sie vor einiger Zeit erfahren hatte, dass ihre Freundin Maike sich bereits seit einem Jahr mit Gleichgesinnten traf, war Eva kurzerhand zu den Versammlungen mitgekommen und hatte alles an Informationen aufgesaugt. Bei dem SM -Stammtisch hätte sie auch Spielpartner gefunden, aber keiner der Männer dort gefiel ihr wirklich. Das gewisse Etwas sollte ihre Beziehung schon haben. Eva wollte sich nur einem Mann hingeben, für den sie echte Gefühle hegte.
Sie lächelte. So hatte sie in ihren wilden Jugendjahren nicht gedacht, aber auch sie war reifer geworden. Sie sehnte sich nach einem Partner, mit dem sie alt werden konnte. Für diese Story würde sie jedoch noch einmal eine Ausnahme machen. Die würde sie auf ihrer journalistischen Karriereleiter hoffentlich einige Sprossen nach oben bringen. Eva wollte in den SM -Zirkel hinein, um die Sklavinnen auszuhorchen, und würde mit diesem fremden Meister Sex haben, wenn es so weit kommen sollte. Das war schließlich nur ein Job. Früher hatte sie auch nichts anbrennen lassen.
Sie atmete tief durch und schluckte ihre Nervosität hinunter. Dann schloss sie das Fenster, denn die feuchtkühle Luft verursachte ihr eine Gänsehaut.
Der Waldweg öffnete sich zu einem Wendeplatz, der ebenfalls nicht geteert war. Einzelne Sonnenstrahlen beleuchteten den Kies wie Scheinwerfer die Arena eines Zirkus. Nun befand Eva sich mitten in den Isarauen. Das letzte Mal hatte sie vor einem Jahr dieses Naherholungsgebiet am Rande von München besucht, als sie mit Maike eine Fahrradtour unternommen hatte.
Eigentlich schade, dass sie nicht öfter herkam. Viele Münchner verbrachten den halben Sommer an der Isar, wanderten am Kanal entlang, machten Floßfahrten oder Rafting, grillten am steinigen Ufer, badeten
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