Dracula, my love
Zorn treibt mich zu Taten, die sich meiner Kontrolle entziehen. Etwas Finsteres in meinem Inneren wallt dann in mir hoch und überwältigt mich - wie letzte Nacht bei Renfield.“
„Du hast ihn umgebracht!“
„Um dich zu schützen.“
„Wieder eine Lüge!“
Er hielt meine Arme noch immer umfasst und antwortete: „Wie Lucy war Renfield ein Mensch, dessen Gedanken so lebhaft sind, dass ich sie lesen konnte, ob ich wollte oder nicht. Gestern Nacht hörte ich ihn in seiner Wut denken, dass er nach deinem Blut trachtete. Er hatte einen Plan gefasst. Er wollte entkommen, dir die Kehle durchschneiden und jeden Tropfen Blut saugen, der aus deinem Körper strömte.“
Ich zögerte. Konnte das wirklich wahr sein? Man hatte mich gewarnt, dass Herr Renfield ein menschenmordender Wahnsinniger sei. Ich erinnerte mich, dass er schon viele Male entkommen war und einmal Dr. Seward eine schlimme Stichwunde zugefügt hatte. Ich konnte weder den Blick vergessen, mit dem er mich bei meinem letzten Besuch angesehen hatte, noch seine unverschämte Bemerkung. „Wenn das so ist, dann hast du die Wahnphantasien eines überaus kranken Mannes gehört. Du hättest ihn jedoch nicht gleich töten müssen.“
„Was wäre dir lieber gewesen? Hätte ich eine Notiz hinterlassen und Dr. Seward darauf die Absichten des Irren mitteilen sollen? Mina, er hatte vor, dich zu töten. Wenn es nicht gestern Nacht geschehen wäre, dann sehr bald. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen.“
Ich merkte, wie meine Entschlossenheit zu wanken begann, und versuchte, mit aller Macht daran festzuhalten, während ich noch immer kämpfte, um mich aus seinem Klammergriff zu befreien. „Wenn du einen Menschen um meinetwillen ermordest, so ist das deswegen nicht weniger Unrecht. Mord ist eine Sünde und gewiss nicht die einzige Sünde, die du begangen hast. Du hast mich besudelt!“
„Wie das?“
„Du hast mich gezwungen, dein Blut zu trinken! Was für ein niederträchtiges Geschöpf du bist, dass du mich so verführt hast, während mein eigener Ehemann schlafend im Bett neben mir lag! Hast du mich mit einem Zauber gebannt?“
„Nein. Jonathan habe ich verzaubert, dich nicht. Du hast mein Blut aus freien Stücken getrunken.“
„Du hast mich nicht gewarnt, was für Folgen das haben würde!“ Nun schossen mir Tränen in die Augen und vermischten sich mit den Regentropfen. „Du hast mich dazu verdammt, nach meinem Tode ein verfluchtes Dasein als Vampir zu fristen!“
„Das habe ich nicht gemacht.“
Ich erstarrte vor Erstaunen. „Das hast du nicht gemacht?“
„Nein. Es ist so, wie ich es gesagt habe. Als du mein Blut getrunken hast, entstand eine telepathische Verbindung zwischen uns beiden. Mehr nicht.“
„Aber warum hat dann Dr. van Helsing gesagt ...“
„Van Helsing ist ein aufgeblasener, selbstgefälliger Wichtigtuer, der sich für einen Experten in allerlei Angelegenheiten hält, von denen er sehr wenig versteht. Um selbst ein Vampir zu werden, müsstest du sehr viel mehr von meinem Blut trinken. Oder ich hätte eine so große Menge von deinem Blut trinken müssen, dass mein Wesen deines durchdrungen und völlig verändert hätte. Ich habe sorgfältig darauf geachtet, dass dies nicht geschah. Du bist also immer noch ein Mensch, Mina, so sterblich wie eh und je.“
Ich hielt inne und wischte mir die Tränen ab. Ich war verwirrt, unsicher und plötzlich wieder voller Hoffnung. Konnte es wahr sein? Ich war wirklich nicht verdammt? Dann kam mir ein Gedanke, und ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ganz gleich, ob du genug von mir getrunken hast ... dein Blut hat mich trotzdem infiziert. Siehst du nicht die Narbe auf meiner Stirn? Die hast du verschuldet! Sie beweist, dass ich unrein bin, vom Allmächtigen verstoßen, und dass du mit dem Teufel selbst im Bunde bist!“
„Sie beweist nur, dass das böse Ungeheuer, das mich zu ... dem Tier gemacht hat, gegen das ich täglich ankämpfe, immer noch in meinem Blut fortlebt. Ich bedaure, dass ich etwas davon an dich weitergegeben habe. Aber es hat nicht ausgereicht, um dich dauerhaft zu verändern. Anders als in meinem Fall wird dein menschliches Blut sich mit der Zeit selbst heilen und den erlittenen Verlust ersetzen, sodass diese Art von Wundmal nie wieder auf deiner Stirn erscheint.“
Bei diesen Worten weinte ich erneut vor Erleichterung. „Oh! Wenn es nur wahr wäre! Aber wer sonst würde das glauben? Mein ganzes weiteres Leben lang wird jeder, der mich ansieht, wissen, dass ich
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