Dracula, my love
Augenblick ansehen. Ich glaube, es wäre besser, wenn ihr so frei über eure Pläne reden könnt, wie ihr wollt, ohne dass ich dabei bin und euch in Verlegenheit bringe.“
Jonathan nickte stumm und ging zu den anderen hinunter. Als er einige Stunden später zurückkam, hatte sich zu meinem Befremden sein Verhalten völlig verändert. Er war still und reserviert, und er wich meinem Blick aus. Offensichtlich hatten ihn die anderen beredet.
Er blieb bis weit nach Mitternacht auf und schrieb in sein Tagebuch. Als ich mich herabbeugte, um ihn auf sein dunkles Haar zu küssen, ehe ich zu Bett ging, spürte ich, wie er vor meiner Berührung zurückzuckte. Er wünschte mir nicht einmal eine gute Nacht.
„Es ist lächerlich“, sagte ich später zu Dracula, während wir in seinem mondhellen, hinter der hohen Mauer verborgenen Garten unter den Bäumen spazierten. „Mein Mann behandelt mich wie eine Leprakranke. Alle glauben, dass ich mich verändert habe, aber es ist nur die Narbe auf meiner Stirn, die in ihren Köpfen Vorurteile hat entstehen lassen und es ermöglicht hat, dass ihre Ängste ihre Phantasie beflügelten.“
„Sie sehen, was sie sehen wollen“, pflichtete mir Dracula mit einem leichten Stirnrunzeln bei. Er nahm meine Hand und fügte hinzu: „Ich habe letzte Nacht deine Träume gehört. Ich hatte es befürchtet, dass meine Geschichte dir Angst machen würde. Es tut mir leid, dass ich recht hatte.“
„Ich bin froh, dass du sie mir erzählt hast.“
Er schaute mich im weißen Mondlicht an, während wir weiterschritten. „Ich habe den ganzen Nachmittag lang deinen Gedanken gelauscht. Ich habe dem entnommen, dass du noch viel mehr über mich wissen möchtest.“
„Das gebe ich gern zu, Nicolae. Ich bin neugierig auf viele andere Dinge.“
„Soll ich jetzt weitererzählen?“
„Bitte.“
„Nun gut. Zunächst fragtest du dich, wie ich mich in Dunst oder Staub verwandle.“
„Ja!“, rief ich fasziniert. „Wie ist das nur möglich?“
„Es handelt sich um eine körperliche Verschiebung. Man muss dazu seine Gedanken und gewisse Naturgewalten vollkommen beherrschen, und es ist nicht leicht zu erklären.“
„Schon wieder ein physikalisches Phänomen.“
„Ja. Selbst sehr junge Vampire können durch Ritzen verschwinden, die kaum breiter sind als eine Messerklinge. Das mit dem Nebel und dem Staub habe ich erst sehr viel später gelernt.“
„Wie fühlt es sich an, wenn man sich als Dunst bewegt?“
„Es ist ein bisschen, als wäre man ein Gespenst. Ich kann sehen und hören, aber nichts berühren oder ertasten.“
„Und was ist mit den Tiergestalten? Können alle Vampire sie annehmen?“
„Nein. Ich habe hundertdreißig Jahre gebraucht, bis ich die Wolfsgestalt beherrschte. Und weitere achtzig, bis ich die Fledermaus vervollkommnet hatte.“
Aus irgendeinem Grund musste ich lachen. „Zeig mir eine. Verwandle dich in eine Fledermaus!“
„Nein.“
„Warum nicht? Ich habe dich bereits als Fledermaus gesehen, sogar mehrere Male, wenn ich auch damals nicht wusste, dass du es warst.“
„Dann wird das ausreichen müssen.“
„Warum?“
„Fledermäuse sind ganz nützlich, aber es sind hässliche kleine Gesellen. Wenn du eine solche Verwandlung mit ansiehst, würde dich das nur abstoßen. Dieses Bild möchte ich in deinen Gedanken nicht hinterlassen.“
„Nun gut. Dann werde ein Wolf.“
Er schüttelte belustigt den Kopf. „Das mache ich nicht.“
„Du kannst es nicht, oder?“, neckte ich ihn. „Deswegen weigerst du dich. Du kannst nur eine niedere Fledermaus werden.“
„Ich kann mich sehr wohl in einen Wolf verwandeln, lass es dir gesagt sein“, antwortete er aufgebracht. „Es ist die wichtigste Gestalt, die ich annehme, wenn ich mich ungestört von Tierblut ernähren möchte.“
„Oh, ich verstehe. Kannst du noch andere Tiergestalten annehmen?“
„Ja.“
„Welche?“
Er zögerte und zog mich dann an sich. „Ich denke, wir sollten dieses Thema im Augenblick nicht weiter verfolgen.“
„Warum?“
„Weil“, meinte er leise, „es mir lieber ist, dass du mich als Mann in Erinnerung behältst.“ Er küsste mich. Meine Arme schlangen sich um ihn. Die Begierde wuchs in mir. Mein Herz raste. Doch plötzlich stieß er mich von sich. Seine Augen wurden stahlhart, sein ganzer Körper bebte, als müsste er mit jeder Faser seines Willens gegen etwas ankämpfen, das ihn zu überwältigen drohte.
„Du wolltest einen Wolf sehen“, sagte er, als er endlich die
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