Dracula, my love
Geschichtsschreibung erinnert.“
19
Nachdem mich Dracula in jener Nacht in das Irrenasyl zurückgebracht hatte, schwirrte mir der Kopf so von allem, was er mir erzählt hatte, dass ich kaum ein Auge schließen konnte. Ich war wohl gerade dabei, endlich einzuschlafen, als mich Jonathan weckte, der es kaum erwarten konnte, mit den Unternehmungen des Tages zu beginnen.
Obwohl ich mich tapfer bemühte, meinen Teil zu den frühmorgendlichen Gesprächen am Frühstückstisch beizutragen, konnte ich einige Male kaum ein Gähnen unterdrücken und wäre beinahe eingeschlafen. Immer wieder bemerkte ich, dass die besorgten Blicke der Männer auf der Narbe an meiner Stirn ruhten. Dr. van Helsing bestand darauf, ich solle ins Bett zurückkehren, und beteuerte mir, meine Gesundheit sei wichtiger als alles, was wir an diesem Tage besprechen könnten. Ich gehorchte gern, obwohl ich unruhig schlief und von grauenhaften Träumen voller Krieg, Vampiren, Mord, Blut und Dämonen gequält wurde.
Als ich erwachte, war es beinahe vier Uhr am Nachmittag. Ich ging nach unten und hörte Stimmen im Studierzimmer. Dr. van Helsing sagte: „Freund John, ich muss etwas mit Ihnen allein besprechen, wenigstens fürs Erste. Frau Mina, unsere gute Frau Mina verändert sich.“
Ich lauschte an der Tür.
„Das habe ich auch schon bemerkt“, sagte nun Dr. Sewards Stimme.
„Sie haben gehört, mit welcher Leidenschaft Frau Mina gestern den Grafen verteidigt hat?“
„Ich vermute, es ist die Wirkung jenes grausamen Giftes, das in ihre Adern geraten ist?“, erwiderte Dr. Seward.
„Ja“, antwortete Dr. van Helsing. „Eingedenk unserer traurigen Erfahrung mit Fräulein Lucy sollten wir diesmal gewarnt sein, ehe es zu spät ist. Ich sehe, wie sich die Charakteristika des Vampirismus auf ihrem Gesicht zu zeigen beginnen. Noch ist es sehr wenig, aber es ist nicht zu leugnen, wenn man sie ohne Vorurteil anblickt. Ihre Zähne werden spitzer, und auch ihre Augen scheinen mir schon etwas härter als zuvor.“
Oh!, dachte ich entrüstet. Was für ein Unsinn! Ich hatte versucht, sie von der Verfolgung Draculas abzubringen, ja, aber meine Zähne waren wie immer! Körperlich hatte ich mich überhaupt nicht verändert. Dafür gab es keinen Grund! Das konnten sie natürlich nicht wissen.
„Aber das ist noch nicht alles“, fuhr der Professor fort. „Sie ist jetzt oft so schweigsam, genauso wie seinerzeit Fräulein Lucy.“
„Das habe ich beim Frühstück auch bemerkt“, bestätigte ihm Dr. Seward. „Frau Harker hat kaum ein Wort gesprochen. Es ist, als wäre ihre Zunge auf geheimnisvolle Weise gebunden. Es widerstrebt mir, eine so edle Dame zu verunglimpfen; aber ich weiß, dass sie selbst ihre Schlüsse zieht. Aus allem, was ich bisher hörte, sind sie sehr klar und zutreffend. Aber sie wird ihnen vielleicht keinen Ausdruck geben können oder wollen.“
Idioten, dachte ich. Ich habe beim Frühstück nichts gesagt, weil ich völlig erschöpft war!
„Ich befürchte Folgendes“, sagte Dr. van Helsing mit angstvoller Stimme. „Wenn Frau Mina uns in der Hypnose sagen kann, was der Graf hört und sieht - muss es dann nicht umso wahrscheinlicher sein, dass auch er sie, wann immer er will, zwingen kann, ihm das zu verraten, was sie von uns weiß?“
„Sie meinen, dass er vielleicht ihre Gedanken lesen kann?“
„Genau.“
„Wenn das so ist, dann wäre er in alles eingeweiht, was wir denken und planen.“
„Das müssen wir verhindern. Wir müssen sie über unsere Absichten im Dunkeln halten. Oh, das ist eine schmerzhafte Angelegenheit, allem der Gedanke daran bricht mir das Herz! Aber es muss sein. Wenn wir uns gleich treffen, werde ich ihr sagen, dass wir sie beschützen, aber dass sie aus einem Grund, den wir ihr leider nicht mitteilen können, von unseren Beratungen fernbleiben muss.“
„Wir müssen es Harker auch erzählen. Er wird nicht erfreut darüber sein.“
Ich ging weiter; noch mehr wollte ich nicht hören. Das Ganze war zu absurd. Ich beschloss, dass ich ihnen genauso gut zuvorkommen könnte.
Als Jonathan und ich uns nach dem Abendessen in unserem Zimmer ein wenig frisch machten, teilte ich ihm mit, dass ich mich am Abend nicht zu ihnen gesellen würde.
„Aber warum?“, fragte er voller Überraschung und Sorge. „Fühlst du dich nicht wohl?“
„Es geht mir gut, das kann ich dir versichern“, antwortete ich, während ich ihm seine Krawatte und seinen Kragen zurechtzupfte. „Aber ich bemerke ja, wie mich alle im
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