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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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anderen Freund, Mr. Peter Hawkins, Gerichtsakten studieren. Also …«
    Wir besprachen daraufhin den Erwerb des Grundstückes in Purfleet. Nachdem ich den Grafen über verschiedene Details unterrichtet |37| und er alle notwendigen Papiere unterzeichnet hatte, schrieb er schließlich noch einen Brief, um ihn den Unterlagen an Mr. Hawkins beizulegen. Dann fragte er mich, wie ich eigentlich auf diese wunderbare Liegenschaft aufmerksam geworden wäre. Ich las ihm die Notizen vor, die ich mir seinerzeit in dieser Angelegenheit gemacht hatte und die ich wörtlich hierher setze:
    »In Purfleet, in einer Nebengasse, fand ich ein Grundstück, wie ich es gerade suchte. Eine verwaschene Tafel zeigt an, dass es zu verkaufen ist. Es ist von einer hohen, aus roh behauenen Steinen gefügten Mauer umgeben und wohl seit einer langen Reihe von Jahren nicht mehr instand gehalten worden. Die verschlossenen Tore sind von schwerem Eichenholz und haben verrostete Eisenbeschläge. Das Objekt heißt ›Carfax‹, ohne Zweifel eine Verstümmelung des alten ›Quatre Face‹, denn der Grundriss des Hauses ist quadratisch, wobei die Seiten nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet sind. Das Grundstück ist alles in allem etwa zwanzig Acker groß, vollkommen umschlossen von der oben erwähnten Steinmauer und mit Bäumen bestanden, was ihm einen etwas düsteren Charakter verleiht. Außerdem befindet sich dort ein tiefer, dunkler Teich bzw. ein kleiner See, der offenbar von unterirdischen Quellen gespeist wird. Das Wasser ist klar und fließt in einem hübsch gewundenen Bach ab. Das Haus selbst ist sehr groß und vereint alle Baustile bis zurück ins Mittelalter. Ein Teil des Gebäudes weist ungeheuer dicke Steinwände auf. Hier gibt es nur wenige Fenster, welche in beträchtlicher Höhe angebracht und mit starken Eisen vergittert sind. Dieser Teil sieht wie ein Bergfried oder ein Gefängnis aus, und er liegt gleich neben einer alten Kirche oder Kapelle. Ich konnte ihn zwar nicht betreten, da mir der Schlüssel fehlte, mit dem man vom Haupthaus aus Zutritt nehmen kann, aber ich habe mit meiner Kodak-Kamera 4 Außenaufnahmen von allen Seiten gemacht. Das Haus ist immer wieder um Anbauten erweitert worden, und |38| ich kann die Größe der Fläche, die es nun bedeckt, nur annähernd schätzen. In der Nachbarschaft befinden sich nur wenige Gebäude; eines davon ist sehr groß, erst kürzlich gebaut und beherbergt eine privat geführte Irrenanstalt. Vom Grundstück aus ist es jedoch nicht sichtbar.«
    Als ich geendet hatte, sagte er: »Es freut mich, dass es so groß und alt ist. Ich selbst stamme aus einer alten Familie, und das Leben in einem neuen Haus würde mich einfach umbringen. Ein Haus kann nicht an einem einzigen Tag wohnlich eingerichtet werden, und wie wenige Tage hat so ein Jahrhundert! Es ist mir auch lieb, eine alte Kapelle dabeizuhaben. Wir transsilvanischen Edelleute wollen nicht, dass unsere Gebeine zwischen denen gewöhnlicher Sterblicher ruhen. Ich suche nicht Lust und Heiterkeit, nicht warmen Sonnenschein und glitzerndes Wasser, wie es die fröhliche Jugend tut. Ich bin nicht mehr jung, und mein Herz ist durch die oft wiederholte Trauer um liebe Tote nicht mehr zum Frohsein gestimmt. Die Mauern meiner Burg sind zerstört; es gibt viele Schatten hier, und der Wind pfeift kalt durch zerbröckelnde Zinnen und Luken. Ich aber liebe das Dunkel und die Schatten, denn ich bin gern allein mit meinen Gedanken.«
    Während er so sprach, schienen mir seine Worte und seine Haltung irgendwie nicht zueinander zu passen, vielleicht war es aber auch nur seine eigentümliche Physiognomie, die sein Lächeln so boshaft und finster wirken ließ.
    Bald stand er auf und entschuldigte sich für einige Zeit, wobei er mich bat, meine Papiere einstweilen wieder in Ordnung zu bringen. Als er gegangen war, betrachtete ich einige der Bücher, die herumlagen. Eines war ein Atlas – die Karte von England, scheinbar viel benutzt, lag aufgeschlagen. Als ich näher hinsah, fiel mir auf, dass mehrere Orte mit kleinen Kreisen versehen waren; einer an der Ostseite von London, da, wo sein zukünftiges Besitztum lag, einer bei Exeter und einer bei Whitby an der Küste von Yorkshire.
    Es dauerte fast eine Stunde, bis der Graf zurückkam. »Ah«, |39| sagte er, »immer noch über den Büchern? Gut. Aber Sie dürfen nicht ständig arbeiten. Kommen Sie, mir wurde mitgeteilt, dass Ihr Abendbrot angerichtet ist.« Er nahm meinen Arm und führte mich in das angrenzende Zimmer,

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