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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Knoblauch, wilde Rosen und Ebereschenzweige schenkte? Wie dankbar bin ich der guten alten Frau, die mir den Rosenkranz um den Hals gehängt hat; es ist ein Trost und eine Stärkung für mich, ihn zu berühren. Seltsam, dieses Ding, welches ich bisher mit einer gewissen Missachtung als götzendienerisches Symbol zu betrachten gewohnt war, bringt mir nun Hilfe in meiner Einsamkeit und Not. Liegt das an der Beschaffenheit des Dinges selbst oder ist es nur das Medium, das eine trostreiche Erinnerung an das Mitgefühl der Geberin wachruft? Später einmal, wenn es mir noch möglich sein sollte, muss ich diese Sache eingehend studieren und mir Aufklärung darüber verschaffen. Vorerst gilt es, alles auszukundschaften, was den Grafen Dracula betrifft und was mir das Verständnis seines Wesens ermöglichen kann. Heute Abend muss er mir Rede und Antwort stehen, wenn ich das Gespräch auf diese Dinge lenke. Allerdings heißt es, äußerst vorsichtig sein, um seinen Verdacht nicht zu wecken.
     
    |45| Mitternacht
    Ich habe ein sehr langes Gespräch mit dem Grafen geführt. Ich fragte ihn einiges über die Geschichte seines Geschlechtes und Transsilvaniens, und er wurde bei diesem Thema auffallend warm. Seine Erzählungen von Personen, Ereignissen und insbesondere Schlachten waren so lebhaft, dass man hätte glauben können, er hätte alles selbst erlebt. Er erklärte dies so: Der ganze Stolz eines Bojaren besteht im Ruhm seines Hauses und seines Namens – ihr Ruhm ist sein Ruhm, ihr Schicksal ist sein Schicksal. Wann immer der Graf von seinem Geschlecht erzählte, sagte er »wir«, und auch von sich selbst redete er im Plural, ganz wie ein König. Ich bedauere, dass ich hier nicht alles genau so niederlegen kann, wie er es erzählte, denn es war äußerst faszinierend. Die ganze Geschichte seines Landes schien er vor mir aufzurollen. Er sprach immer erregter und ging im Zimmer umher, wobei er seinen langen, weißen Schnurrbart strich und seine starken Hände auf verschiedene Gegenstände legte, als wolle er sie zerdrücken. Eines aber, was mir besonders im Gedächtnis haften blieb, möchte ich so wörtlich wie möglich wiedergeben; es enthüllt mehr als alles andere die Geschichte seines Geschlechtes:
    »Wir Szekler sind zurecht stolz, denn in unseren Adern fließt das Blut so manches tapferen Volkes, das wie ein Löwe um die Macht gekämpft hat. Hierher, in den Wirbel der europäischen Rassen trug der ugrische Stamm von Island den wilden Kampfgeist herunter, den Wotan und Thor ihm eingepflanzt hatten. Sie überschwemmten als gefürchtete Berserker die Küsten Europas, und die von Asien und Afrika dazu, sodass die Völker dachten, ein Heer von Werwölfen wäre über sie hereingebrochen. Als sie in dieses Land kamen, trafen sie mit den Hunnen zusammen, deren grausame Kriegslust wie eine lodernde Fackel über die Erde gefegt war, und von denen die sterbenden Nationen sich erzählten, sie wären Nachkommen jener Hexen, die einst, aus dem Skythenland vertrieben, sich in der Steppe mit Teufeln gepaart hätten. |46| Welche Narren, welche Narren! Welcher Teufel, welche Hexe wäre je so mächtig gewesen wie Attila, dessen Blut auch in diesen Adern kreist?« Er streckte seine Arme aus. »Ist es da ein Wunder, dass wir ein Stamm von Eroberern, dass wir stolz sind? Wo wir die Horden der Magyaren, der Lombarden, der Awaren, der Bulgaren und der Türken, die zu Tausenden gegen unsere Grenzen brandeten, zurückgetrieben haben? Ist es verwunderlich, dass, als Arpad 1 mit seinen Legionen das ungarische Land überschwemmte , er nur bis an unsere Grenzen kam, wo er auf uns traf und die Honfoglalás ein Ende hatte? 2
    Als die Flut der Ungarn weiter nach Osten schwappte, sahen die siegreichen Magyaren uns Szekler als Verwandte, und uns ward für Jahrhunderte der Schutz der Grenze gegen die Türken anvertraut – was keine leichte Aufgabe war, denn, wie der Türke sagt: ›Das Wasser schläft, aber der Feind schläft nie!‹ Niemand unter den Vier Nationen**nahm das blutige Schwert freudiger auf als wir, niemand eilte geschwinder zur Standarte des Königs, wenn zu den Waffen gerufen wurde! Dann kam die große Schmach unseres Volkes, die Schmach von Cassova. Wer war es, der als Woiwode die Donau überschritt und die Türken auf eigenem Boden schlug, als die Banner der Walachen und Magyaren vor dem Halbmond in den Staub sanken? Wer anders als einer meines Geschlechtes, ein Dracula! Als er jedoch gefallen war, da verkaufte sein eigener unwürdiger

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