Draculas Darling
beobachten.
»Gehen wir beide hoch?«
Suko runzelte die Stirn. »Die Scheune war menschenleer, das haben wir selbst gesehen. Wenn sich jemand hier aufhält, dann oben, denke ich. Zwischen den Balken ist genügend Platz.«
»Okay.«
Uns war beiden nicht wohl. Die Stille hatte etwas Unheimliches. Je höher wir kamen, um so dunkler wurde es. Wir gingen an zwei quergestellten Balken vorbei, blickten hoch und sahen über unseren Köpfen ein geometrisch angeordnetes Chaos.
Die Treppe endete auf einem normalen Holzboden, der auch eine Decke bildete. Von unten her war sie nur als Schatten zu sehen gewesen. Hier aber sahen wir das Holz, das grau angestrichen war.
Fenster existierten auch. Man hatte sie nicht verändert, nur renoviert, die schrägen Dachluken waren geblieben. Wir suchten die Pfosten ab, um einen Lichtschalter zu entdecken, fanden jedoch keinen. Dabei konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich die Menschen hier im Dunkeln oder Halbdunkeln bewegten. Nicht jeder hatte Augen wie eine Katze.
Längsbalken, Querbalken, auch welche, die senkrecht standen und wie Stützpfeiler wirkten, bildeten hier die Umgebung. Man konnte sich durch Lücken drängen, um in Ecken oder schattige Winkel zu gelangen, aber das war auch alles. Hier oben sahen wir weder ein Bett, noch einen Tisch oder irgendwelche Schränke.
Und trotzdem hatte wir beide das Gefühl, nicht allein zu sein. Irgendetwas gab es hier. Lauerte in unserer Nähe.
Ich fasste nach meinem Kreuz. Erwärmt hatte es sich nicht, aber das musste nichts zu sagen haben.
Wir hielten uns noch immer am Rand der Treppe auf. Unsere Lampen hatten wir in den Taschen gelassen. Zunächst in die Dunkelheit horchen, vielleicht tat sich noch etwas, denn aus den Schatten konnte leicht ein Angriff erfolgen.
»Einer von uns wartet hier!«, raunte ich.
»Okay, John, du kannst gehen.«
»Gut.«
Ich wandte mich nach rechts. Auf Suko konnte ich mich verlassen. Er würde mir Bescheid geben, wenn sich etwas veränderte. Auf einem Dachboden im Dämmergrau herumzustiefeln war auch nicht unbedingt mein Ding. Es gab keine andere Möglichkeit für mich, und ich traute mich noch immer nicht, das Licht anzuknipsen, auch wenn ich jetzt einen Schalter passierte, der in Halshöhe an einem Pfosten angebracht war.
Fast daneben blieb ich stehen und lauschte nach vorn. Etwas war mir aufgefallen. Ein leises Schaben. Jedenfalls kein Geräusch, das von mir stammte.
Noch ließ ich die Beretta stecken und holte stattdessen die kleine Leuchte aus der Tasche. Ihr Strahl war wie ein langer heller Bohrer, der das Grau durchschnitt – und ein Ziel traf.
Es war ein Gesicht!
***
Ich war so überrascht, dass ich die Lampe beinahe fallen gelassen hätte. Das Gesicht gehörte zu einem Mann mit dünnen schwarzen Haaren.
Er stand an einen Balken gelehnt und sah aus, als hätte er diesen als Stütze auch nötig. Er tat nichts, er glotzte nur nach vorn, und ich strahlte direkt in sein Gesicht, um mehr von ihm erkennen zu können. Es wunderte mich schon, dass er nicht reagiert hatte. Normalerweise zuckt ein Mensch mit den Augen, wenn er plötzlich von einem hellen Strahl erwischt wird.
Das war bei dem Mann nicht der Fall. Er bewegte sich auch nicht. Seine Augen waren so unnatürlich starr, als hätte man ihn mit irgendwelchen Drogen vollgepumpt.
Obwohl Suko weiter hinter mir stand, hatte er die Gestalt im Licht auch gesehen.
»He, wer ist das?«
»Ich habe ihn noch nicht gesprochen. Es kann aber einer von den Ausputzern sein.«
»Frag ihn doch!«
»Falls er mit mir reden will oder kann.« Ich wollte wissen, ob er tatsächlich reden konnte, und stellte meine Frage. »He, hast du auch einen Namen?«
Der Typ rührte sich nicht. Noch immer verlor sich das Ende des Strahls auf seinem Gesicht, aber jetzt ließ ich den kleinen Kegel weiter nach unten wandern, weil ich mir seine Halsseite ansehen wollte.
Nein, es traf mich nicht wie ein Schlag, aber eine kleine Überraschung war es schon. Deutlich malten sich die beiden Bissstellen an seiner linken Halsseite ab.
Also doch!
»Er ist ein Vampir, Suko. Jordan muss hier gewesen sein.«
Ich wusste nicht, ob der Name Jordan etwas bei meinem Gegenüber ausgelöst hatte. Er verlor jedenfalls seine Starre und griff mit einer typischen Bewegung unter seine Jacke. Allerdings nicht sehr schnell, ich kam ihm zuvor und zielte auf ihn, noch bevor er seine Waffe ganz hervorgeholt hatte.
Er sah in die Mündung der Beretta. Ein zischender Laut drang aus
Weitere Kostenlose Bücher