Jette
Das fünfte Rad am Wagen
Wehe, sie nennt mich noch einmal geschwätzige Plaudertasche. Vielmehr sollte Franka mir dankbar sein, dass ich mich eingemischt habe. Sie war ja mal wieder zu stolz, um sich mit Knut auszusprechen. Wie immer wusste sie alles besser und hat meine Warnungen in den Wind geschlagen. Dabei hatte ich gleich den Verdacht, dass die Dohndorf eine Intrige spinnt. Und so war es ja auch. Knut war außer sich, als ich ihm erzählte, was sie Franka am Abend vor der Hochzeit an Ungeheuerlichkeiten aufgetischt hat. Völlig entsetzt fragte er »Und das hat sie mir tatsächlich zugetraut?«
»Ihre Geschichte klang plausibel. Und dass Franka darauf reingefallen ist, daran bist du nicht ganz unschuldig. Zu oft hast du sie in der Vergangenheit schon belogen. Also, spiel hier nicht die beleidigte Leberwurst«, hatte ich ihm schroff geantwortet. Die beiden sind jetzt endlich versöhnt und schwer verliebt. Das ist allein mein Verdienst. Jette Lüders, Schlichterin, Kupplerin und Liebesbotin des Jahres.
Ich weiß, dass meine Freundinnen schon immer der Ansicht waren, dass ich die Doofe von uns dreien bin. Das bin ich aber eindeutig nicht. In meinem Alter noch mit einem Studium zu beginnen, war die beste Entscheidung meines Lebens. Seitdem strotze ich nur so vor Selbstbewusstsein. Wenn nichts dazwischen kommt, habe ich bald meinen Masterabschluss in der Tasche. Aber was sollte schon dazwischen kommen. Etwa ein Mann? Bestimmt nicht! Viel zu lange habe ich mich von Dieter Lüders unterbuttern lassen. Diese Erfahrung reicht mir bis ans Ende meiner Tage. Jetzt wird endlich gelebt.
Allerdings meine finanzielle Situation ist alles andere als rosig. Tine meint, ich könnte nicht mit Geld umgehen.
»Um mit Geld umgehen zu können, muss man erst mal welches haben«, antwortete ich ihr. Zwar verdiene ich mir mit den Auslieferungen ihrer Möbel einen kleinen Obolus nebenher, aber die vierhundert Euro reichen hinten und vorne nicht aus. Ich habe bereits eins meiner drei Zimmer untervermietet. An Malte Leschner, einen freiberuflichen Journalisten. Er ist in meinem Alter und der größte Chaot, der mir je begegnet ist. Weil er kein regelmäßiges Einkommen hat, ist er meistens genauso abgebrannt wie ich. Aber das stört ihn nicht. Er gehört zu der Spezies Lebenskünstler und hat nicht die Absicht, irgendwann einmal erwachsen zu werden. Gestern habe ich ihm erneut sagen müssen, dass das hier keine Wohngemeinschaft und auch kein Hotel mit Vollpension ist.
»Was schimpfst du schon wieder, Jette.«
»Also, nochmal zum Mitschreiben. Ich habe dir ein Zimmer mit Badbenutzung vermietet. Mehr nicht. Dass du mir täglich die Vorräte aus dem Kühlschrank wegfutterst, gehört eindeutig nicht zu unserer Vereinbarung. Ebenso wenig werde ich dir deine Wäsche waschen. Also lege sie künftig nicht mehr zu meinen Sachen in den Korb. Und Hände weg von meinem teuren Spezial Shampoo. Ich bin knapp bei Kasse!«
»Woher weißt du, dass ich dein Shampoo benutze. Hast du mir etwa wieder heimlich beim Duschen zugesehen?«
»Das hättest du wohl gern!«
»Ich hätte nichts dagegen. Noch besser wäre es, wenn wir künftig zusammen duschen. Das wäre doch auch eine prima Sparmaßnahme. «
»Träum weiter, Malte.«
Ich werde nie mit Malte duschen. Mit Patrick würde ich schon gern. Mr. Patrick Carter ist US Amerikaner, 32 Jahre jung und unterrichtet mich seit drei Monaten kostenlos in Wirtschaftsenglisch. Wir treffen uns zweimal wöchentlich bei Leo in der Eckkneipe und ich gebe ihm ein Bier aus. Am letzten Donnerstag haben meine Freundinnen ihn das erste Mal gesehen. Gespannt wartete ich auf ihr Urteil.
»Ist er nicht viel zu alt für dich? Der darf doch schon selber Auto fahren«, lästerte Franka.
»Und er ist eindeutig schwul«, fügte Tine an.
Das wird sich noch herausstellen. Vielleicht heute schon, denn ich habe ihn zum Abendessen in meine Wohnung eingeladen. Als kleines Dankeschön für die viele Zeit, die er mir nicht in Rechnung stellt. Patrick hat sofort zugestimmt. Na, also.
Es gibt Pasta mit Meeresfrüchten und dazu einen trockenen Weißwein aus dem Piemont. Ich habe mich in meine enge Jeans geworfen, meine Haare mit dem Rest Spezial Shampoo gewaschen und auf große Lockenwickler gedreht. Noch kurz den Tisch in der Küche decken und dann bin ich fast fertig.
» Kerzen für uns? Wie romantisch«, sagt Malte, der im Türrahmen steht und mir belustigt zusieht.
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