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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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Dunkelheit.
    Er reißt sich mit einem Stöhnen los und macht einen Schritt zurück. Sein Atem geht schnell, sein Herz pumpt. » Sam « , ruft er halblaut und der Wächter lässt eine Antwort vom anderen Ende des Pferches ertönen.
    Damian atmet wieder ruhig, als er Sam erreicht. » Wo ist Crawford? « , fragt er den Wächter. » Seit wann ist er unterwegs? «
    Sam begreift sofort, sein Gesicht unter dem grauen Bart wird blass. » Gormandel « , sagt er.
    Damian nickt grimmig. Er bedeutet dem Wächter, die Schleuse zu öffnen, und wartet, während hinter den verschlossenen Türen das Gebrüll, das Donnern und Zischen, Fauchen und Scharren seinen Fortgang nimmt.
    Der Lärm schlägt ihm wie ein Schmiedehammer entgegen, als er den Schleusengang betritt. » Bleib draußen « , sagt er zu Sam. » Warte auf seine Lordschaft. « Dann zieht er die Tür hinter sich zu und durchschreitet die Schleuse, öffnet die innere Tür und wappnet sich gegen das Inferno.
    Der mitternachtsblaue Kemmer trägt noch sein Jugendkleid, ein feines Gespinst aus Horn und federähnlichen Auswüchsen, aber es sieht räudig aus, zerrupft und fahl. Seine Augen sind leuchtend gelb und flammend hell. Er wirft den Kopf hoch und stößt ein schrilles Kreischen aus, heult wie ein Todgeweihter, kratzt mit seinen Klauen tiefe Furchen in den Fels, während seine Flügel die Luft aufwirbeln.
    Damian nähert sich langsam und vorsichtig. Ein tobender Dracer, selbst wenn es sich um ein Jungtier wie dieses handelt, kann einen Menschen binnen weniger Atemzüge in ein blutiges Bündel aus Knochen und Fleisch verwandeln.
    Er murmelt leise, besänftigende Worte und registriert die beiden kleineren Wyvern, die eng aneinandergeschmiegt in der entferntesten Ecke der Höhlenkammer kauern.
    Â» Hrrrrr « , schnurrt Damian und streckt eine Hand aus. » Du. Ruhig. « Es wäre so viel einfacher, wenn der Kemmer schon seinen Namen hätte. Aber Hyrler und Kemmer sind noch kaum vernunftbegabt, sie gleichen eher wilden Tieren als erwachsenen Dracyr. Dennoch, er muss es versuchen. Wenn es ihnen nicht gelingt, den Kemmer zu besänftigen, muss er getötet werden, und das wäre ein großer Verlust. Er verspricht, ein stattlicher, schöner Dracer zu werden, mit einer stolzen Kopfhaltung und einer starken, breiten Brust. Seine flammenden Augen, bei allem Wahnsinn, der jetzt aus ihnen spricht, zeigen wache Intelligenz und ein außerordentliches Potenzial an Stärke.
    Â» Hrrrrr « , macht Damian wieder und tritt noch einen Schritt näher, bis er den Kemmer berühren kann. Der Dracer scheut vor der Berührung zurück, verstummt für einen kurzen Moment und starrt Damian herausfordernd an. Sieh in meine Augen, kleines Wesen. Ich werde dich fressen.
    Â» Das wirst du nicht « , erwidert Damian und greift zum Gürtel. Er hat die Peitsche draußen vergessen. Jedem der Zöglinge hat er es tausendmal eingeschärft, wenn es sein musste mit handgreiflicher Deutlichkeit, dass man niemals, wenn man sein Leben liebt, ohne seine Peitsche den Pferch eines Ungezähmten betreten darf. Und nun steht er hier wie ein dummes Kind und hat nichts als seine Stimme, seinen Willen und ein paar bloße Hände, um den tobenden Kemmer zu besänftigen.
    Â» Niemand will dir wehtun « , sagt er und verdrängt jeden Gedanken, der Schwäche signalisieren könnte. » Es ist etwas geschehen, das dich aufregt, aber es betrifft nicht deine Existenz. «
    Sieh mir in die Augen, wiederholt der Kemmer stur.
    Damian seufzt. » Wenn es dir hilft « , sagt er und erwidert den lodernden Blick.
    Der Schmerz ist ungeheuer. Er keucht und sinkt in die Knie, aber er bricht den Kontakt nicht. Gormandel.
    Meine Wurfschwester.
    Verwundet, blutend, sterbend.
    Die Flügel zerfetzt, weit ausgebreitet, der Kopf zerschmettert. Augen wie goldene Sterne, ihr Licht getrübt, ihr Blick gebrochen.
    Schwarzes Blut fließt über rauen Fels.
    Unter ihrem mächtigen Leib ein blasses Bündel aus Haut, Fleisch und Knochen, leblos und still.
    Kalt.
    Dunkel.
    Damian findet sich kniend neben dem Kemmer. Sein Gesicht ist nass, seine Halsmuskeln zittern, seine Hände krallen sich in die Schenkel. In seinem Inneren tobt ein Sturm, der ausbrechen will. Schreie, Gewalt, Töten, Zerfleischen, Zerschmettern, Zertrümmern… Immer noch sind seine Blicke verschränkt mit denen des

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