Drahtzieher - Knobels siebter Fall
»Parallel liefen bereits die Bemühungen, das Verfahren wegen Liekes Tod wieder in Gang zu bringen und die Einschaltung eines Anwalts in Essen, den ich nur pro forma beauftragte, um meine rechtlichen Aktivitäten zu dokumentieren.«
»Eigentlich wollten Sie von vornherein einen Anwalt in Dortmund, weil Wanninger hier lebt und arbeitet und der Unfall Ihrer Schwester hier gewissermaßen seinen Ausgang genommen hat«, schloss Stephan. »Sie suchten einen Anwalt vor Ort, damit unproblematisch häufige Treffen mit Wanninger stattfinden konnten, und sind letztlich auf mich gekommen, weil mein Angebot Detektivdienste umfasst.«
»Und weil Sie als Einzelanwalt noch nicht ausgelastet sind«, ergänzte Anne van Eyck schmunzelnd. »Ich hatte mich eingehend erkundigt. Es wurde ein Anwalt gebraucht, der Zeit hat. Bitte seien Sie mir nicht böse!«
Sie lächelte verbindlich.
»Sie haben Ihre Schwester missbraucht«, hielt Stephan fest.
»Wir haben Lieke in gewisser Weise missbraucht, da haben Sie recht«, gestand Hermann van Eyck. »Aber es ging uns nicht nur um Wanninger, sondern auch um den sauberen Herrn Seuter, dessen Feigheit Lieke das Genick gebrochen hat.«
»Später, Hermann!«, unterbrach Anne und fuhr fort: »Wir haben Sie also auf die falsche Fährte gesetzt, Herr Knobel, das stimmt. Sie fanden den Hinweis in Liekes Kalender auf die Villa Wolff, den wir natürlich selbst eingetragen haben. Respekt! Es war ein sehr feiner Hinweis, Herr Knobel! Sie haben bravourös gearbeitet!«
»Sparen Sie sich Ihre Spitzen«, erwiderte Stephan.
»Es war ernst gemeint, Herr Knobel! Genauso ernst wie diese Sache, die Ihnen wie ein groteskes Schauspiel vorkommen mag, für uns aber ein gangbarer Weg ist, um einen Herrn Wanninger zu bremsen. Der Journalist bekam also – scheinbar völlig unabhängig von Ihrer Beauftragung – anonyme Briefe, die wir stets auf einem eigens dafür erworbenen PC schrieben, in der Stadt fotokopierten und die Hermann dann nach Frankfurt brachte und sie dort in einen Briefkasten warf, damit sie einen Poststempel von dort bekamen. Er war der vermeintliche Informant, und auf diese Weise steuerten wir Wanninger. Zwangsläufig und gewollt kam es zum Zusammentreffen Wanningers mit Ihnen über Sascha Sadowski als gutgläubige Kontaktperson. Es war eine Frage der Zeit, dass Wanninger an uns heranwollte und dies über Sie versuchen würde. Hermann und ich haben uns unterschiedlich positioniert, so, wie Hermann häufig der zurückhaltendere Teil von uns war und meinen manchmal naiv anmutenden Enthusiasmus künstlich bremste.«
»Der Typ im Garten?«, erinnerte Stephan.
»Ach ja! Hermann war vor Ihrem Besuch vom Wald aus auf unser Grundstück gelaufen und hatte einige Pflanzen platt getreten und Schleifspuren in den Wald gelegt. Es war sonst niemand da«, erklärte sie den simplen Trick. »Wir hatten verabredet, dass ich irgendwann Geräusche höre. Dass der liebe Gott als Kulisse noch ein Unwetter schickte, war ein unverdientes Glück.«
Anne van Eyck kicherte, ihr Mann stieß sie in die Seite.
»Herr Knobel findet das nicht lächerlich«, sagte Hermann van Eyck. »Ich kann ihn verstehen. – Wanninger erhielt von mir irgendwann das sagenhafte Foto von dem Zauberer und den anderen beiden Männern, und ab da lief die Sache wie von selbst. Wir wohnten Wanningers Schlussfolgerungen bei, wussten von seinen nächsten Schritten, mussten ihn schließlich auch in Gefahr bringen, um die Sache für ihn zwingender zu machen.«
»Zuvor gab es noch den vermeintlichen neuen Auftritt Drauschners in der Villa Wolff«, erinnerte ihn Anne van Eyck. »Franz hatte Sadowski angerufen und den Termin ausgemacht. Wir haben vor der Abfahrt nach Niedersachsen bei uns die Räume verwüstet. Kurz nach unserer Ankunft in der Villa Wolff, von der wir Franz informiert hatten, hat dieser den Termin bei Sadowski abgesagt und die Stelle am Fischteich als Treffpunkt vorgegeben. Wir kannten diese Stelle von der damaligen Hochzeitsfeier. Ich weiß noch, dass dort Fotos von dem Brautpaar gemacht wurden. – Als wir abends nach Dorsten zurückkamen, haben wir nur noch die Scheiben eingeworfen und den Einbruch sofort der Polizei und auch Ihnen gemeldet.«
»Deshalb das bewusste Überholmanöver auf der Autobahn«, verstand Stephan. »Sie wollten dokumentieren, dass Sie den Einbruch sofort nach Ihrer Rückkehr gemeldet haben mussten. Man sollte durch zeitliche Rückrechnung ermitteln können, dass Sie ihn nicht selbst verübt haben konnten –
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