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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Personen
     
    Medizinalrat Dr. Goll
    Dr. Schön, Chefredakteur
    Alwa, sein Sohn
    Schwarz, Kunstmaler
    Prinz Escerny, Afrikareisender
    Schigolch
    Rodrigo, Artist
    Hugenberg, Gymnasiast
    Escherich, Reporter
    Lulu
    Gräfin Geschwitz, Malerin
    Ferdinand, Kutscher
    Henriette, Zimmermädchen
    Ein Bedienter
     
    Die Rolle Hugenberg wird von einem Mädchen gespielt.

Prolog
    Ein Tierbändiger tritt, nachdem der aufgezogene Vorhang einen Zelteingang hat sichtbar werden lassen, in zinnoberrotem Frack, weißer Krawatte, langen schwarzen Locken, weißen Beinkleidern und Stulpstiefeln, in der Linken eine Hetzpeitsche, in der Rechten einen geladenen Revolver, unter Zimbelklängen und Paukenschlägen aus dem Zelt.
    Hereinspaziert in die Menagerie,
Ihr stolzen Herrn, ihr lebenslust'gen Frauen,
Mit heißer Wollust und mit kaltem Grauen
Die unbeseelte Kreatur zu schauen,
Gebändigt durch das menschliche Genie.
Hereinspaziert, die Vorstellung beginnt! –
Auf zwei Personen kommt umsonst ein Kind.
    Hier kämpfen Tier und Mensch im engen Gitter,
Wo jener höhnend seine Peitsche schwingt
Und dieses, mit Gebrüll wie Ungewitter,
Dem Menschen mörderisch an die Kehle springt;
Wo bald der Kluge, bald der Starke siegt,
Bald Mensch, bald Tier geduckt am Estrich liegt;
Das Tier bäumt sich, der Mensch auf allen vieren!
Ein eisig kalter Herrscherblick –
Die Bestie beugt entartet das Genick
Und läßt sich fromm die Ferse drauf postieren.
    Schlecht sind die Zeiten! – All die Herrn und Damen,
Die einst vor meinem Käfig sich geschart,
Beehren Possen, Ibsen, Opern, Dramen
Mit ihrer hochgeschätzten Gegenwart.
An Futter fehlt es meinen Pensionären,
So daß sie gegenseitig sich verzehren.
Wie gut hat's am Theater ein Akteur!
Des Fleischs auf seinen Rippen ist er sicher,
Sei auch der Hunger ein ganz fürchterlicher
Und des Kollegen Magen noch so leer. –
Doch will man Großes in der Kunst erreichen,
Darf man Verdienst nicht mit dem Lohn vergleichen.
    Was seht ihr in den Lust- und Trauerspielen?! –
Haustiere , die so wohlgesittet fühlen,
An blasser Pflanzenkost ihr Mütchen kühlen
Und schwelgen in behaglichem Geplärr,
Wie jene andern – unten im Parterre:
Der eine Held kann keinen Schnaps vertragen,
Der andre zweifelt, ob er richtig liebt,
Den dritten hört ihr an der Welt verzagen,
Fünf Akte lang hört ihr ihn sich beklagen,
Und niemand, der den Gnadenstoß ihm gibt.
Das wahre Tier, das wilde, schöne Tier,
Das – meine Damen! – sehn Sie nur bei mir.
    Sie sehen den Tiger , der gewohnheitsmäßig,
Was in den Sprung ihm läuft, hinunterschlingt;
Den Bären , der, von Anbeginn gefräßig,
Beim späten Nachtmahl tot zu Boden sinkt;
Sie sehn den kleinen amüsanten Affen
Aus Langeweile seine Kraft verpaffen;
Er hat Talent, doch fehlt ihm jede Größe,
Drum kokettiert er frech mit seiner Blöße;
Sie sehn in meinem Zelte, meiner Seel',
Sogar gleich hinterm Vorhang ein Kamel! –
Und sanft schmiegt das Getier sich mir zu Füßen,
Wenn –
(er schießt ins Publikum)
– donnernd mein Revolver knallt.
Rings bebt die Kreatur; ich bleibe kalt –
Der Mensch bleibt kalt! – Sie ehrfurchtsvoll zu grüßen.
    Hereinspaziert! – Sie traun sich nicht herein? –
Wohlan, Sie mögen selber Richter sein!
Sie sehn auch das Gewürm aus allen Zonen:
Chamäleone, Schlangen, Krokodile,
Drachen und Molche, die in Klüften wohnen.
Gewiß, ich weiß, Sie lächeln in der Stille
Und glauben mir nicht eine Silbe mehr –
er lüftet den Türvorhang und ruft in das Zelt

He, Aujust! Bring mir unsre Schlange her!
    Ein schmerbäuchiger Arbeiter trägt die Darstellerin der Lulu in ihrem Pierrotkostüm aus dem Zelt und setzt sie vor dem Tierbändiger nieder.
    Sie ward geschaffen, Unheil anzustiften,
Zu locken, zu verführen, zu vergiften –
Zu morden, ohne daß es einer spürt.
Lulu am Kinn krauend

Mein süßes Tier, sei ja nur nicht geziert!
Nicht albern , nicht gekünstelt , nicht verschroben ,
Auch wenn die Kritiker dich weniger loben.
Du hast kein Recht, uns durch Miaun und Fauchen
Die Urgestalt des Weibes zu verstauchen,
Durch Faxenmachen uns und Fratzenschneiden
Des Lasters Kindereinfalt zu verleiden!
Du sollst – drum sprech' ich heute sehr ausführlich –
Natürlich sprechen und nicht unnatürlich!
Denn erstes Grundgesetz seit frühster Zeit
In jeder Kunst war Selbstverständlichkeit!
Zum Publikum

Es ist jetzt nichts Besondres dran zu sehen,
Doch warten Sie, was später wird geschehen:
    Mit starkem Druck umzingelt sie den Tiger;
Er

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