Drei Haselnuesse für Aschenbroedel
würde es bestimmt auffallen, wenn er den Festzug nicht mit lautem Bellen begrüÃte.
Sie streichelte Kasperle über den Rücken. Er kläffte, drehte sich um sich selbst und stellte sich auf die Hinterbeine, tänzelte vor ihr herum, tat alles, um ihr ein Lächeln und gute Worte zu entlocken. Aschenbrödel schüttelte den Kopf.
âJetzt spiel nur nicht den Scheinheiligen, sei brav und geh zurück den König begrüÃen. Lauf!â Als Kasperle keinerlei Anstalten machte, ihr zu gehorchen, stand sie auf und blickte ihn streng an. âDu weiÃt doch, wir dürfen nicht mehr im Wald jagen gehen. Ich bin bald mit Nikolaus zurück, und jetzt geh nach Hause.â Sie wies zurück zum Gutshof. âGeh!â
Kasperles Bellen klang zwar nach Protest, aber er drehte sich um und rannte auf den Gutshof zu. Aschenbrödel schlug wieder die entgegengesetzte Richtung ein.
Bald erreichte sie die alte Scheune, in der sie Nikolausâ Sattel versteckte und auch sonst alles, was sie vor der Stiefmutter und Dora hatte retten können.
Sie band Nikolaus vor der Scheune an und stieg die knarzende Holzleiter zu der Falltür hinauf. Schon als sie die Tür zum Dachboden aufstieÃ, rief Rosalie ihr eine BegrüÃung zu. Die braun und weià gefiederte Eule hockte auf einem dicken Holzbalken und blickte sie mit ihren groÃen runden Augen wachsam an.
âNa, Rosalie, hütest du meine Schätze gut?â Aschenbrödel griff nach dem Holzkästchen, das gleich neben dem Sitzplatz der Eule stand. âJa, ja, ich weià schon.â Natürlich passte Rosalie gut auf. Ihr Gefieder mochte weich sein, aber ihr Schnabel war scharf und gefährlich. Jeder Fremde, der nach dem Kästchen greifen wollte, würde das bitter bereuen.
Rosalie vertraute keinem Menschen auÃer ihr. Aschenbrödel hatte die Eule einst verletzt im Wald gefunden. Ein Pfeil hatte in einem ihrer Flügel gesteckt. Aschenbrödel hatte sie in die alte Scheune gebracht und gesund gepflegt. Seitdem war Rosalie ihr eine treue Freundin, die Wächterin ihrer Schätze.
Aschenbrödel öffnete das Kästchen. Da lag die weiÃe Brosche mit dem golden glänzenden Rand, ein Geschenk ihres Vaters an ihre Mutter. âEine Rose für meine Roseâ, hatte er gesagt, und sie hatte gelacht. Ihre Augen hatten geleuchtet, als sie das Schmuckstück von ihm entgegennahm. In feinster Schnitzarbeit war eine Rosenknospe in den weiÃen Stein geschnitten worden, ebenso zierlich wie die Gestalt ihrer Mutter.
Da war auch der kleine silberne Handspiegel, den ihre Mutter schon von ihrer Mutter geerbt hatte. Früher hatte das Spiegelbild Aschenbrödel hell glänzende Haare gezeigt und zarte weiÃe Haut. Das war vorbei. Sie griff nach dem Tuch, das am Boden des Kästchens lag, und rieb sich über Stirn und Wangen. Viel half es nicht. Die gröbsten RuÃflecken konnte sie wegreiben, doch ihre Haut blieb von einem grauen Ascheschleier überzogen.
DrauÃen wieherte Nikolaus. Richtig! Sie hatte ja noch etwas vor. Und Nikolaus war es egal, wie sie aussah. Sie legte ihre Schätze zurück in das Holzkästchen und stellte es wieder neben Rosalie.
âNikolaus ruft michâ, erklärte sie der Eule. âWir haben nicht viel Zeit, weiÃt du.â Sie streichelte Rosalie zum Abschied noch einmal über das weiche Gefieder und lud sich beim Hinausgehen Nikolausâ Sattel auf die Schulter. Die Falltür lieà sie offen, damit Rosalie in der Nacht auf die Jagd gehen konnte.
Begegnung im Wald
Aschenbrödel hielt die Zügel locker und lieà Nikolaus über das Feld und in den Wald hineingaloppieren. Der Wind sang ihr in den Ohren, und es roch so, wie es nur im Winter riechen konnte: nach frisch gefallenem Schnee und klirrend kalter Luft. Die Kiefern bogen sich unter ihrer weiÃen Last und unter Nikolausâ Hufen stäubte der Schnee nur so auf. Mühelos setzte der Schimmel über einen quer auf dem Weg liegenden Baumstamm. Für einen Augenblick meinte Aschenbrödel auf leisen Schwingen zu fliegen wie Rosalie. Sie hielt den Atem an und schloss die Augen.
Ein Ruck, ein dumpfes Aufschlagen von Hufen auf Waldboden, und sie waren zurück auf festem Grund. Aschenbrödel lachte. Wer wollte da schon den Festzug des Königs sehen?
Der zog bestimmt gerade auf dem Gutshof ein. Fanfaren würden tönen, die Stiefmutter würde Dora letzte Anweisungen
Weitere Kostenlose Bücher