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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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es! Und dann ein kleiner Zusammenstoß auf dem Rutschasphalt direkt vor der Tür! Keine Verletzten! Nur eine nette, runde Reparatur.«
     »Schaut her!« Ich zeigte fünfunddreißig Mark auf der flachen Hand.
     »Großartig«, sagte Köster. »Davon sind zwanzig Mark verdient. Die werden wir heute auf den Kopf hauen. Müssen die Jungfernfahrt doch feiern!«
     »Wir wollen eine Waldmeisterbowle trinken«, erklärte Lenz.
     »Bowle?« fragte ich. »Wozu denn Bowle?«
     »Weil Pat mitkommt.«
    »Pat?«
     »Sperr den Schnabel nicht soweit auf«, sagte der letzte Romantiker, »wir haben alles längst abgemacht. Um sieben holen wir sie ab. Sie weiß Bescheid. Wenn du nicht daran denkst, müssen wir uns eben selbst helfen. Schließlich hast du sie doch durch uns kennengelernt.«
     »Otto«, sagte ich, »hast du je etwas Unverfroreneres gesehen als diesen Rekruten?«
     Köster lachte. »Was hast du denn an der Hand, Robby? Du hältst sie ja so schief.«
     »Verstaucht, glaube ich.« Ich erzählte die Geschichte mit Gustav.
     Lenz sah sie sich an. »Natürlich! Als Christ und Student der Medizin im Ruhestand werde ich sie dir massieren, trotz deiner Rüpeleien. Komm mit, du Meisterboxer.«
     Wir gingen in die Werkstatt, und Gottfried machte sich mit etwas Öl über meine Hand her. »Hast du Pat gesagt, daß wir unser eintägiges Jubiläum als Taxichauffeure feiern?« fragte ich ihn.
     Er pfiff durch die Zähne. »Genierst du dich deswegen, Bursche?«
     »Halt den Schnabel!« erwiderte ich. Besonders weil er recht hatte. »Hast du es gesagt?«
     »Die Liebe«, erklärte Gottfried ungerührt, »ist etwas Herrliches. Aber sie verdirbt den Charakter.«
     »Dafür macht Alleinsein taktlos, du trüber Solist.«
     »Takt ist eine stillschweigende Vereinbarung, über gemeinsame Fehler hinwegzusehen, anstatt sich zu läutern. Also eine elende Kompromißhandlung. Dazu gibt sich ein deutscher Veteran nicht her, Baby.«
     »Was würdest du denn an meiner Stelle machen«, fragte ich, »wenn jemand dich zu einer Taxifahrt anriefe und du sähest dann, daß es Pat wäre?«
     Er schmunzelte. »Ich würde auf keinen Fall Fahrgeld von ihr verlangen, mein Sohn.«
     Ich gab ihm einen Stoß, daß er von seinem dreibeinigen Bock fiel. »Du Heuschrecke! Weißt du, was ich tun werde? Ich werde sie heute abend einfach mit dem Taxi abholen.«
     »Recht so!« Gottfried hob segnend die Hand. »Nur die Freiheit nicht verlieren! Sie ist kostbarer als die Liebe. Das weiß man aber immer erst hinterher. Das Taxi kriegst du trotzdem nicht. Das brauchen wir für Ferdinand Grau und Valentin. Es wird ein seriöser, aber großer Abend.«
    Wir saßen im Garten eines kleinen Wirtshauses vor der
    Stadt. Der feuchte Mond hing wie eine rote Fackel tief über den Wäldern. Die bleichen Blütenkandelaber der Kastanien schimmerten, der Flieder roch betäubend, und vor uns auf dem Tisch das große Glasgefäß mit dem nach Waldmeister duftenden Wein sah im Ungewissen Licht der frühen Nacht aus wie ein heller Opal, in dem sich bläulich und perlmuttern der letzte Schein des Abends sammelte. Wir hatten es schon zum viertenmal füllen lassen.
     Ferdinand Grau führte den Vorsitz. Pat saß neben ihm. Sie trug eine blaßrosa Orchidee, die er ihr mitgebracht hatte.
     Ferdinand fischte eine Mücke aus seinem Wein und
    streifte sie vorsichtig auf den Tisch. »Seht euch das an«, sagte er. »Diese Flügel! Dagegen ist jeder Brokat ein Scheuerlappen! Und so was lebt einen Tag, dann ist es vorbei.« Er schaute uns der Reihe nach an. »Wißt ihr, was das unheimlichste auf der Welt ist, Brüder?«
     »Ein leeres Glas«, erwiderte Lenz.
     Ferdinand wischte ihn mit einer Handbewegung weg. »Das
    entehrendste auf der Welt, Gottfried, ist für einen Mann, ein Witzbold zu sein.« Dann wandte er sich uns wieder zu. »Das unheimlichste, Brüder, ist die Zeit. Die Zeit. Der Augenblick, durch den wir leben und den wir doch nie besitzen.«
     Er zog seine Uhr aus der Tasche und hielt sie Lenz vor die Augen. »Das hier, du Papierromantiker! Die Höllenmaschine, die tickt und tickt, dem Nichts unaufhaltsam entgegentickt! Du kannst eine Lawine aufhalten, einen Bergrutsch – aber das da nicht.«
     »Will ich auch gar nicht«, erklärte Lenz. »Ich will friedlich altern. Und außerdem liebe ich die Abwechslung.«
     »Der Mensch erträgt es nicht«, sagte Grau, ohne ihn zu beachten. »Der Mensch kann es auch nicht ertragen. Deshalb hat er sich einen Traum zurechtgemacht. Den

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