Drei Unzen Agonie
Kopf.
»Sie irren sich. Das sind bösartige Unterstellungen .« Seine Augen tränten. »Ich will gern zugeben, daß wir uns stark zueinander
hingezogen fühlten, doch — wie Sie selbst bemerkten — vor zwei Monaten hatte
alles ein Ende. Ich vermute, es war das ständige Beisammensein. Wenn zwei
einsame Menschen Tag für Tag eng zusammenarbeiten...«
»Lassen wir die schönen
Erklärungen .« Ich winkte ab. »Wer zog denn vor zwei
Monaten den Schlußstrich? War es Maxine? Vielleicht wiegten Sie sich in der
Hoffnung, Ihre Chefin heiraten zu können. Als sich dies als Enttäuschung
erwies, übten Sie Rache. Von allen Verdächtigen hatten Sie die beste
Möglichkeit, Fremont die Formel zu verkaufen. Sie haben sie ja entwickelt .«
»Sie sind verrückt !« Er zupfte sich erregt an der spitzen Nase. »Meine — äh —
Liaison mit Maxine wurde im gegenseitigen Einvernehmen beendet. Wir gingen als
Freunde auseinander .«
»Maxine könnte ein Motiv haben,
Sie könnten eines haben und Jonathan könnte eines haben«, meinte ich
zusammenfassend. »Somit bleibt noch die Privatsekretärin. Was wissen Sie von
ihr ?«
»Nichts.« Er schien angestrengt
nachzudenken, während er sich die Augen mit dem Taschentuch betupfte. »Eine
Zeitlang hatte ich den Eindruck, als fühlte sie sich zu Jonathan hingezogen. Er
schien sie aber nicht einmal zu bemerken. Später erzählte mir Maxine von seiner
Freundin, dieser Tänzerin. Da war mir klar, weshalb er sich nicht für die
kleine Owen interessierte. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß Ursula Owen
sich zu so einer Tat hinreißen lassen könnte, nur um Jonathan aus Rache in eine
peinliche Lage zu bringen .«
»Sie trugen die Formel ständig
bei sich, wenn Sie daran arbeiteten ?« fragte ich. »Was
geschah mit den Papieren, wenn Sie sie nicht mehr brauchten ?«
»Ich gab sie Maxine, die sie im
Safe einschloß .«
»Stets?«
»Nein, ein paarmal war sie
nicht da. Da gab ich die Papiere Miss Owen. Sie kennt die Kombination des Safes .«
»Jonathan haben Sie die Papiere
nie gegeben ?«
»Niemals. Auf diesen jungen
Springinsfeld ist kein Verlaß .«
»Kennt er die Kombination des
Safes ?«
»Das weiß ich nicht .«
Ich gab auch ihm eine Karte.
Allmählich fühlte ich mich wie ein Schauspieler ohne Engagement, der von einer
Agentur zur anderen läuft.
»Wenn Ihnen noch etwas
einfällt, Mr. Stahl, rufen Sie mich bitte an .« Ich
stand auf.
»Selbstverständlich.« Er erhob
sich ebenfalls. »Ich hoffe aufrichtig, daß Sie der Sache möglichst rasch auf
den Grund kommen. Ich muß gestehen, daß ich diese Verhöre ausgesprochen
unerfreulich finde .«
»Das ist noch gar nichts«,
versicherte ich. »Sie sollten mal die Polizei erleben .«
Von Leo Stahl aus machte ich
mich auf den Weg zu Jonathan Lord. Er war nicht zu Hause. Blieb also Ursula
Owen. Ich warf einen Blick auf die Liste, die Maxine Lord mir gegeben hatte,
und stellte fest, daß die Sekretärin in Greenwich Village wohnte.
Etwa zwanzig Minuten später
stieg ich vor einem neuen modernen Wohnblock aus dem Taxi. Der Portier musterte
mich verachtungsvoll. Er konnte sich wahrscheinlich nicht vorstellen, daß es
auch Künstler mit Bürstenhaarschnitt gab.
Ursula Owen wohnte im fünften
Stock, und ich fuhr im Aufzug hinauf. Nachdem ich dreimal geläutet hatte,
öffnete sich die Wohnungstür einen winzigen Spalt. Große tiefblaue Augen
blinzelten mich an. Das Gesicht war ohne eine Spur von Make-up und wirkte
frisch und jung. Um ihr Haar hatte sie ein Handtuch geschlungen.
»Wer ist da ?« Ihre Stimme war tief und ein wenig atemlos.
»Danny Boyd.« Ich wandte leicht
den Kopf, damit sie mein Profil bewundern konnte.
»Ach, ja, der Privatdetektiv.
Miss Lord hat mir schon Bescheid gesagt .« Ihre Finger
machten sich an der Kette an der Tür zu schaffen. Schließlich ging sie auf.
»Kommen Sie herein, Mr. Boyd. Entschuldigen Sie meinen Aufzug, ich habe eben
geduscht .«
Sie trug einen Bademantel aus
Frottee, der ihr knapp bis zu den Knien reichte. Vage lächelnd drehte sie sich
um und ging mir voraus ins Wohnzimmer. Ich hatte eben die Schwelle überquert,
als sie polternd über einen niedrigen Couchtisch stolperte und der Länge nach
zu Boden fiel. Sie rutschte ein Stück über den Parkettboden, während ich mit
Argusaugen zusah, wie sich ihr Bademantel zusehends nach oben verschob. Als sie
zum Stillstand kam, war der Bademantel so weit oben, daß ich die wohlgeformten
Beine in ihrer ganzen Länge bewundern konnte. Sie richtete
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