Drei Unzen Agonie
du mich heiraten wirst, werde ich dir
beibringen, was es heißt, Geschäfte großen Stils zu machen .< Er ärgerte sich jedesmal grün und blau.«
»Und welche Art Folter wandte
sie Ihnen gegenüber an ?« fragte ich leichthin.
Tiefe Röte überzog wieder ihre
Wangen. »Das mußte ja kommen. Sie war mir gegenüber eigentlich ziemlich milde.
Ich sagte Ihnen ja schon, daß ich bestrebt war, keinen privaten Kontakt
aufkommen zu lassen. Trotzdem konnte sie es natürlich nicht lassen, hie und da
eine kleine Anspielung zu machen. Etwa: Es wäre doch schade, daß manche Frauen
das gewisse Etwas hätten und andere nicht. Es sei schon arges Pech, wenn man
unweiblich wirke und einem jeder Sex-Appeal fehle. Aber ich solle mir nichts
daraus machen, ich sei eben eine erstklassige Sekretärin. Zu Anfang setzte mir
das ziemlich zu, aber inzwischen habe ich mir einen eisernen Panzer zugelegt.
Wenn sie jetzt eine derartige Anspielung macht, stimme ich ihr einfach zu, und
sie läßt das Thema dann fallen .«
Ich stand auf, Ursula erhob
sich ebenfalls. Einen Moment standen wir einander gegenüber. Ich nahm ihr die
Brille mit den dicken Gläsern ab und legte sie auf den Tisch.
»Was...« Die tiefblauen Augen
waren weich und leicht verschwommen. Sie blinzelte ein wenig, als sie sich
vorbeugte, um mir ins Gesicht sehen zu können.
»Ich finde, Sie sind ganz und
gar nicht unweiblich«, erklärte ich.
Dann zog ich sie an mich und
küßte sie. Einen Moment lang wand sie sich in dem Bemühen, sich meinen Armen zu
entziehen. Dann aber entspannte sich ihr Körper allmählich, und ihre weichen
Lippen öffneten sich. Meine Hand wanderte ihren Rücken hinunter und fand den
Weg zu ihrer Taille. Ich drückte sie fester an mich. Doch damit verletzte ich
offenbar den Moralkodex der perfekten Sekretärin. Sie riß sich los und
versetzte mir eine schallende Ohrfeige. Sie traf dieselbe Wange, die am
Nachmittag von Augie Cranes Fußtritten malträtiert
worden war. Ich taumelte zurück.
»Sie sind widerwärtig«, sagte
sie mit erstickter Stimme. »Gehen Sie .«
Ich zwinkerte verzweifelt, und
als ich schließlich wieder klar sehen konnte, hatte sie ihre Brille wieder auf.
Ihr Gesicht war brennend rot.
»Ich finde Sie trotzdem
ausgesprochen anziehend«, versicherte ich. »Nur ein bißchen prüde.«
»Sie...« Erneut holte sie zum
Schlag aus, doch diesmal ließ ich mich nicht überraschen. Ich packte ihr
Handgelenk. »Lassen Sie mich los .« Sie stampfte vor
Wut mit dem Fuß.
Ich versetzte ihr einen Schubs,
daß sie aufs Sofa fiel. Dann nahm ich ihr wieder die Brille ab.
»Ich gehe jetzt«, erklärte ich.
»Aber ich möchte vermeiden, daß Sie mir zum Abschied ein Möbelstück an den Kopf
werfen. Deshalb werde ich die Brille auf dem Tisch neben der Tür deponieren .«
»Ich könnte Sie umbringen«,
zischte sie die leere Couch an.
Als ich die Tür hinter mir
schloß, hörte ich drinnen die ersten polternden Geräusche.
Mein Gesicht brannte, der Kopf
begann mir wieder zu schmerzen. Trotzdem beschloß ich, den Tag noch nicht zu
beenden. Ich hätte zwar nach Hause gehen und mich betrinken können, aber eine
Kur für die Kopfschmerzen wäre das auch nicht gewesen. Alles sprach dafür, daß
Jonathan Lord bei seiner Freundin zu Besuch war, und sie wohnte ja sowieso
nicht weit von meiner Wohnung entfernt: auf der West Side, wo die bessern Leute
leben.
4
Ich stieg die Treppen zum
dritten Stock des alten Hauses hinauf und klingelte. Ich traute meinen Augen
nicht, als sich die Tür öffnete und Augie Crane vor
mir stand. Sein Schlangenblick ließ mir fast das Blut in den Adern gerinnen.
»Schon wieder Sie?« Seine
Stimme war ausdruckslos. »Wo hapert’s denn bei Ihnen? Sie haben wohl Ihre
Lektion noch nicht gelernt, was ?«
Ich schlug zu. Das war, fand
ich, für den Moment das beste Mittel, das Gespräch schnell zu beenden. Ich
versetzte ihm also einen Faustschlag in den Solar Plexus. Er krümmte sich, sein
Gesicht färbte sich aschgrau. Ich holte erneut aus und landete einen Schlag
zwischen den Augen; der Aufprall klang erwartet hohl. Augie taumelte. Ich trat
zuvorkommend zur Seite, und er schlug der Länge nach zu Boden. Ich stieg über
seine schlaffen Beine hinweg in die Wohnung.
Ein Paar angstvoller dunkler
Augen starrte mich an, als ich ins Wohnzimmer kam. Cindy Vickers saß auf der
Couch, ihre grüne Bluse hing in Fetzen. Unter dem linken Auge zeigten sich die
ersten Anzeichen einer Schwellung. Ihr Gesicht war verquollen und
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