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Drucke Zu Lebzeiten

Drucke Zu Lebzeiten

Titel: Drucke Zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Steinplatten großen, weißen Hefte sollen jetzt abge- schlossen sein. Unmittelbar erinnern an sie nur noch die Hyperionalmanache 90 und 9, um die sich das Pu- blikum wie um die unterhaltenden Reliquien eines unbe- quemen Toten reißt. Der wesentliche Herausgeber war Franz Blei, dieser bewundernswerte Mann, den die Mannigfaltigkeit seiner Talente in die dichteste Literatur hineintreibt, wo er sich aber nicht befreien und halten kann, sondern mit verwandelter Energie zu Zeitschrif- tengründungen entläuft. Der Verleger war Hans von Weber, dessen Verlag zuerst vom „Hyperion" ganz überdeckt war, heute aber, ohne sich in einer Seitengasse der Literatur zu verstecken, ohne aber auch mit allge- meinen Programmen zu strahlen, einer der zielbewußte- sten großen deutschen Verlage geworden ist.
       Die Absicht der Gründer des „Hyperion" war, mit ihm in jene Lücke des literarischen Zeitschriftenwesens zu treten, die zuerst der „Pan" erkannt, nach ihm die „Insel" auszufüllen versucht hatte, und die seitdem scheinbar offenstand. Hier fängt schon der Irrtum des „Hyperion" an. Freilich hat kaum je eine literarische Zeitschrift edler geirrt. Der „Pan" brachte zu seiner Zeit über Deutschland die Wohltat eines Schreckens, indem er die wesentlichen zeitgemäßen, aber noch unerkannten Kräfte einigte und durch einander stärkte. Die „Insel" erschmeichelte sich dort, wo ihr jene äußerste Notwen- digkeit fehlte, eine andere, wenn auch niedrigere. Der „Hyperion" hatte keine. Er sollte denen, die an den Grenzen der Literatur wohnen, eine große lebendige Repräsentation geben; aber sie gebührte jenen nicht, und sie wollten sie im Grunde auch nicht haben. Diejenigen, die ihre Natur von der Gemeinschaft fernhält, können nicht ohne Verlust regelmäßig in einer Zeitschrift auftre- ten, wo sie sich zwischen den andern Arbeiten in eine Art bühnenmäßigen Lichts gestellt fühlen müssen und fremder aussehn, als sie sind; sie brauchen auch keine Verteidigung, denn das Unverständnis kann sie nicht treffen, und die Liebe findet sie überall. Sie brauchen auch keine Kräftigung, denn, wenn sie wahrhaftig blei- ben wollen, können sie nur von sich selbst zehren, so daß man ihnen nicht helfen kann, ohne ihnen vorher zu schaden. Wenn also die Möglichkeiten anderer Zeit- schriften, zu repräsentieren, zu zeigen, zu verteidigen, zu kräftigen, sich dem „Hyperion" versagten, konnten überdies peinliche Nachteile nicht vermieden werden: Eine solche Literaturversammlung, wie sie im „Hype- rion" beisammen war, zieht mit Macht und ohne die Fähigkeit sich zu wehren, Lügenhaftes an; dagegen gab es dort, wo die beste allgemeine Literatur und Kunst in den „Hyperion" eintrat, keineswegs immer einen voll- kommenen Zusammenklang und jedenfalls keinen be- sondern anderswo nicht zu erreichenden Gewinn. Alle diese Bedenken aber konnten in den zwei Jahren den Genuß des „Hyperion" nicht stören, denn schon der Reiz des Versuches machte alles vergessen; dem „Hype- rion" selbst allerdings gingen diese Bedenken wohl an den Leib. Sein Andenken aber wird schon deshalb nicht verschwinden können, weil in den nächsten Generatio- nen sich sicher keiner finden wird, der den Willen, die Kraft, den Opfermut und die begeisterte Verblendung hätte, ein ähnliches Unternehmen wieder anzufangen; und deshalb beginnt der unvergessene „Hyperion" jeder Feindschaft schon zu entrücken und wird in zehn oder zwanzig Jahren einfach ein bibliographischer Schatz sein.

    Erstes Kapitel des Buches „Richard und Samuel" von Max Brod und Franz Kafka

    Unter dem Titel „Richard und Samuel – Eine kleine Reise durch mitteleuropäische Gegenden", wird ein Bändchen die parallelen Reisetagebücher zweier Freunde ver- schiedenartigen Charakters enthalten.
    Samuel ist ein weltläufiger junger Mann, der mit vielem Ernst sich Kenntnisse im großen Stil und ein richtiges Urteil über alle Gegenstände des Lebens und der Kunst zu bilden bestrebt ist, ohne doch jemals nüchtern oder gar pedantisch zu werden. Richard hat keinen bestimmten Interessekreis, läßt sich von rät- selhaften Gefühlen, noch mehr von seiner Schwäche treiben, zeigt aber in seinem engen und zufälligen Kreise so viel Intensität und naive Selbstständigkeit, daß er nie zu schrullenhafter Komik ausartet. Dem Berufe nach ist Samuel Sekretär eines Kunstverei- nes, Richard Bankbeamter. Richard hat Vermögen, arbeitet nur, weil er sich nicht für fähig hält, freie

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