Drunter und Drüber
Ich gebe auf. Kehr zurück zu deinem alten Leben, John David.« Ein letztes Mal musterte sie sein Gesicht. Sie war müde. Müde und erschöpft. »Ich hoffe, dass dich das glücklich machen wird.«
Mit diesen Worten wandte sie sich ab und ließ ihn allein auf der Lichtung zurück.
J.D. fixierte den inzwischen menschenleeren Pfad. Ihm war hundeübel. Eben noch hatte ihm Dru mit blitzenden Augen versichert, sie würde praktisch alles für ihn tun – und jetzt stand er plötzlich verlassen vor der Tür seiner Hütte.
Wieder einmal allein.
»Tja, umso besser«, sagte er, starrte auf die Stelle, wo sie verschwunden war und wandte sich der Verandatreppe zu. »Umso besser.« Er bückte sich nach seiner Tasche.
Sie hatte das getan, worum er sie gebeten hatte und was das Beste für sie war. Er war immer schon allein gewesen und so gefiel es ihm am besten. Er ging die Treppe hinunter in Richtung seines Wagens.
Ich hoffe , dass dich das glücklich machen wird.
Er ließ seine Tasche auf die Erde fallen, als es ihn wie ein Blitz durchfuhr.
Zeit seines Lebens hatte er sich ein Zuhause gewünscht. Weshalb also warf er das Zuhause, das ihm hier liebevoll angeboten wurde, so gedankenlos weg?
Aus lauter Angst, Dru eines Tages enttäuschen zu können. Irgendwie war es ihm besser erschienen, ihr jetzt weh zu tun als später, wenn es kein Zurück mehr für sie gab.
Nie zuvor jedoch hatte er eine solche Resignation in ihrem Blick gesehen. Er hatte sie wütend und erregt erlebt, verächtlich, glücklich und verletzt. Niemals jedoch resigniert. Bis vor ein paar Minuten.
Und er hatte diese Resignation bei ihr bewirkt. Er hatte sie verstoßen und sich obendrein geweigert, ihr die Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen zu überlassen. Was hatte Ben über Verantwortung gesagt? Dass sie manchmal bedeutete, andere schwere Entscheidungen allein fällen zu lassen, statt zu versuchen, ihnen zukünftige Schmerzen zu ersparen, indem man sie gar nicht erst frei wählen ließ?
Er hatte Dru die Möglichkeit der Wahl genommen. Und aus welchem Grund? Weil er eventuell für seine Rolle bei dem von Butch begangenen Verbrechen verurteilt werden würde?
Was, wenn sie ihn nicht ins Gefängnis steckten? Wollte er tatsächlich den Rest seines Lebens in einem Einzimmerapartment nach dem anderen verbringen, ohne jemals einen Ort wirklich sein Zuhause nennen zu können? Wollte er weiter als Außenseiter leben und seine Dosis Familienglück darauf beschränken, dass er ab und zu einen Blick auf die Leben anderer Menschen warf?
»Verdammt. Was bin ich doch für ein Idiot.«
Aber zumindest ein nicht ganz und gar kompletter Idiot.
Er sprintete den Weg hinunter zum Hotel.
Als Dru eilige Schritte hinter sich hörte, trat sie blicklos zur Seite. In der Ferne hörte sie fröhliches Rufen und nahm an, dass da noch ein später Gast an der ausgelassenen Feier teilnehmen wollte.
Stattdessen ächzte eine Stimme ihren Namen, jemand packte sie am Arm, wirbelte sie herum – und sie schaute erschrocken in J.D.'s Gesicht.
Er nahm ihren zweiten Arm und atmete, statt etwas zu sagen, keuchend ein und aus. Unsicher, ob sie die Kraft zu einer weiteren Sparringrunde hätte, schloss sie die Augen.
Er schüttelte sie sanft, sie schlug die Augen wieder auf und beobachtete, dass er mühsam schluckte. »Drucilla Lawrence?«, begann er mit heiserer Stimme. »Willst du meine Frau werden?«
»W-was?« Doch sie hatte ihn verstanden, wusste, sie hatte die Worte ganz genau gehört. Plötzlich wurde ihr so leicht ums Herz, dass sie meinte, es flöge ihr davon. »Du willst mich heiraten?«
»Oja.«
Nachdem er sich so beharrlich geweigert hatte, sie an seinem Leben teilhaben zu lassen, kamen ihm diese Worte verdächtig mühelos über die Lippen, und sie bedachte ihn mit einem unsicheren, argwöhnischen Blick. »Weshalb sollte ich dir das jetzt auf einmal glauben? Schließlich ist es keine fünf Minuten her, dass du dein Leben alleine verbringen wolltest.«
»Vor fünf Minuten war ich ein Idiot. Jetzt bin ich eine ganze Ecke klüger. Ich will den Rest meiner Tage mit dir verbringen, Dru. Ich will mit dir alt werden, will Tate aufziehen als wäre er mein Sohn und weitere Kinder mit dir haben.«
Er neigte seinen Kopf, gab ihr einen sanften Kuss und sah sie mit leuchtenden Augen an.
»Du bedeutest mir so viel«, erklärte er mit ungeahnter Inbrunst. »Ich liebe dich mit einer Innigkeit, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Ich weiß, es war total blödsinnig von
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