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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luis Algorri
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verbunden sind, eine andere Bedeutung haben.«
    »Stimmt. Entschuldige. Du meinst dieses cum, oder?«, fragte er.
    »Was sollte ich sonst meinen?«, gab ich scharf zurück.
    Ich las weiter, oder tat, als würde ich lesen und biss die Zähne zusammen. Das Blatt Papier zitterte in meinen Händen und ich konnte kaum die Buchstaben erkennen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit so verging. Ich erinnere mich, wie ich plötzlich Josés Stimme vernahm, leise, fast erschrocken: »Javier... bist du sauer auf mich?«
    Meine Augen durchbohrten ihn. Jetzt nicht, sagte ich mir, jetzt nicht!
    »Habe ich irgendeinen Grund, auf dich sauer zu sein?«
    »Keine Ahnung...«
    »Ach, du hast keine Ahnung?«
    Er war nicht in der Lage, meinem Blick standzuhalten. Ich erhob mich, drehte ihm augenblicklich den Rücken zu und schaute mit verschränkten Armen lange aus dem Fenster in den Hof hinaus.
    »Ich hatte wirklich keine Zeit, die Übersetzung fertig zu machen. Ich hab gestern noch bis spät drangesessen, aber dann musste ich noch ein bisschen Physik machen und... «
    »Die Übersetzung ist gut. Und du weißt selbst, dass deine Übersetzung gut ist, das brauche ich dir nicht zu sagen.
    Abgesehen von diesem cum natürlich.«
    »Aber...«, er war mittlerweile auch aufgestanden und blieb bewegungslos vor dem Tisch stehen, während ich ihm weiterhin den Rücken zudrehte, »aber was um alles in der Welt ist denn mit dir los? Habe ich dir etwas getan?«
    Ich atmete tief durch die Nase ein.
    »Was mit mir los ist? Soll ich dir sagen, was mit mir los ist?«
    Ich wartete keine Antwort von ihm ab.
    »Mit mir ist los, dass ich mir wesentlich mehr Sorgen um deine Prüfungen mache als du selbst. Mit mir ist los, dass ich Stunden damit verbringe, unsere Sitzungen hier vorzubereiten, Bücher rauszusuchen, Aufzeichnungen, alles Mögliche, nur um es dir so leicht und angenehm wie irgend möglich zu machen. Mit mir ist los, dass wir noch neun Tage bis zur Geschichtsprüfung haben und ich mit den völlig Nerven fertig bin, während du genug Zeit und genug... Laune hast, dich neun Tage vor deiner Prüfung mit einer Frau einzulassen, José! Du hast die Nerven, mit so einer bescheuerten Fünfzehnjährigen rumzumachen, gerade jetzt, wo du eigentlich hier eingeschlossen sein müsstest wie in einer Mönchszelle!
    Und dafür reiße ich mir den Arsch auf! Du wolltest wissen, was mit mir los ist? Na schön, jetzt weißt du es: Das ist mit mir los.«
    Ich kam mir sofort wie ein Vollidiot vor. Ich belog ihn und wusste es. Eine bleierne Stille erfüllte den Raum. Ich hatte spontan eine unbändige Lust, dieses Zimmer zu verlassen, aber ich fühlte die Augen Josés auf meinem Nacken, und das ließ mich innehalten.
    »Aber ich habe mich nicht mit Beatriz eingelassen«, murmelte er. Ich nahm etwas Gebrochenes in seiner Stimme war.
    Ich antwortete ihm, ohne mich umzuwenden.
    »Ich habe euch gesehen, wir haben euch gesehen, Ana und ich. Gestern im Schwimmbad.«
    »Ich habe nicht mit Beatriz rumgemacht, ehrlich! Sie ist mir erst gestern Nachmittag vorgestellt worden. Ich habe mit ihr eine Viertelstunde geredet und bin gleich danach Hause gegangen«, rechtfertigte er sich. »Du... du kannst mir nicht unterstellen, dass...«
    Ich schwieg. Im Hof waren zwei Tauben gerade in heftigstes Liebesspiel verwickelt. Der aufgeplusterte Täuberich lief mit gesenktem Kopf immer wieder um die Taube herum, die so tat, als wüsste sie gar nicht, wie ihr geschah. Ich erzitterte, als ich spürte, wie Josés Hand sich scheu auf meine Schulter legte.
    »Javier...«
    Ich drehte mich um und das gesamte Blut meines Körpers drückte mir auf den Bauch. Mein Gott, er weinte. José weinte wie ein kleiner Junge. Tränen rollten ihm über seine Wangen, während mich seine schwarzen Augen voller Schmerz ansahen.
    »Du kannst nicht... Ich habe nicht... Ich...«
    Und dann umarmte er mich. Um genau zu sein, er warf sich mir entgegen und ließ sich kraftlos fallen. Ich hätte sterben können vor Glückseligkeit. Er vergrub sein Gesicht an meinem Hals, umschlang mich mit seinen Armen und begann laut zu schluchzen. Dann bekam er Schluckauf und zitterte am ganzen Körper. Ich hielt es nicht mehr aus. Ich umfasste seine schmale Taille und drückte ihn an mich, wie ich noch niemanden an mich gedrückt hatte. Ich streichelte ihm lange über seinen Kopf, seinen Nacken, die Schultern. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Lippen seine Haare erreichten, sein Ohr, die Unterseite seiner Wange. Er weinte weiter, völlig

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