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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luis Algorri
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Josés Schulter.
    »Wo könnte das mit dem cum stehen?«, fragte er.
    Ohne den Blick von mir zu wenden, schloss Ana das Fenster. Dann drehte sie sich um und verschwand in Richtung der Galerie.
    »Javier, wo steht das mit dem cum ?«
    Ich hörte eilige Schritte im Vestibül, dann fiel die Wohnungstür geräuschvoll ins Schloss.
    »Steht's nicht im Kapitel über die Präpositionen?«
    »Ja stimmt, da müsste es stehen.«
    Ich steckte mir eine Zigarette an. Als ich sie im Aschenbecher ablegte, merkte ich, dass die vorherige in noch fast voller Länge vor sich hin qualmte.
    »Steht das jetzt hier dabei?«
    Ich zerdrückte die erste Zigarette auf dem Boden des Aschenbechers.
    »Nein, drei Seiten weiter. Präpositionen mit Konjunktiv.«
    Ich legte José wieder meine Hand auf die Schulter.

    Sie war eingemummelt in meinen alten Anorak und sprach kaum ein Wort. Ich rauchte pausenlos und schwieg ebenfalls.
    Die Nächte waren schon kühl, obwohl in den Park vor meinem Haus der intensive Geruch nach stehendem Wasser vom Fluss ebenso noch heraufstieg, wie das Gequake der Frösche.
    Ana und ich gingen gerne nach dem Abendessen spazieren; da gab es Pärchen, die sich im Schatten der Bäume versteckten und Leute, die Hunde ausführten. Bevor wir zur Brücke kamen, setzte Ana sich auf einen Steinvorsprung und schaute auf die gelben Lichter der Laternen. Nach einer Weile wandte  sie sich mir zu. »Warum wolltest du, dass ich mir einen Bubikopf schneiden lasse?«
    Ich antwortete nicht sofort.
    »Weil du mir so besser gefällst.«
    »Gefalle ich dir so besser, weil ich wie ein Junge aussehe?«
    »Worauf willst du hinaus?«
    Ich sah, wie ihre Unterlippe bebte. Das geschah immer, wenn sie sehr nervös war.
    »Ich habe euch gesehen, Javi, ich habe euch vom Fenster aus gesehen.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Ihr habt euch geküsst!«
    »Das ist eine Lüge«, meine Stimme war messerscharf.
    »Aber ich hab euch doch gesehen!«
    »Du kannst nicht gesehen haben, wie wir uns küssten, aus dem einfachen Grund, weil wir uns nicht geküsst haben. So schlicht.«
    »Und was habt ihr statt dessen gemacht?«
    »Es sind noch neun Tage bis zu den Prüfungen und wir sind beide sehr angespannt. Ich habe mich über deinen Bruder aufgeregt, weil er eine Latein-Übersetzung nicht fertig gemacht hatte und habe ihm Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen. Er war ganz aufgelöst und hat mich umarmt.
    Am Ende heulten wir beide wie die Schlosshunde. Das war es, was du gesehen hast. Und mehr konntest du nicht sehen, weil mehr nicht war.«
    Ana wischte sich mit dem Anorakärmel eine Träne ab.
    »Sagst du mir die Wahrheit?«
    Ich setzte mich neben sie und nahm ihre Hand.
    »Erinnerst du dich, was ich dir an meinem Geburtstag gesagt habe, als wir vom Moped abgestiegen sind?«
    »Ja. Dass du nie lügen würdest.«
    »Genau.«
    Sie seufzte und begann in den Jackentaschen nach Tabak zu suchen.
    »Na gut, dann sagt mir jetzt eins: Stehst du auf Jungs?«
    Ich habe dir gerade gesagt, dass ich dich nicht belügen werde. Also wenn du mich liebst, wirst du mich nehmen müssen, wie ich bin, dachte ich. Meine Hände schwitzten.
    »Es gibt Jungs, die mir gefallen, aber nicht alle. So wie mir auch nicht alle Frauen gefallen, sondern nur bestimmte.«
    »Ach so. Verstehe.«
    Sie heulte nicht, sie schrie nicht, sie sah mich nicht einmal an. Sie blieb still neben mir sitzen, mit einem ausdruckslosen Gesicht, den Blick irgendwo in der Ferne verloren.
    »Hast du schon mal mit einem Jungen geschlafen?«
    »Ja, hab ich.«
    »Mit José?«
    »Nein. Mit José nicht.«
    »Na gut«, sie atmete tief durch, »ich habe auch schon mal mit einem Mädchen geschlafen.«
    Sie sagte das mit völlig ruhiger Stimme. Mir verschlug es den Atem.
    »Wunderst du dich?«, fragte sie lächelnd.
    »Na ja... also... mir wäre das – offen gestanden – nie in den Sinn gekommen.«
    »Mir wäre es auch nie in den Sinn gekommen, dass du dich in diesen Trottel von meinem Bruder verlieben könntest, Javi.«
    »Dein Bruder ist kein Trottel. Dein Bruder fühlt sich von allen verachtet, vor allem von dir, und leidet darunter ganz schrecklich, weil er ein so großes Herz hat.«
    »Und deshalb hast du dich in ihn verliebt?«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    Ana drehte sich zu mir, nahm meine beiden Hände in ihre und schaute mich an. Ich sah in ihren Augen, dass sie alles versuchte, um ihre aufsteigende Angst zu verbergen.
    »Javi, liebst du mich?«
    »Natürlich liebe ich dich. Ich liebe dich sehr. Wie kannst du

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