Du + Ich: Wir Zwei, 3 (Erotischer Roman)
zum fünften Mal zu vibrieren beginnt und sein Name angezeigt wird, ziehe ich mich in das erstbeste Zimmer zurück. Vadim soll nichts davon erfahren. Ich habe vor, diesen nervigen Anrufen endgültig ein Ende zu bereiten.
Möge die Kraft mit mir sein!
„Raphaël, du hast 30 Sekunden. Ich warne dich, das ist das letzte Mal, dass ich dir antworten werde.“
„Wie nett …“
„Nein, das ist es nicht. Weder für dich noch für mich! Weißt du, was wirklich nett wäre? Wenn du mich mein Leben leben ließest, ohne mich dabei jede Viertelstunde anzurufen! Hör auf, von der Vergangenheit zu sprechen, um bei mir Mitleid oder Schuldgefühle zu erwecken! Kümmere dich um deine Probleme und lass mich in Ruhe!“
„Willst du das wirklich?“
„Ja.“
„Ich werde es versuchen …“
„Falls nötig, werde ich mir eine andere Nummer zulegen, Raphaël. Und wenn du nicht aufhörst, werde ich zu radikaleren Maßnahmen greifen müssen. Ich habe beschlossen, einen Schlussstrich zu ziehen. Ich werde sonst noch verrückt, mir hat das alles einfach zu sehr wehgetan … Du musst meine Entscheidung respektieren.“
Ich lege auf, bevor er noch irgendetwas sagen kann. Ich habe keine Lust mehr, zum tausendsten Mal zu hören, wie schön das Leben vorher war, dass wir eine Familie gründen wollten, dass er seine Hoffnungen darauf gesetzt hatte, dass er sich eine schöne Zukunft für uns vorstellte … Ich habe gelernt, diese Art von Gedanken auszuschalten. Ich muss mich auf die Gegenwart konzentrieren, auf mein wiedergefundenes Glück, auf die Möglichkeit, dass Vadim mir eines Tages all das schenkt, wovon ich schon immer geträumt habe.
Ich lösche diesen Anruf aus meiner Telefonliste – man weiß ja nie … – und will gerade das Büro verlassen, aber das wäre ja zu einfach … Meine legendäre Ungeschicklichkeit stellt sich mir in den Weg. Ich stolpere über den Teppich und halte mich so gut ich kann an einem alten Schrank fest. Unter dem Druck geht die Tür auf und ich entdecke eine Reihe beiger Ordner, auf denen „Jane und Volodia“ und jeweils ein Jahr steht. Von 1998 bis 2013. Ich sollte das nicht tun. Das geht mich nichts an. Er könnte sehr wütend auf mich sein.
Nur ein kurzer Blick …
Das, was ich sehe, dreht mir den Magen um. Im ersten Ordner von 1998 finde ich Zeitungsartikel, offizielle Dokumente, verschiedene Notizen. All diese Papiere umfassen dieselbe Geschichte. Volodia Arcadi und Jane Howard King wurden 1984 auf offener Straße auf grausame Weise ermordet. Vor den Augen ihres dreijährigen Sohnes. Seit 29 Jahren sucht dieses Waisenkind unermüdlich den Schuldigen für dieses blutige Verbrechen.
3. Kurzer Prozess
Mein Herz rast. Ich stelle den Ordner wieder zurück, lasse mich auf den Boden fallen und versuche dabei, meinen Herzschlag zu ignorieren. Diese grauenvolle Entdeckung hat mich zutiefst geschockt. Ich muss gegen meine Tränen ankämpfen. Das ist egoistisch. Unnötig. Ich sollte an ihn denken, an seinen Kummer und seine Wut, anstatt mich von meinen eigenen Gefühlen überrumpeln zu lassen. Tief durchatmen. Aufstehen. Dieses Büro verlassen.
Auf drei, Alma! Ein, zwei …
Ich liebe ihn so sehr, dass es mir das Herz bricht, wenn ich daran denke, dass er diese Bürde mit sich herumträgt. Vadim war erst drei Jahre alt, er war noch ein Kind! Er hat gesehen, wie seine Eltern vor seinen Augen auf der Straße zusammenbrachen. Er hat das Grauen, die Gewalt gesehen. All die Jahre hat er das für sich behalten. Mir hat er nie etwas davon erzählt. Ich habe den Eindruck, ihn fast nicht zu kennen. Ich weiß so vieles nicht über ihn … Glaubt man der Dicke dieser Ordner, so jagt mein Vorstandsvorsitzender den Schuldigen seit 15 Jahren verzweifelt. Solange diese Aufgabe nicht erfüllt ist, wird er sich weiter darauf konzentrieren …
Wie weit wird er wohl gehen?
Nächste Frage …
„Hast du dich verlaufen?“, fragt er mich, als er wie aus dem Nichts auftaucht, mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht.
Seine Augen wenden sich von meinem Gesicht ab und blicken sofort zum halb offenen Schrank. Er verkrampft sich, sein Blick verfinstert sich, sein Lächeln verzerrt sich. Ich springe auf und will ihm erklären, dass das alles keine Absicht war.
„Vadim, ich habe nicht gestöbert, ich … Der Schrank ist aufgegangen … Es tut mir leid …“
„Hast du sie angesehen?“, fragt er mich und starrt auf die Ordner.
„Nur einen …“
„Welchen?“
„Ist das wichtig,
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