Du + Ich - Wir Zwei, 4
mich nicht. Ich habe einfach zu sehr Angst davor, dass ich ihm nicht fehle …“, gestehe ich. Meine Kehle ist zugeschnürt.
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Die Qual hat jetzt lange genug gedauert! Wenn du deinen Hintern nicht bewegst, werde ich an deiner Stelle zu ihm gehen!“
„Morgen. Ich werde morgen mit ihm sprechen.“
„Nein, heute Abend noch! Hopp, auf geht’s zum Kleiderschrank!“, ruft sie vergnügt und zerrt mich mit Gewalt vom Sofa hoch.
„Und was, wenn er nicht da ist? Er gehört nicht zu der Sorte Menschen, die sich Freitagabend in ihre vier Wände zurückziehen!“, kontere ich, nachdem ich ihr hinterhergelaufen bin.
„Dann wartest du einfach an der Rezeption auf ihn, bis er kommt! Verstanden, Lancaster?“, befiehlt sie mir und inspiziert meine Kleider.
„Bitte kein sexy Teil, Lily. Eine Jeans tut es auch!“
„Ja, und was sonst noch? Zwei Zöpfe, eine Latzhose und Moonboots?!“
Es hat sowieso keinen Zweck, Widerstand zu leisten … Meine Schwester, dieser süße Tyrann …
Ich bin genauso erstaunt wie er, als er die Tür aus dunklem Holz öffnet und sich unsere Blicke treffen. Diese grauen Augen … Ich könnte stundenlang darin versinken. Vadim lächelt mich etwas an und weicht zurück, damit ich eintreten kann. Ich seufze erleichtert auf. Mit einem leichten Schritt geht er zur Bar und holt eine Flasche Scotch hervor. Mit einer leichten Kopfbewegung bietet er mir ein Glas an, aber ich lehne mit einer Handgeste ab.
Nie wieder Alkohol …
Wir sprechen kein Wort. Aus der Ferne beobachte ich meinen Vorstandsvorsitzenden, der gerade den ersten Schluck nimmt. Er trägt eine helle, perfekt geschnittene Hose und ein zerknittertes, nur halb zugeknöpftes weißes Hemd; seine Füße sind nackt, sein Haar zerzaust. Mir kommt es so vor, als ob ich das alles geträumt hätte. Es ist noch nicht einmal 22 Uhr.
„Hast du schon geschlafen?“, frage ich schließlich, um das Schweigen zu brechen.
„Ja. Ich kann nachts nicht schlafen … Ich habe Schlafstörungen …“
Er auch?
„Wenn ich dich störe, kann ich auch …“
„Nein, bleib.“
„Bist du dir sicher?“
„Alma, geh nicht.“
Der Blick, den er mir zuwirft, haut mich um. Er ist voller Emotionen, Sanftmut, Verwundbarkeit. Dann lässt seine Aufmerksamkeit nach und ich atme wieder auf. Er trinkt einen zweiten Schluck, während er das Gesicht verzieht und das Glas wieder auf die Marmoroberfläche der Bar stellt.
„Du siehst wunderschön aus. Kommst du gerade von einem Essen? Gehst du zu einer Party?“, fragt er mich und mustert meine Kleidung mit seinen Augen.
„Nein. Lily …“, antworte ich nur und breite die Arme etwas aus.
Er versteht, lächelt. Dann beißt er sich auf die Lippen. Dritter Schluck.
„Konntest du einen Schlussstrich ziehen?“
Ohne nachzudenken, habe ich das Thema angeschnitten. Ich bin hierhergekommen, um Antworten zu bekommen, nicht um ihm immer wieder zu verfallen. Ich muss aus diesem Benommenheitszustand heraus, ich muss aufhören, ihn immer mehr zu bewundern und zu lieben. Seine Schönheit packt mich, sein Geruch betört mich, seine Körperhaltung bringt mich aus der Ruhe, macht mich verrückt. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich ihm noch widerstehen kann, ob mir seine Antwort gefällt, ob er zu mir sagt, dass es zwischen uns vorbei ist.
„Was willst du hören, Alma? Wie soll ich dich nicht mehr lieben?“, fragt er und krempelt seine Ärmel hoch, um sich nach außen hin gelassen zu geben. „Zwölf Jahre versuche ich es jetzt schon, aber ich schaffe es einfach nicht. Ich bin verrückt nach dir, du gehst mir nicht aus dem Kopf, du lässt mir keine Ruhe … Tag und Nacht …“
Na endlich … Da sind sie ja … die Schmetterlinge im Bauch. Sie fliegen umher, schlagen mit ihren Flügeln und breiten sich in meinem tiefsten Inneren aus. Es fühlt sich gut an. Mehr als das. So gut, dass es schon fast wehtut. Ich gehe langsam auf ihn zu. Er bewegt sich nicht. Seine stechenden Augen beobachten jede meiner Gesten genau.
„Du liebst mich … Ich liebe dich … Warum sollen wir also dagegen ankämpfen?“, flüstere ich und versuche, nicht schneller zu werden.
„Scheiße, was machst du mit mir? Woher kommt diese verdammte Macht, die du über mich ausübst?“, fragt er wütend und trinkt einen vierten und letzten Schluck.
„Ich weiß es nicht … Die Chemie vielleicht …“, flüstere ich. Uns trennt nur noch ein Meter voneinander.
„Scheiß Chemie … Sie macht mein Leben kaputt
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