Du + Ich - Wir Zwei, 4
aus. „Ich habe den Verstand verloren, ich hätte dir vertrauen sollen …“
„Vertrauen … Das ist so eine Sache bei dir“, flüstert er.
„Keine Geheimnisse und Lügen mehr! Ich schwöre es! Ich hätte dir alles über Raphaël und das Baby erzählen sollen, aber ich wollte das alles vergessen. Das wird mir nicht noch einmal passieren. Ich werde dir nichts mehr verheimlichen! Gib mir noch eine Chance. Eine letzte“, flehe ich ihn an und gehe auf ihn zu.
Meine Hände versuchen, sein Gesicht zu berühren, aber seine halten meine davon ab. Ich träumte davon, mich in seine Arme fallen lassen zu können, mich an ihn zu kuscheln, sein himmlisch duftendes Aftershave zu riechen, aber der Mann, den ich liebe, stößt mich von sich weg. Sanft, ohne Zorn.
„Alma, ich muss einen Schlussstrich unter dieses Kapitel ziehen. Ich muss nachdenken …“
„Nein, du musst mit mir zusammen sein! Wir können nicht ohne einander leben. Ich habe es versucht. Es ist unmöglich!“, erwidere ich schluchzend.
„Versuch es noch einmal. Du wirst sehen, wir werden uns damit abfinden können … Oder wir werden zumindest lernen, damit leben zu können.“
Die Emotionen zeichnen sich auf seinem wunderschönen Gesicht ab. Er bezieht sich auf unsere Trennung vor zwölf Jahren, als ich ihn von einem Tag auf den anderen ohne Vorwarnung und ohne Erklärung verlassen habe. „Damit leben können.“ In Wahrheit kann ich nicht damit leben.
„Ich will es nicht versuchen, Vadim. Ohne dich halte ich es nicht aus. Ich schaffe das nicht!“, stammle ich. Ich bin völlig aufgewühlt.
„Alma, gib mir Zeit.“
„Wie lange? Einen Tag? Eine Woche? Einen Monat?“
„Ich weiß es nicht, aber jetzt musst du wirklich gehen …“
Ich glaubte, eine Art Schluchzen aus seiner Stimme herauszuhören. Eine unterdrückte Traurigkeit, eine versteckte Sehnsucht. Sekunde für Sekunde bricht mir das Herz immer mehr, und mir wird klar, dass er recht hat. Ich muss gehen … Das ist die einzige Lösung. Ich wische mir meine Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht und werfe ihm einen letzten Blick zu. Dann verlasse ich die Suite, ohne noch ein Wort zu sagen. Warum auf stur schalten? Alles ist gesagt.
Wir haben fast eine Woche nicht miteinander gesprochen. Nicht wirklich. Wir haben nur ein paar Worte in Meetings gewechselt und Zahlen, Bilanzen sowie Termine ausgetauscht … Das zählt nicht. Ich kann ihm noch so oft jeden Tag über den Weg laufen, noch so oft sein nach Moschus duftendes Aftershave riechen, noch so oft seine warme und männliche Stimme hören und immer wieder Wut, Traurigkeit und Sehnsucht von seinen Augen ablesen, wenn er mich in der Öffentlichkeit ansieht … Er fehlt mir so sehr. Ich vermisse sein schelmisches Grinsen, seinen intensiven Blick, seine mich berührenden Hände, seine gierigen Lippen …
Bin ich ein Masochist, oder was? Warum denke ich wieder an all das?
Weil nichts anderes wichtiger ist …
Es ist schon fast 21 Uhr, als Maximilian ungebeten in meinem Büro auftaucht und mich plötzlich aus meinen Gedanken reißt. Dieser rote Faden, der mit V beginnt und mit M endet, und der mich zermürbt, mich bedrückt, mich verzweifeln lässt … Ich fühle mich so einsam wie noch nie.
„Alma, machen Sie Überstunden?“, fragt der Assistent, nachdem er die Tür einen Spalt weit geöffnet hat. „Darf ich Sie zwei Minuten stören?“
„Ja, kommen Sie herein. Was machen Sie noch hier?“
„Ich wurde versetzt … Und deshalb wollte ich mit damit trösten …“
Russian Standard
: Die Marke einer Wodkaflasche, die er mir unter die Nase hält. Er stellt zwei Gläser auf den Tisch und schenkt den hochprozentigen Alkohol ein.
„Russischer Alkohol … Welche Ironie des Schicksals“, sage ich, ohne nachzudenken.
Reiß dich zusammen, verdammt noch mal! Er weiß nichts über Vadims Vergangenheit!
„Ironie? Wie das?“, fragt er und ist plötzlich neugierig.
„Vergessen Sie’s. Ich bin abgeschweift. Wie sagt man noch gleich dort drüben?
Na zdrowie
?“, erwidere ich schnell und hebe mein Glas.
„
Na zdrowie!
“
Die Minuten und Stunden vergehen. Wir sprechen über Gott und die Welt, während wir den Wodka langsam und mit Genuss trinken. Maximilian erzählt mir mehr von sich, von seiner schwierigen Kindheit, seiner Orientierungslosigkeit im Leben bis zu diesem Job als Assistent, der ihn „wieder auf den rechten Weg“ brachte. Bisher sah ich ihn nur als einen privilegierten Jungen, den das Leben verzogen – ja, sogar
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