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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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keinen Mucks von mir gab. Ein typischer Dick-Ausdruck!
    Patrik saß über sein liniertes Blatt gebeugt und zeichnete einen Soldaten mit Helm. Auf die eine Seite des Helmes zeichnete er zwei parallele Blitze. Der Soldat sah aus wie William.
    Leila saß still da, die rechte Hand gerade hochgereckt, als zeigte sie zum Himmel. Sie war die Einzige, die sich meldete.
    »Und was sagt Madeleine?«, fragte Lundin.
    Madeleine biss sich auf die Lippe.
    »Madeleine!«, wiederholte Lundin eindringlicher. »Erzähl uns, woran du denkst.«
    Leila schnipste mit den Fingern.
    Ludde riss die Tür auf. Er wirkte verschlafen und schlappte zu seinem Platz.
    »Guten Morgen, Ludvig«, sagte Lundin.
    Ludde ließ sich auf seinen Stuhl sinken und hängte sich über den Tisch.
    »Viertausend«, sagte Madeleine und schaute zur Decke. »Viertausend!«, wiederholte sie, als wollte sie einen Gedanken festhalten, der zu entwischen drohte.
    Lundin nickte ihr aufmunternd zu.
    »Sind Marc und Tubal nicht da?«, rief Ludde, bekam aber keine Antwort. »Sind Marc und Tubal da?« Jetzt klang Luddes Stimme wütend, als sei irgendjemand daran schuld, dass Tubal und Marc nicht anwesend waren.
    »Die Zinsen betragen fünf Prozent«, fuhr Madeleine fort und runzelte die Stirn.
    Ludde stand auf, schlurfte zur Tür, öffnete sie und verschwand im Flur. Die Tür fiel mit einem Knall ins Schloss, der den Boden erzittern ließ.
    Ich meldete mich.
    Lundin sah aus, als glaubte sie, ich wollte um sie anhalten.
    Leila schaute mich an.
    Da begann die Sirene zu heulen, laut und ausdauernd. Lundin am Katheder erstarrte, verdrehte die Augen, reckte den Hals, breitete die Arme aus und zeigte zur Tür.
    »Raus, jetzt gehen wir raus!«
    Malin und Jessica meckerten.
    »Es regnet!«
    »Das ist gemein, man wird ja ganz nass!«
    »Raus! Raus! Raus!«, rief Lundin, und die ganze Klasse war auf den Beinen. Ich drängte mich zusammen mit Patrik, der sein Blatt sorgfältig zusammenfaltete und in die Tasche steckte, zur Tür hinaus.

    28

    In der Pause ging ich zum Direktor. Die Tür zum Empfang war offen. Der Direktor stand an seinem Schreibtisch und telefonierte. Ich klopfte an den Türrahmen, und er drehte sich zu mir um und hielt die Handfläche hoch, wie ein Stoppzeichen.
    »Vierundvierzig Kameras«, sagte er. »Es ging um vierundvierzig Kameras, nicht um zweiunddreißig!«
    Dann schwieg er und hielt erneut die Handfläche hoch.
    »Wir haben eben wieder einen Alarm gehabt, wir brauchen sie wirklich.«
    Er winkte mich herein. Ich betrat den Raum und schloss die Tür hinter mir. Das Fenster stand halb offen, auf dem hellgrauen Teppich war ein kleiner dunkler Fleck. Es hatte hereingeregnet.
    »Wir müssen heute Nachmittag darüber reden. Ich will die Kameras als einen Punkt auf der Tagesordnung haben. Genau! Genau!«, schnaubte er nach einem kurzen Schweigen. »Richtig! Bis dann!«
    Er legte auf und wandte sich mir zu. Das Jackett hatte er ausgezogen und den Krawattenknoten gelockert. Beide Computer auf dem Schreibtisch waren eingeschaltet.
    »Setz dich!«
    Er zeigte auf das Sofa, und ich setzte mich auf denselben Platz, wo ich gestern gesessen hatte. Er ließ sich auf dem Stuhl mir gegenüber nieder.
    »Ich habe mit Sara gesprochen«, sagte er und räusperte sich.»Sie hat deine Version von dem, was sich gestern auf dem Flur abgespielt hat, bestätigt. Aber sie will, dass das unter uns bleibt. Sie möchte nicht, dass es herauskommt, falls du verstehst, was ich meine.«
    »Herauskommt?«, sagte ich.
    »Sie möchte nicht, dass es bekannt wird«, verdeutlichte der Direktor. »Dass sie bestätigt, was du gesagt hast. Deine Klassenkameraden möchten das übrigens auch nicht. Niemand will genannt werden, aber deinen Bericht bestätigen alle.«
    »Sie glauben also nicht mehr, dass ich Rassist bin?«
    »Von deinen Ansichten weiß ich nichts«, sagte der Direktor. »Ich versuche mir nur ein Bild von dem zu verschaffen, was wirklich passiert ist.«
    »Gestern waren Sie von meiner Ansicht überzeugt«, sagte ich.
    »Das war gestern. Heute weiß ich es besser. Bist du nass geworden?«
    Ich kniff in meine Jeans.
    »Hoffentlich erkältest du dich nicht«, sagte er.
    »Haben Sie vielleicht einen Schirm?«, fragte ich.
    Er seufzte.
    »Hast du Tubal heute schon gesehen?«
    »Er scheint nicht in der Schule zu sein.«
    »Sobald er auftaucht, müssen wir ein Vermittlungsgespräch machen. Das halten wir immer so, wenn es Konflikte gegeben hat.«
    Er sah aus, als hätte er das Wort

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