Du oder das ganze Leben
den
Stuhl neben ihm und schelte mich insgeheim einen Dummkopf, weil ich gedacht habe, zwischen uns könnte sich etwas geändert haben. Dann ziehe ich das schwere Chemiebuch aus meiner Tasche.
»Hey, seht mal, Fuentes ist in unserer Klasse!«, ruft ein Typ aus dem hinteren Teil des Raumes. »Alex, hier rüber, ven pa’ca .«
Ich versuche nicht allzu sehr zu glotzen, als Alex seinen Freunden zur Begrüßung auf den Rücken haut und dann einen Handschlag mit ihnen tauscht, der zu kompliziert ist, als dass man ihn beschreiben könnte. Sie sagen alle › ese ‹ zu einander, was immer das heißt. Alex’ Gegenwart im Klassenzimmer zieht sämtliche Blicke magisch auf sich.
»Ich hab gehört, er ist letztes Wochenende verhaftet worden, weil er Meth dabeihatte«, flüstert Colin mir zu.
»Nicht wahr.«
Er nickt bekräftigend und hebt die Augenbrauen. »Und ob.«
Diese Story dürfte mich eigentlich nicht überraschen. Ich habe gehört, die meisten Wochenenden ist Alex völlig zugedröhnt von Alkohol und Drogen und dreht irgendwelche illegalen Dinger.
Mrs Peterson schließt die Klassentür mit einem Knall und sämtliche Augenpaare lösen den Blick von der Szene im hinteren Teil des Raums, wo Alex und seine Freunde sitzen, und richten ihn nach vorn, wo Mrs Peterson steht. Sie hat hellbraunes Haar, das zu einem straffen Pferdeschwanz gebunden ist. Die Frau ist wahrscheinlich Ende zwanzig, aber die Brille und ihr strenger Blick lassen sie um einiges älter erscheinen. Angeblich soll sie so tough geworden sein, nachdem ein paar Schüler sie gleich im ersten Jahr zum Heulen gebracht haben. Sie hatten keinen Respekt vor einer Lehrerin, die so jung war, dass sie ihre große Schwester hätte sein können.
»Guten Tag und willkommen im Chemiekurs der Abschlussklasse.
« Sie setzt sich auf die Kante ihres Pults und öffnet eine Mappe. »Schön, dass ihr euch alle einen Platz ausgesucht habt, aber ich ziehe es vor, meine eigene Sitzordnung aufzustellen … und zwar nach dem Alphabet.«
Ich stöhne mit dem Rest der Klasse im Chor, aber Mrs Peterson verliert keine Zeit. Sie stellt sich vor den ersten Labortisch und sagt: »Colin Adams, setz dich bitte in die erste Reihe. Deine Partnerin ist Darlene Boehm.«
Darlene Boehm ist Zweite Cheerleaderin und damit mein Vize. Sie wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, als sie sich auf den Stuhl neben meinen Freund gleiten lässt.
Mrs Peterson arbeitet sich durch die Namensliste und die Schüler schlurfen widerwillig zu den ihnen zugewiesenen Plätzen.
»Brittany Ellis«, sagt Mrs Peterson und deutet auf den Tisch hinter Colin. Ich nehme ohne große Begeisterung auf dem Stuhl an dem mir zugewiesenen Labortisch Platz.
»Alejandro Fuentes«, sagt Mrs Peterson und zeigt auf den Stuhl neben meinem.
Oh mein Gott. Alex … ist mein Chemiepartner?! Für den Rest des Schuljahres? Hilfe! Das ist dermaßen daneben. Das ist so was von gar nicht okay. Ich sehe Colin um Hilfe flehend an, während ich versuche, die Panik in den Griff zu bekommen, die mich zu überwältigen droht. Ich hätte definitiv zu Hause bleiben sollen. Im Bett. Unter der Decke. Vergesst das mit dem Nicht-einschüchtern-Lassen.
»Nennen Sie mich Alex.«
Mrs Peterson sieht von ihrer Namensliste hoch und betrachtet Alex über den Rand ihrer schmalen Brille hinweg. » Alex Fuentes«, sagt sie, bevor sie seinen Namen auf ihrer Liste ändert, »nimm bitte das Kopftuch ab. In meiner Klasse herrscht eine Null-Toleranz-Politik. Gang-Accessoires sind in diesem
Zimmer nicht gestattet. Unglücklicherweise eilt dein Ruf dir voraus, Alex. Dr. Aguirre unterstützt meine Null-Toleranz-Politik zu einhundert Prozent. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Alex starrt sie wütend an, bevor er das Bandana abnimmt. Darunter kommen Haare zum Vorschein, die genauso rabenschwarz sind wie seine funkelnden Augen.
»Unter dem Ding versteckt er seine Läuse«, murmelt Colin Darlene zu, aber ich höre ihn trotzdem und Alex ebenso.
» Vete a la verga «, fährt Alex Colin mit blitzenden Augen an. » Cállate el hocico .«
»Was immer, Kumpel«, entgegnet Colin und dreht sich wieder nach vorn. »Er kann noch nicht mal Englisch.«
»Colin, das reicht. Alex, setz dich.« Mrs Peterson nimmt den Rest der Klasse ins Visier. »Das gilt auch für alle anderen. Ich kann nicht kontrollieren, wie ihr euch außerhalb dieses Raumes benehmt, aber in dieser Klasse bin ich der Boss.« Sie wendet sich wieder Alex zu. »Habe ich mich klar ausgedrückt?«
» Sí
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