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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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flattern. Am 17. Mai 2011, kurz nach Beginn des Aufstands, wurde im deutschen Fernsehen sogar ein alter Film aus dem Irak als syrische Realität verkauft. Auf ABC Australia lief im Frühjahr 2011 ein Film aus dem Libanon des Jahres 2008 als Syrien-Reportage. Diese Liste lässt sich bis heute fortsetzen.
    Massaker-Marketing
    Berichte des Regimes schafften es nur selten in die Schlagzeilen der Medien. Das gelang in der Regel nur Meldungen der Rebellen. Vor allem, wenn sie von Massakern handelten. Oft wurden diese schamlos übertrieben. Als ob es nötig wäre, die grauenvollen Morde auch noch aufzubauschen. Mehrere Fälle dieses zynischen Massaker-Marketings, das bis heute andauert, habe ich wochenlang recherchiert. Zwei will ich hier schildern.
    Das Massaker von Al-Khalidiya
    Kurz vor einer wichtigen Abstimmung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen kam es am 3. Februar 2012 spätabends im Homser Stadtteil Al-Khalidiya zu schweren Kampfhandlungen. Die »lokalen Koordinationskomitees« ( LCC ) der Opposition meldeten, dass bei Bombenangriffen der Regierung »200 bis 260 Märtyrer« und bei der Erstürmung eines Krankenhauses weitere 50 Menschen umgebracht worden seien. Auf manchen Websites wurde sogar von 416 toten Zivilisten und 1300 Verwundeten berichtet.
    Präsident Barack Obama erklärte gegenüber der Weltöffentlichkeit, die syrische Regierung habe »in Homs Hunderte syrische Bürger einschließlich Frauen und Kinder ermordet«.
    Als die Sicherheitsratssitzung vorbei war, korrigierten die oppositionellen LCC ’s die Zahl der Opfer auf 55. Der amerikanische Präsident korrigierte nichts.
    In Wirklichkeit hatte Folgendes stattgefunden: Am 3. Februar griffen zu später Stunde Aufständische einen Checkpoint vor Al-Khalidiya an. Dabei wurden vier Militärfahrzeuge in die Luft gesprengt. Mehrere Soldaten starben. Die Sicherheitskräfte begannen daraufhin, Wohngebiete Al-Khalidiyas, in denen sie die Rebellen vermuteten, mit Raketen und Granaten zu beschießen. Rebellen und Zivilisten wurden getötet. Im Gegenzug exekutierten die Rebellen zwölf gefangene alawitische Zivilisten, die sie einige Tage zuvor entführt hatten.
    Die Toten dieses Gefechts, Soldaten, Rebellen und Zivilisten, wurden wie gewohnt gefilmt und auf Al-Dschasira und Al-Arabiya als zivile Opfer des Regimes präsentiert. Die alawitischen Familien sahen auf diese Weise erstmals ihre entführten und ermordeten Angehörigen wieder. Dann nie mehr.
    Schätzungen mehrerer Homser Kontaktpersonen gehen nach intensiven Recherchen von insgesamt 35 Toten aus. Das ist noch immer eine schreckliche Zahl. Aber sie unterscheidet sich deutlich von den 200 bis 260 getöteten »Zivilisten«, die die Rebellen gemeldet hatten. Auch Barack Obama lag völlig daneben. 61
    Das Massaker von Al-Tremseh
    Am 12. Juli 2012 kam es nach Pressemeldungen in Al-Tremseh bei Hama zu einem weiteren Massaker. Diesmal während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu Syrien.
    Die »Freie Syrische Armee« ( FSA ) meldete 200 Tote. Der »Revolutionsrat« von Hama sprach von 220 Toten und Massenhinrichtungen. Der »Syrische Nationalrat« in Istanbul erhöhte die Zahl auf 350 Tote. Außenministerin Hillary Clinton erklärte am 13. Juli, »diese glaubwürdigen Berichte« seien der »unbestreitbare Beweis, dass das Regime absichtlich unschuldige Zivilisten ermordet«.
    Inzwischen ist belegt, dass in Al-Tremseh kein gezieltes Massaker an Zivilisten, sondern ein schweres Gefecht zwischen Regierungstruppen und Rebellen stattgefunden hatte. Dabei waren rund 70 Soldaten, Rebellen und Zivilisten gestorben.
    UN-Sprecherin Sausan Ghosheh erklärte am 14. Juli, der Angriff auf Al-Tremseh habe wohl doch »speziellen Gruppen und Häusern gegolten, in denen sich Deserteure und Aktivisten aufgehalten hätten«. Die BBC räumte ein, die neueren Erkenntnisse widersprächen früheren Berichten der Rebellen von einem Massaker an Zivilisten. Das Ganze entspreche eher der Stellungnahme der Regierung, dass es sich um einen Angriff auf »Terroristennester« und Rebellenverstecke gehandelt habe. 62
    Die »Freie Syrische Armee« korrigierte am 16. Juli ihre hohen Opferzahlen drastisch nach unten. Man habe versehentlich die Verwundeten als Tote mitgezählt. Die Weltöffentlichkeit hat hiervon nie etwas erfahren.
    Mich erschütterte jedes dieser Ereignisse. Egal, wer die Toten waren. Auch 70 im Krieg getötete Menschen waren eine schreckliche Katastrophe. Mit jedem Einzelnen starb eine kleine Welt. Das Aufblähen dieser

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