Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht
Tränen schnell weg. »Eines Tages saß ich in meiner Klasse, und die Polizei kam, um mir mitzuteilen, dass Dad bei dem Versuch, einem gestürzten Motorradfahrer auszuweichen, in einen LKW gekracht war. Sie waren alle tot. Mum. Dad. Beth. Ich hatte meine Eltern verloren, und ich hatte ein kleines Mädchen verloren, das ich noch nicht einmal richtig hatte kennenlernen dürfen. Aber ich weiß genug von ihr, um zu wissen, dass ich sie angebetet hatte. Ich weiß, dass sie weinte, wenn sie ihren Lieblingsteddy nicht bei sich hatte – diesen schäbigen alten braunen Bären mit dem blauen Band um den Hals, der früher mir gehört hatte und immer noch nach mir roch. Sein Name war Ted. Originell, ich weiß. Ich weiß, dass sie einen erlesenen Musikgeschmack hatte, weil man nur ›Mmmbop‹ von Hanson spielen musste, damit sie aufhörte zu weinen.« Die Erinnerung entlockte mir ein trauriges Lachen. »Ich weiß, dass ich, wenn ich einen schlechten Tag hatte, sie nur auf den Arm nehmen, sie an mich drücken und ihre Wärme spüren musste, und schon sah alles wieder heller aus …
Ich drehte durch, als ich sie alle verlor. In meiner ersten Pflegefamilie gab es sehr viele Kinder, so dass meine Pflegeeltern kaum Notiz von mir nahmen, was mir nur recht war, weil das hieß, dass ich tun und lassen konnte, was ich wollte. Das Einzige, was mich betäubte, war, allen möglichen Blödsinn zu machen, der bewirkte, dass ich mich wie ein Stück Scheiße fühlte. Ich verlor meine Jungfräulichkeit zu früh, trank viel zu viel. Nach Drus Tod hörte ich damit auf. Ich kam zu einer anderen Pflegefamilie auf der anderen Seite der Stadt. Sie hatten nicht viel Geld, aber es gab weniger Kinder, und ein Mädchen war ganz in Ordnung. Aber sie wünschte sich sehnlichst eine große Schwester …«
Ich sog den Atem ein, als die Schuldgefühle erneut über mir zusammenschlugen. »Ich wollte nicht für sie oder sonst irgendjemanden da sein. Sie brauchte jemanden, aber ich verweigerte ihr meine Hilfe. Ich weiß gar nicht, was aus ihr geworden ist, nachdem ich weg war.« Ich schüttelte den Kopf und seufzte. »Während ich dort war, ging ich im Lauf der Jahre auf eine Reihe von Partys. Nicht allzu viele allerdings. Und ich landete immer bei irgendeinem Typen, den ich nicht kannte und auch nicht kennenlernen wollte.« Wieder seufzte ich schwer. »Die Wahrheit lautet, dass ich jedes Jahr am selben Abend ausging. Zu einer Party, in eine Bar. Wohin, war mir egal, solange es mir half, zu vergessen. Ich habe meine Familie acht Jahre lang begraben, so getan, als hätte es sie nie gegeben, weil – wie du schon sagtest – es einfacher ist, so zu tun, als hätte ich sie nie gehabt, als mit dem Schmerz des Verlustes fertig zu werden. Jetzt erkenne ich, wie unfair das ihnen gegenüber war, gegenüber dem Andenken an sie.«
Ich biss die Zähne zusammen, um die Tränen zurückzuhalten, konnte aber nicht verhindern, dass sie auf Bradens Brust tropften. »Der einzige Abend, an dem ich es richtig krachen ließ, war der Jahrestag ihres Todes. Aber damit hörte ich auf, als ich achtzehn war. An diesem Abend ging ich auf eine Party, und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was passierte, nachdem ich dort angekommen bin. Ich wachte am nächsten Morgen auf und lag nackt mit zwei Typen im Bett, die ich nicht kannte.«
Braden fluchte verhalten. »Jocelyn.«
Er war noch nachträglich wütend, das wusste ich. »Glaub mir, so weit war ich auch schon. Ich konnte mich selbst nicht verstehen, fühlte mich beschmutzt, hatte Angst. Mir hätte alles Mögliche passieren können. Und sexuell …«
»Nicht.«
Angesichts seines drohenden Tons brach ich ab. »Ich ließ mich untersuchen, und die beiden Kerle hatten mir Gott sei Dank nichts angehängt. Aber ich habe danach mit keinem Mann mehr geschlafen. Erst wieder mit dir.«
Dafür drückte er mich erneut fest an sich.
»Ich höre vielleicht nie auf, mich vor morgen zu fürchten, Braden«, gestand ich ruhig. »Die Zukunft und das, was sie mir nehmen kann, machen mir Angst. Und manchmal raste ich aus, und diese Ausraster verletzen dann die Menschen, die mir am nächsten stehen.«
»Das verstehe ich. Ich kann damit umgehen. Du musst mir vertrauen.«
»Ich dachte, du wärst derjenige mit den Vertrauensproblemen?«, grollte ich.
»Ich vertraue dir , Babe. Du siehst dich nicht so, wie ich dich sehe.«
Ich malte ein kleines ›J‹ auf seine Brust. »Ich vertraue dir auch. Ich habe nur nicht erwartet, dass Ellie mich anlügen
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