Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Jonesy würde bestimmt gefasst werden, ehe er sich wieder in das sichere Büro der Gebrüder Tracker zurückziehen konnte, mit dem Schwarzen Brett und dem staubigen Fußboden und diesem einen schmutzverklebten Fenster hinaus in die Welt … nur dass dort vier halbmondförmige saubere Stellen in diesem Schmutz waren, nicht wahr? Stellen, wo einmal vier Jungen die Stirn dagegen gedrückt hatten, weil sie hofften, ein Bild zu sehen, das jetzt dort ans Schwarze Brett gepinnt war: Tina Jean Schlossinger, die ihren Rock hochhielt.
    Nein, es ging weit über seine Fähigkeiten, die Kontrolle wiederzuerlangen, und das nahm er besser so hin, so bitter es auch war.
    Aber vielleicht konnte er an seine Akten kommen.
    Gab es irgendeinen Grund dafür, das zu riskieren? Irgendeinen möglichen Vorteil? Vielleicht schon, wenn er gewusst hätte, was Mr. Gray wollte. Von einer Mitfahrgelegenheit einmal abgesehen. Und apropos: Wohin wollte er denn fahren?
    Die Antwort kam unerwartet, denn sie kam mit Duddits’ Stimme: Üdn. Issa Äi ill na Üdn.
    Mr. Gray will nach Süden.
    Jonesy ging einen Schritt von seinem schmutzigen Fenster mit Blick auf die Welt zurück. Dort draußen war jetzt sowieso nicht viel zu sehen – Schnee und schemenhaft dunkle Bäume. Der Schnee von heute Morgen war die Vorspeise gewesen, und nun kam der Hauptgang.
    Mr. Gray will nach Süden.
    Wie weit? Und wieso? Was sollte das alles?
    Zu diesen Fragen schwieg Duddits.
    Jonesy drehte sich um und sah mit Erstaunen, dass die Streckenkarte und das Bild des Mädchens nicht mehr am Schwarzen Brett hingen. Stattdessen hingen dort nun vier Farbfotos, Schnappschüsse mit je einem Jungen drauf. Der Hintergrund war immer der gleiche: die Junior High in Derry; und die Bildunterschrift auch: SCHULZEIT 1978. Jonesy selbst war ganz links, mit einem arglosen Grinsen von einem Ohr zum anderen, das ihm jetzt fast das Herz brach. Daneben Biber, und das Grinsen des Bibers entblößte die Zahnlücke in der Mitte; den Zahn hatte er sich bei einem Sturz vom Skateboard ausgeschlagen, und er war erst gut ein Jahr später ersetzt worden … jedenfalls, bevor er auf die Highschool kam. Pete mit seinem breiten Gesicht, dem olivfarbenen Teint und dem schändlich kurzen Haar, wofür sein Vater immer sorgte, der meinte, er habe nicht in Korea gekämpft, damit sein Sohn dann wie ein Hippie herumlaufe. Und schließlich Henry, Henry mit seiner dicken Brille, bei der Jonesy an Danny Dünn, den Kinderdetektiv, denken musste, den Held der Krimis, die Jonesy als kleiner Junge gelesen hatte.
    Biber, Pete, Henry. Wie hatte er sie geliebt, und wie unfair plötzlich waren ihre langjährigen Freundschaftsbande gekappt worden. Nein, das war alles andere als fair –
    Mit einem Mal erwachte das Bild von Biber Clarendon zum Leben, was Jonesy einen Heidenschreck einjagte. Biber bekam große Augen und sprach mit leiser Stimme: »Sein Kopf war ab, weißt du noch? Er lag im Graben, und seine Augen waren voller Schlamm. So ein Kackorama! Heilige Filzlaus!«
    O Gott, dachte Jonesy, als es ihm wieder einfiel: die Sache mit dem ersten Jagdausflug zu ihrer Hütte, die er fast vergessen hatte … oder verdrängt. Hatten sie alle es verdrängt? Vielleicht schon. Wahrscheinlich. Denn in all den Jahren seither hatten sie über alles in ihrer Kindheit gesprochen, über alle gemeinsamen Erinnerungen … nur über die eine nicht.
    Sein Kopf war ab … seine Augen waren voller Schlamm.
    Damals war etwas mit ihnen passiert, was mit dem zusammenhing, was jetzt mit ihm passierte.
    Wenn ich nur wüsste, was es war, dachte Jonesy. Wenn ich das nur wüsste.

2
    Andy Janas hatte die übrigen drei Wagen seiner kleinen Gruppe aus den Augen verloren – hatte sie weit zurückgelassen, weil sie, im Gegensatz zu ihm, nicht daran gewöhnt waren, bei so einem Scheißwetter zu fahren. Er war im nördlichen Minnesota aufgewachsen und war so etwas von klein auf gewöhnt. Er saß allein in einem der besseren Armeefahrzeuge von Chevrolet, einem umgebauten Pick-up mit Allradantrieb, und den hatte er heute Abend auch aktiviert. Er war ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen.
    Doch der Highway war größtenteils frei; ein paar Army-Schneepflüge waren die Strecke gut eine Stunde zuvor abgefahren (er würde sie bald einholen, schätzte er, und dann würde er abbremsen und wie ein braver Junge hinter ihnen herzockeln), und seither hatten sich nur fünf, sechs Zentimeter auf dem Beton niedergelassen. Das wahre Problem war der Wind, der die

Weitere Kostenlose Bücher