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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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werden?“
    Ich hatte mir schon ein bisschen was überlegt für meine Freunde. Jolanda zum Beispiel würde ich heuer einen Gutschein für einen Kutschenritt nach Serbien hinunter schenken, sie selbst hatte ja keinen Führerschein, und schon länger sprach sie davon, dass sie wieder mal ihre Familie dort unten besuchen müsste, um gewisse Angelegenheiten zu regeln, wie sie das nannte, wobei sie nie näher darauf einging, wer diese Familie war und was es dort für Angelegenheiten zu regeln gab. Vielleicht würde ich den Gutschein sogar selbst malen, das hatte ich mir jedenfalls auch schon überlegt. Wenn ich also noch einen Ziegel Speed für Lemmy auftreiben würde, dann hätte ich immerhin schon zwei Geschenke beisammen, und so früh vor Weihnachten hatte ich noch nie zwei Geschenke gehabt, das wäre dann Rekord.
    An Mannis Tankstelle vorbei bog ich ab, hinüber zum Hard & Heavy, schon von Weitem roch man die Gulaschsuppe, sie war feurig und heftig. Jolanda fuhr dort in ihrem Gasthaus im Winter einen alten Kohleofen auf Hochtouren, der die ganzen Penner der Umgebung anlockte, die sich dann bei ihr wärmten. Diese Freaks wussten überwiegend gar nicht mehr, dass Weihnachten vor der Tür stand, denn sie teilten ihr Leben nur noch in Kalt und Warm ein: Wenn sie irgendwo unterkriechen mussten, dann war es kalt und Winter, und wenn sie draußen ihre Latschen ausstrecken konnten, dann war es warm und Sommer. Ostern? Weihnachten? Nikolaus? Vergiss es! Man verliert einfach das Feeling für solche Tage, wenn man niemanden mehr hat, dem man etwas schenken kann, und vielleicht deswegen verzichteten die meisten hier aufs Duschen. Es stank jedenfalls immer ganz fürchterlich im Hard & Heavy, und nur wenn man die Gulaschsuppe ganz nah an die Nase hielt und möglichst alle paar Augenblicke am Bierglas nippte, konnte man es da drinnen überhaupt aushalten, und ab und zu ein Joint schadete bestimmt auch nicht.
    Normalerweise freute sich Jolanda sehr, wenn sie uns sah, aber heute war sie unzugänglich und missmutig. Frauen und Weihnachten, das ist natürlich ein eigenes Kapitel. Sie setzte sich erst gar nicht zu uns, wie sie das sonst immer machte, sondern servierte nur ein Großes gegen den Durst und ein Kleines zum Trinken und verschwand dann wieder nach hinten in ihre Küche, wo wir sie mit jemandem reden hörten, immer wieder auch etwas lauter, aber immer auf Serbisch, sodass wir trotzdem nichts verstanden. Ich fragte Lemmy: „Glaubst du, dass sie Hilfe braucht?“
    Er sagte: „Nicht von dir!“
    Das ist so eine Eigenheit der Menschen, dass sie die Schuld immer auf andere schieben, sogar, wenn sie beim Wichsen kollabieren. Lemmy war dann sogar noch böse auf mich, als Kubelka hereingestiefelt kam und etwas frischen Schnee mitbrachte, er sagte: „Da seid ihr also!“
    Drüben im Quattro Stazzione waren wir, wie eigentlich ausgemacht, nämlich nicht gewesen, also hatte er mal auf gut Glück hier vorbeigeschaut. Als wären wir jemals woanders gewesen!
    Er setzte sich zu uns an den Tisch und bestellte heißen Tee, in den kippte er mitgebrachten kalten Schnaps, dann sagte er: „Das ist jetzt nichts Persönliches gegen Jolanda, aber mit ihrem Schnaps würde ich nicht mal meine Füße waschen, und ehrlich gesagt nicht einmal die von Lemmy.“
    Wie ein verdammter Zauberer wusste er dann sofort, dass bei Lemmy und mir der Haussegen wieder schief hing. Spürte er das, oder war es seine langjährige Erfahrung als Paartherapeut, der er natürlich auch war? Jedenfalls fragte er: „Wollt ihr reden, Jungs?“
    Ich trat ihm gegen das Schienbein, weil ich ganz sicher nicht reden wollte, aber Lemmy sagte immerhin: „Was brauchst du?“
    Ku sagte: „Was du hast.“
    „Ich hab nicht viel.“
    „Dann gib mir das Wenige.“
    Ohne Reden kommt kein Deal zustande, ohne Deal kein Umsatz, und ohne Umsatz kein Gewinn, alte griechische Bauernregel. Ein lange Zeit unentdeckter Wasserschaden hatte bei Lemmy im Herbst einen Großteil der Ernte in seinen ausgedehnten Kellerräumlichkeiten vernichtet, was für mexikanische Drogenkartelle relativ leicht wegzustecken ist, für einen mittelständischen Kleindealer wie Lemmy aber nicht. Da er im Innersten ein ängstlicher, auf Vorsorge bedachter Freak war, hatte er die Preise massiv angehoben. Entsprechend der Wirtschaftslage und der knappen Budgets vor Weihnachten wollten die Leute allerdings auf alles eher einen Rabatt haben, anstatt noch mal was draufzulegen. Der Einzige, der sich Lemmys Preise jetzt noch

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