Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)
den Raum.
Reinigung
Victoria
Gespannt wartete ich auf das Reinigungsritual. Alle hatten sich auf der Wiese vor der Burg versammelt, die bis vor wenigen Stunden noch Kriegsschauplatz gewesen war.
Alle Ratsmitglieder, auch Aurelia und ich, bildeten zusammen den äußeren Kreis. Die Hexen standen Hand in Hand in unserer Mitte und bildeten den inneren Ring. Im Zentrum befand sich ein Altar mit einer Miniatur der Mondskulptur, die sich in einer jeden Mondstätte befand.
Ich selbst kannte diese Art von Zauber nicht, deshalb stellte ich den anderen meine Kraft zur Verfügung. Solche Energieträger gab es viele, ein jeder wurde zur Verstärkung des Zaubers gebraucht.
Elouan begann mit dem Chorgesang, der nach und nach wie in einem Kanon von immer mehr Stimmen wiederholt wurde. Wieder und wieder. Bis das Abbild unseres Gottes mit voller Kraft leuchtete und sich in die Luft erhob, schneller und schneller rotierte. Ein Sog für die negativen Schwingungen entstand in unserer Mitte. Ich beobachtete genau, wie kleine rote Funken darin verschwanden, die denen von Wunderkerzen verblüffend ähnlich sahen. Von den mächtigeren Hexen und Hexern schienen sich ganze Fäden abzulösen. Als keine weitere dunkle Energie im inneren Kreis vorhanden war, weitete sich der Sog auf uns aus. Kleine leicht rötlich schimmernde Funken waren auch hier vorhanden und wurden ausgelöscht.
Ich schnappte von irgendwo einen Gedankenfetzen auf: »Sie müssen aufhören! Der Sog wird zu stark!«
Mein Blick glitt über die Menge, doch ich konnte den Gedanken nicht zu seinem Ursprung zurückverfolgen.
Noch im selben Moment stoppte Elouan das Ritual. Das Mondabbild wurde langsamer und sank gemächlich zurück auf den Altar. Nun verbreitete sich überall der Duft von Mondwurz, die kurz vor Beginn entzündet worden war und wie immer für eine beruhigende Atmosphäre sorgte.
Ein Blick auf die Gedanken der Umstehenden zeigte mir, dass hier in unserem Kreis absoluter Frieden herrschte. Es war ein so traumhafter Zustand, dass ich diesen Augenblick und vor allem diese Harmonie am liebsten mit in die Ewigkeit genommen hätte.
In dem Moment, in dem wir den Kontakt zueinander beendet hatten, schwebte das Echo eines Gedankenstroms zu mir.
Keine Worte. Nur ein Gefühl. Und es war tiefrot.
Die andere Seite
Lysanne
Kein Reinigungsritual der Welt würde mir die Erinnerung an meinen Sohn nehmen können. Ich wusste nicht, was hier vor sich ging, aber ich war mir sicher, dass Tabea damit zu tun hatte. Sie hatte diesen gewissen Blick, den ich nur allzu gut kannte.
Diese Hexe war von Beginn an gegen meine Beziehung zu Balthasar gewesen und hatte alles versucht, unsere Vermählung zu verhindern. Balthasar hatte mir gestanden, dass er eine Beziehung zu ihr gehabt hatte. Das Mitleid ihr gegenüber hatte er mit wahren Gefühlen verwechselt. Er war ihr gegenüber immer ehrlich gewesen, sie wollte ihn dennoch nicht verlassen.
Für den Zirkel war sie aber von großem Nutzen gewesen. Sie hatte uns immer vor dem Rat warnen können, sofern Sania etwas verpasst hatte. Darian hatte sie sogar gemocht. Sie war eine großartige Kinderfrau gewesen. Für einen solchen Job ist es sehr von Vorteil, Gedanken lesen zu können. Als Seherin hatte sie es auch geschafft, ihn und seine Schwester Alya vor jedem noch so kleinen Sturz zu bewahren.
Vor gut einem halben Jahr fiel mir auf, dass Balthasar mit einem Mal sehr viel mehr Interesse an Tabea zeigte. Er war ständig mit ihr beschäftigt, verreiste sogar gemeinsam mit ihr. Ich hatte Sania dazu überredet, sich zu einem dieser scheinbar so wichtigen Termin zu portieren, um die Geschichte zu überprüfen. Weder Balthasar noch Tabea waren anzutreffen gewesen. Sie hatten mich belogen. Enttäuschung und Eifersucht nagten an mir, das Gefühl, verraten worden zu sein.
Zu der Zeit spürte ich das erste Mal die machtvolle Gewalt der Wut, von der Balthasar mir immer vorgeschwärmt hatte. Niemals zuvor war ich der Dunkelheit dermaßen verfallen gewesen.
Monate später teilte Darian mir mit, dass er nicht mehr nach Hause kommen, sondern in der Mondstätte bleiben würde. Ich hatte ihm geschworen, dass es mir egal wäre, wenn er den Weg des Lichts gehen würde, dass er trotzdem für immer mein Sohn bleiben und ich ihn immer lieben würde. Als ich jedoch feststellte, dass Tabea und Balthasar verschwunden waren, wurde mir klar, dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach.
Die unaussprechliche Wut, die
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