Duett der Liebe
geleerten Becher in den Abfallkorb hinter dem Tresen und straffte die Schultern. Im Lagerraum wartete eine Bücherlieferung darauf, dass sie sie auspackte und in die Regale sortierte.
Als sie auf die Tür zuging, hinter der ihr Büro lag, hielt sie überrascht den Atem an. Sie hätte schwören können, dass sie allein im Laden war. Doch auf dem Fußboden vor einem der Regale, das vom Tresen aus nicht zu sehen war, saß ein kleines Mädchen. Eins der beiden Mädchen, die noch vor ein paar Minuten fest an der Hand ihres Vaters gehangen hatten. Offenbar war es diesem Zwilling gelungen zu entwischen.
„Hallo“, sagte Brooke.
Die Kleine blickte aus großen blauen, von dunklen Wimpern umrahmten Augen zu ihr auf, wandte sich dann aber gleich wieder den Büchern vor ihr im Regal zu.
„Hallo.“
Brooke hockte sich neben sie. Ihre junge Kundin schien die Titel auf den Buchrücken zu studieren. Konnte sie schon lesen oder tat sie nur so?
Jedenfalls wusste Brooke aus Erfahrung, dass es Kinder hassten, wenn man sie von oben herab behandelte. Also sprach sie mit dem Mädchen, wie sie auch einen erwachsenen Kunden behandelt hätte. „Kann ich dir helfen, etwas Bestimmtes zu finden?“
Die Kleine schien zu wissen, was sie wollte, und zeigte keinerlei Schüchternheit.
Sie nickte ernst, bevor sie antwortete: „Ja. Hast du etwas über Mütter?“
„Kommt darauf an. Welche Art von Buch suchst du denn?“
Das Mädchen zögerte einen Moment, um sich die passende Antwort zu überlegen. „Eins darüber, wie man eine findet.“
Wie süß. Sie versuchte, ihrem Vater zu helfen, indem sie in einem Buch nachschlug. „Du suchst also deine Mutter?“
Die blauen Augen leuchteten auf, als die Kleine zu ihr aufschaute. „Ja. Wir alle.“
Also ihr Vater und ihre Schwester, schloss Brooke. Normalerweise hätte sie dem Kind mehrere Bücher zeigen können, die mit dem Thema „Mütter“ zu tun hatten.
Eins handelte von einem verloren gegangenen Bärenkind und gehörte zu ihren Lieblingsgeschichten.
Doch im Moment war es wohl wichtiger, das Kind wieder mit seiner Familie zusammenzuführen. „Ich glaube, dein Vater ist ganz durcheinander, weil er euch beide nicht finden kann.“
Das Kind runzelte die Stirn, als ob es diese Aussage nicht ganz verstand. „Du kennst meinen Daddy?“
„Nicht direkt“, gab Brooke zu. Kinder erwarteten und respektierten Ehrlichkeit.
„Aber ich weiß tatsächlich, wie er aussieht.“ Brooke beugte sich näher zu dem Kind hinunter, als verrate sie ihm ein Geheimnis. „Besorgt.“
Diesmal nickte die Kleine aufgeregt. „Ja, ich weiß. So sieht er jetzt immer aus.“
Sie blickte zu Brooke auf und fragte traurig. „Hast du ein Buch, das ihm helfen kann?“
„Nein, aber ich glaube, dass es ihm gleich viel besser geht, wenn ich dich zu ihm bringe.“ Brooke stand auf und griff nach der Hand des Kindes, um ihm aufzuhelfen. „Meinst du nicht, wir sollten nach ihm Ausschau halten?“
Es war nichts Ungewöhnliches, dass Kinder allein in ihren Laden kamen. Sie hatte sich schließlich viel Mühe gegeben, ihn so einladend wie möglich zu gestalten.
Die Wände waren mit bunten Szenen aus Märchen und Comics bemalt, an denen sie wochenlang gearbeitet hatte.
Normalerweise kamen die Eltern aber kurz darauf nach, froh, dass ihr Kind für ein paar Minuten beschäftigt war und sie sich ausruhen konnten.
Brooke blickte zum Eingang hinüber, doch der gut aussehende Vater war nirgendwo zu sehen. Hoffentlich war er mittlerweile nicht ganz am anderen Ende des Einkaufszentrums angekommen.
Das kleine Mädchen schien sich ebenfalls nicht sicher zu sein, ob sie Brooke folgen sollte. Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum.
„Na gut“, meinte sie schließlich. „Daddy sagt immer, dass wir nicht mit Fremden reden sollen, aber bei dir ist es wohl okay.“
Geschmeichelt antwortete Brooke: „Danke, Süße, aber dein Vater hat schon Recht. Du solltest wirklich nicht mit Fremden sprechen.“
Sie verließ mit der Kleinen den Laden und hielt in der Tür inne, um einen Knopf zu drücken. Ein dekoratives schmiedeeisernes Gitter rasselte langsam herunter, und Brooke drückte das Schnappschloss zu. Es konnte eine Weile dauern, bis sie den Vater der Kleinen gefunden hatte, und es war wohl besser, wenn sich nicht noch mehr Kunden in den Laden verirrten, während sie weg war.
Das Mädchen dachte noch immer angestrengt über Brookes Worte nach und blickte schließlich verwirrt zu ihr auf. „Dann sollte ich also
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