Splitter im Auge - Kriminalroman
Buch
Thomas Adam, genannt Steiger, Anfang fünfzig, geschieden, ist Mitglied des Einsatztrupps der Dortmunder Polizei. Steiger hat oft eigensinnig gehandelt und ist jetzt auf dem Abstellgleis gelandet – das heißt, er hat fast nur Spät- und Nachtdienst und muss Aufträge anderer Kommissariate erledigen. Vor zwei Monaten war Steiger Mitglied einer Mordkommission, die den Sexualmord an einem jungen Mädchen aufzuklären hatte. Der Täter war schnell gefasst: ein Mann aus Burkina Faso, der durch die DNS seines Spermas überführt wurde. Trotzdem hatte Steiger Zweifel, vor allem passte die Aussage einer Zeugin nicht ins Bild, die allerdings spurlos verschwunden ist. Der Mann wird jedoch wegen Mordes verurteilt.
Als Steiger eines Nachts einen jungen Mann wegen Diebstahls verhaftet, sieht er im selben Haus zufällig die Zeugin und redet mit ihr. So erfährt er neue Details, die seine Zweifel bestätigen, und nimmt die Ermittlungen wieder auf. Als in der Dienststelle ruchbar wird, dass er weiter ermittelt, erntet er heftige Ablehnung, denn der Fall ist für die Kollegen abgeschlossen. Bei seinen Recherchen stößt Steiger aber auf zwei alte Fälle, die Parallelen zu dem aktuellen Fall aufweisen. Wurden die Morde von ein und demselben Täter ausgeführt? Und wieso finden sich an allen Tatorten Spuren, die scheinbar eindeutig auf andere Täter hinweisen? Die Wahrheit ist so ungeheuerlich, dass der Fall selbst dem abgebrühten Steiger an die Nieren geht.
Autor
Norbert Horst ist im Hauptberuf Kriminalhauptkommissar bei der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen. Als Mitglied eines MK-Pools hat er in zahlreichen Mordkommissionen ermittelt. Heute arbeitet er als Pressesprecher. Der Autor ist verheiratet und hat zwei Kinder. Für seinen ersten Roman, »Leichensache«, erhielt er den Friedrich-Glauser-Preis, für »Todesmuster« wurde er mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.
Von Norbert Horst außerdem bei Goldmann lieferbar:
Leichensache. Roman (45230) · Todesmuster. Roman (45912)
Sterbezeit. Roman (47487)
Norbert Horst
Splitter
im Auge
Kriminalroman
1. Auflage
Originalausgabe August 2011
Copyright © 2011 by Wilhelm Goldmann Verlag,
München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
BH · Herstellung: Str.
Satz: DTP Service Apel, Hannover
ISBN: 978-3-641-06088-6
www.goldmann-verlag.de
Für meine Frau Elke
Erklärung
Die Schauplätze der Geschichte in diesem Buch sind real, die handelnden Personen und die Handlung dagegen reine Fiktion. Das gilt insbesondere für die im Buch genannten Angehörigen der verschiedenen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden, die ausnahmslos erfunden und auch ausdrücklich niemandem nachempfunden sind.
Sollte es dennoch Parallelen oder Ähnlichkeiten geben, sind diese zufällig und nicht gewollt.
1
1983
Der Kopf seines Bruders steckte auf der rostigen, dünnen Stange, und ganz langsam begann dessen Blut, daran herabzulaufen. Es sammelte sich an der Stelle, an der das Eisen aus dem lang gezogenen Betonfundament ragte, der Fleck wurde kriechend größer, und die Langsamkeit, mit der er sich auf dem Grau ausdehnte, gab ihm etwas Lebendiges.
Der restliche Körper rührte sich nicht mehr und lag verrenkt auf der lehmigen Erde, die den Beton umschloss und in der die Spuren der groben Profile von Bauarbeiterschuhen zu sehen waren. Der linke Fuß war noch in einer der Leitersprossen verhakt und so verdreht, dass die rote Sohle des Turnschuhs zu sehen war.
Er blickte von oben auf das Bild hinab, und einen Moment war es, als hätten sich seine Augen von seinem Körper getrennt, den das alles nichts anzugehen schien, was er sah, denn er war nicht imstande, sich zu bewegen oder zu schreien.
Sie hatten seit dem Morgen im Wald gespielt wie schon den ganzen Sommer, waren zu zweit durchs trockene Laub gerannt und hatten an den Felsen Steine in den Spalt geworfen, um deren Aufprall zu hören.
Als sie zum Haus zurückkamen, hatte er das Gerüst an der Rückseite der Villa gesehen, und weil heute Sonntag war und sie keine Arbeiter störten, war es seine Idee gewesen. Noch nie war er in solchen Situationen als Erster gegangen, weil sein Bruder nicht nur der Ältere, sondern auch der Mutigere, der weniger Vorsichtige war. Aber heute, zum ersten Mal, war er vorangegangen, hatte sich oben umgedreht, die Holme der Aluminiumleiter, die von der Nachmittagssonne ganz warm waren, festgehalten und das lächelnde Gesicht seines Bruders unter sich gesehen, wie es zu ihm heraufblickte. Dieses Gesicht,
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