Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
der genetische Bauplan von Piter de Vries korrupt, oder war er böse geworden, weil die Tleilaxu ihn zum verderbten Mentaten gemacht hatten? Wer würde besser wie der Feind denken können als ein Harkonnen? Gab es Hinweise, dass sich ein neuer Piter de Vries ebenfalls zum Schurken entwickeln würde, auch wenn er nicht dem schädlichen Einfluss des Barons ausgesetzt war?
Er konnte sich Sheeana vorstellen, wie sie ihn herablassend mit gerunzelter Stirn betrachtete. »Wir brauchen einen weiteren Mentaten. Gerade du, Wellington Yueh, solltest einem Ghola nicht die Verbrechen vorhalten, die er in seinem früheren Leben begangen hat.«
Er konnte es immer noch nicht glauben. Er presste die Augenlider fest zusammen, und er hatte sogar den Eindruck, dass die falsche Suk-Tätowierung auf seiner Stirn zu brennen schien. Er erinnerte sich, wie man ihn gezwungen hatte, Wannas endlose Qualen unter der Folter durch die Hände des bösen Mentaten zu beobachten. Und wie der Mann ihm ein Messer tief in den Rücken gestoßen und die Klinge in der Wunde gedreht hatte. Piter de Vries!
Er spürte immer noch den scharfen Stahl, der in seine Organe drang, die tödliche Verletzung, eine der letzten Erinnerungen seines ersten Lebens. Piters Lachen hallte in seinem Gedächtnis nach, zusammen mit den Schreien Wannas in der Folterkammer ... und Yueh war nicht in der Lage gewesen, ihr zu helfen.
Piter de Vries?
Yueh schwindelte. Er war kaum imstande, diese Information zu verarbeiten. Er durfte nicht zulassen, dass ein solches Monstrum wiedergeboren wurde.
* * *
Tage später betrat Yueh die medizinische Abteilung und ging zum schwangeren Tank. Im Moment war es noch ein unschuldiges Baby. Selbst wenn es sich um de Vries handelte, hatte dieses Ghola-Kind noch kein einziges Verbrechen begangen.
Aber er wird sie begehen! Er ist verderbt, bösartig! Die Schwestern würden ihn großziehen und irgendwann seine Erinnerungen wecken. Dann wäre er wieder da!
Doch Yueh hatte sich in seine eigene Logik verstrickt. Wenn der Ghola von Piter – genauso wie alle Gholas – niemals seinem vorherbestimmten Schicksal entgehen konnte, würde dann nicht dasselbe für Yueh gelten? War deshalb auch Yueh dazu verdammt, erneut zum Verräter zu werden? Würden sie alle ein weiteres Mal schreckliche Fehler begehen? Oder musste er alles dafür tun, sich notfalls opfern, um einen Fehler zu verhindern? Er hatte überlegt, ob er mit Jessica darüber reden sollte, sich aber dagegen entschieden. Dies war seine Aufgabe, seine Entscheidung.
Er hatte die Probe, die der Rabbi besorgt hatte, ganz allein untersucht und das Ergebnis gesehen. Jetzt musste er ganz allein handeln. Obwohl er ein Suk-Arzt war, dazu ausgebildet und darauf konditioniert, Leben zu bewahren, war es manchmal nötig, ein Monster zu töten, um viele Unschuldige zu retten.
Piter de Vries!
Schon beim ersten Mal war er indirekt für den Tod von de Vries verantwortlich gewesen, als er Herzog Leto mit dem Giftzahn präpariert hatte. Dieser hatte ihn in Anwesenheit des Mentaten zerbissen und das tödliche Gas freigesetzt. Yueh hatte in so vielen Dingen versagt, er hatte unglaublich viel Schmerz und Enttäuschung auf dem Gewissen. Selbst Wanna hätte verabscheut, was er sich selbst und den Atreides angetan hatte.
Nun jedoch hatte er ein zweites Leben, eine zweite Chance. Wellington Yueh hatte die Möglichkeit, etwas wiedergutzumachen. Angeblich sollte jedes der wiederbelebten Ghola-Kinder einen wichtigen Zweck erfüllen. Er war davon überzeugt, dass dies seine Aufgabe war.
Das selbstgemachte schwarze Karozeichen auf seiner Stirn erschwerte die Last, als Yueh mit einer Entscheidung rang. Er konnte sich genau daran erinnern, wie er zum Suk-Arzt geworden war, als er die komplette Prozedur der imperialen Konditionierung in der Inneren Schule durchlaufen und den offiziellen Eid abgelegt hatte. »Ein Suk soll kein menschliches Leben nehmen.«
Dennoch war Yuehs Prägung unterlaufen worden, was er den Harkonnens zu verdanken hatte. Vor allem Piter de Vries. Welche Ironie, dass die Brechung seines Suk-Eides ihm nun erlaubte, genau den Mann zu vernichten, der diese Konditionierung gebrochen hatte! Jetzt hatte er die Freiheit, ihn zu töten.
Yueh trug das Instrument des Todes bereits in einer Tasche seines Arztkittels bei sich. Sein Plan stand, und er würde kein Risiko eingehen. Da die medizinische Abteilung und die Axolotl-Tanks lückenlos mit Kameras überwacht wurden, konnte Yueh sein Tun nicht
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