Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
den lauernden Bene Gesserit. Als sie weit genug entfernt waren, um sich sicher zu fühlen, beugte sich der alte Mann näher an ihn heran und flüsterte in verschwörerischem Tonfall. »Ich bin fest davon überzeugt, dass Scytale der Saboteur ist, obwohl ich noch keine konkreten Beweise gefunden habe. Zuerst der alte und nun sein neuer Ghola. Sie sind alle gleich. Nachdem sein Gedächtnis erweckt wurde, setzt der junge Scytale sein heimtückisches Zerstörungswerk im Schiff fort. Kann man einem Tleilaxu trauen?«
Wem kann man überhaupt trauen?, dachte Yueh. »Warum sollte er dem Schiff Schaden zufügen wollen?«
»Wir wissen, dass er finstere Pläne verfolgt. Warum hat er Zellen von Gestaltwandlern in seiner Nullentropie-Kapsel gelagert, neben all den anderen – einschließlich Ihnen. Was könnte er damit im Sinn haben? Klingt das nicht schon verdächtig genug?«
»Diese Zellen wurden von Sheeana konfisziert und an einem sicheren Ort verwahrt. Niemand hat Zugang dazu.«
»Können wir uns dessen wirklich sicher sein? Vielleicht will er uns alle töten, damit er sich eine eigene Armee von Gestaltwandlern heranzüchten kann.« Der Rabbi schüttelte den Kopf. Hinter den Brillengläsern glühten seine geröteten Augen vor Zorn. »Und das ist noch nicht alles. Die Hexen spinnen ihre eigenen Intrigen. Was glauben Sie, warum sie die Identität des neuen Ghola-Babys nicht offenbaren wollen? Wahrscheinlich weiß nicht einmal Duncan Idaho, wer in diesem Tank heranwächst.« Er verrenkte den Hals und blickte sich zur medizinischen Abteilung um, offensichtlich auf der Suche nach Überwachungskameras. »Aber Sie könnten es herausfinden.«
Yueh war verblüfft und neugierig zugleich, aber er verriet dem Rabbi nicht, dass ihm ganz ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen waren. »Wie? Auch mir werden sie es nicht sagen.«
»Aber Sie werden nicht so intensiv überwacht wie ich! Die Hexen befürchten, ich könnte ihr Zuchtprogramm sabotieren, aber nachdem Sie jetzt wieder über Ihre Erinnerungen verfügen, sind Sie ihr vertrauenswürdiger kleiner Ghola.« Der Rabbi steckte ihm eine kleine versiegelte Polymerscheibe zu. Genau in der Mitte war eine hauchdünne Probe einer Substanz aufgetragen worden. »Sie haben Zugang zu den Untersuchungsgeräten. Das ist eine Zellprobe vom schwangeren Tank da drinnen. Niemand hat gesehen, wie ich sie entnommen habe, aber ich wage es nicht, die Analyse selbst durchzuführen.«
Yueh ließ die Scheibe verstohlen in einer Tasche verschwinden. »Will ich es wirklich wissen?«
»Können Sie es sich leisten, unwissend zu bleiben? Ich überlasse Ihnen die Entscheidung.« Der Rabbi entfernte sich murmelnd. Mit seinem Arztkoffer machte er sich auf den Weg zur Kabine des Tleilaxu.
Die Probe wog schwer in Yuehs Tasche. Warum wollten die Schwestern die Identität des neuen Gholas geheimhalten? Was führten sie im Schilde?
Es dauerte mehrere Stunden, bis er die Gelegenheit hatte, sich in eins der kleinen Labors des Nicht-Schiffes zu schleichen. Als Suk-Arzt war es ihm erlaubt, diese Räume jederzeit zu benutzen. Trotzdem arbeitete er so schnell wie möglich und ließ die DNS der Probe aus dem Axolotl-Tank entschlüsseln. Dann verglich er die Sequenzen mit den Identifikationsdaten, die vor Jahren ermittelt worden waren, als die Schwestern erstmals das Material aus Scytales Nullentropie-Kapsel untersucht hatten.
Yueh fand recht schnell den passenden Datensatz, und als er die Antwort hatte, zuckte er erschrocken zusammen. »Unmöglich! Wie können sie es wagen?« Doch als er an die Qualen dachte, die Sheeana ihm zugefügt hatte, um seine Erinnerungen zu wecken, stand für ihn fest, dass die Schwestern zu allem bereit waren. Jetzt verstand er auch, warum sich Sheeana geweigert hatte, die Identität des Gholas bekannt zu geben.
Trotzdem ergab es keinen Sinn. Die Schwestern hätten zahlreiche andere Möglichkeiten gehabt. Bessere. Warum unternahmen sie keinen zweiten Versuch, Gurney Halleck wiederzubeleben? Oder Ghanima, als Gefährtin für den armen Leto II.? Zu welchem Zweck wollten sie ausgerechnet – ihn schauderte – Piter de Vries zurückholen?
Die Antwort lag auf der Hand. Die Bene Gesserit hantierten gern mit gefährlichem Spielzeug. Sie ließen Menschen aus der Vergangenheit wiederauferstehen, damit sie sie als Schachfiguren in ihrem großen Spiel benutzen konnten. Er wusste, welche Art von Fragen sie beschäftigten, welche Art von Antworten ihre infernalische Neugier befriedigen würde. War
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