Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen
schlug einen Wachmann nieder und riss den zweiten von seiner Schwester fort. Bheth schrie, als die drei Männer sich gleichzeitig auf Gurney stürzten und ihn so brutal mit ihren Waffen verprügelten, dass seine Rippen brachen. Seine Nase war bereits blutig.
»Helft mir!«, rief Gurney den Dorfbewohnern zu, die mit Angst geweiteten Augen zusahen. »Zusammen sind wir viel mehr als diese Hunde!«
Doch niemand kam ihm zu Hilfe.
Er schlug um sich, konnte sich aber nicht gegen das Trommelfeuer der Stiefel und Kolben durchsetzen. Als es ihm gelang, den Kopf zu heben, sah er, wie Kryubis Männer Bheth zur Tür hinauszerrten. Gurney strengte sich an, endlich die schweren Männer abzuschütteln, die ihn festhielten.
Zwischen den Armen und Beinen der Wachen sah er die Dorfbewohner, die reglos wie eine erschrockene Schafherde dastanden. Sie beobachteten ihn mit entsetzten Mienen, kamen aber nicht auf die Idee, auch nur einen Finger zu rühren. »Helft mir, verdammt noch mal!«
Ein Wachmann versetzte ihm einen Schlag in den Solarplexus, worauf er würgend nach Atem rang. Die Stimme versagte ihm, und er bekam keine Luft mehr. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen. Endlich zogen sich die Wachen zurück.
Er stemmte sich mit einem Ellbogen hoch und sah gerade noch Bheths verzweifeltes Gesicht, als die Harkonnens sie in die Dunkelheit davonschleppten.
Wütend und verzweifelt kämpfte er sich wieder hoch und bemühte sich mit aller Kraft, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er hörte die Motoren des Gefangenentransporters aufbrüllen. Im Streulicht der blendenden Scheinwerfer stieg das Gefährt vor den Fenstern des Gemeinschaftshauses auf und flog heulend zum nächsten Dorf, um weitere Gefangene aufzunehmen.
Gurney blinzelte die anderen Männern mit geschwollenen Augen an. Fremde. Er hustete und spuckte Blut, das er sich achtlos von den Lippen wischte. Als er schließlich wieder ein paar keuchende Atemzüge getan hatte, sagte er: »Ihr Mistkerle habt einfach nur zugesehen. Ihr habt keinen Finger gerührt.« Er klopfte sich den Staub von der Kleidung und funkelte die Dorfbewohner finster an. »Wie konntet ihr zulassen, dass sie uns so etwas antun? Sie haben meine Schwester mitgenommen!«
Aber sie hatten niemals größere Initiative als eine Schafherde entwickelt. Mehr konnte er einfach nicht von ihnen erwarten.
Mit tiefster Verachtung spuckte er eine Mischung aus Speichel und Blut auf den Boden und wankte durch die Tür nach draußen.
3
Geheimnisse sind ein wichtiger Aspekt der Macht. Der fähige Herrscher setzt sie geschickt ein, um seine Leute unter Kontrolle zu halten.
Kronprinz Raphael Corrino,
Diskurse über die Regierung eines Galaktischen Imperiums, 12. Auflage
Der wieselgesichtige Mann stand wie eine neugierige Krähe auf der Galerie der Residenz von Arrakeen und blickte in den großen Innenhof hinunter. »Und Sie sind sich ganz sicher, dass alle von unserer kleinen Soirée wissen, hmm-äh?« Seine Lippen waren in der trockenen Luft aufgesprungen – eine Unannehmlichkeit, unter der er schon seit Jahren litt. »Wurden sämtliche Einladungen persönlich zugestellt? Die gesamte Bevölkerung in Kenntnis gesetzt?«
Graf Hasimir Fenring beugte sich zu Geraldo Willowbrook hinüber, dem schlanken Anführer seiner Wachtruppen. Der Mann mit dem faltigen Kinn und der rot-goldenen Uniform nickte, blinzelte im grellen Licht, das durch die mit Schilden verstärkten Prismenfenster hereinströmte. »Es wird eine großartige Feier anlässlich Ihres Jahrestages werden, Herr. Die Bettler haben sich bereits massenweise am vorderen Eingangstor versammelt.«
»Hmm-äh, gut, sehr gut. Meine Frau wird sehr zufrieden sein.«
Unten im Hof trug ein Koch ein silbernes Kaffeeservice in die Küche. Essensgerüche wehten zu ihnen herauf; es duftete nach exotischen Suppen und Soßen, die für das extravagante Fest dieses Abends zubereitet wurden, nach gegrillten Fleischspießen von Tieren, die niemals auf Arrakis gelebt hatten.
Fenring hielt sich am geschnitzten Geländer aus Eisenholz fest. Über ihnen erhob sich ein zwei Stockwerke hohes gotisches Gewölbe mit Tragbalken aus Elacca-Holz und Plaz-Dachfenstern. Der Graf war muskulös, aber keineswegs groß, und die wuchtige Architektur dieses Hauses schien ihn noch kleiner zu machen. Das Deckengewölbe hatte er persönlich in Auftrag gegeben, ebenso wie das im Speisesaal. Auch den neuen Ostflügel mit den eleganten Gästezimmern und den opulenten Bädern hatte er selbst
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