Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen
weitere leere Versprechungen abgaben.
Auch nach der Entzifferung ergaben die Worte keinen Sinn, und Fenring erkannte, dass es eine zweite Verschlüsselungsebene gab. Er wurde ungeduldig und verlor noch einmal zehn Minuten, bevor er die Nachricht lesen konnte.
Als schließlich die wahre Botschaft zum Vorschein kam, starrte Fenring mit seinen übergroßen Augen darauf. Er blinzelte zweimal und las Ajidicas Brief noch einmal durch. Erstaunlich.
Wachhauptmann Willowbrook erschien im Eingang zu seinem Zimmer und schien sich für den Inhalt der wichtigen Sendung zu interessieren. Er wusste von den zahlreichen Intrigen des Grafen und seiner geheimen Arbeit für Shaddam IV., aber er wusste auch, dass er nicht zu viele Fragen stellen durfte. »Möchten Sie eine leichte Mittagsmahlzeit bestellen, Herr?«
»Gehen Sie!«, sagte Fenring, ohne sich zu ihm umzublicken. »Sonst lasse ich sie nach Carthag ins Harkonnen-Hauptquartier versetzen.«
Willowbrook entfernte sich unverzüglich.
Fenring lehnte sich zurück, prägte sich jedes Wort der Botschaft ein und zerstörte dann das raue Papier. Er freute sich schon darauf, die Neuigkeiten an den Imperator weiterzugeben. Endlich. Seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
Dieser Plan war noch vor dem Tod von Shaddams Vater in die Wege geleitet worden. Und nun, Jahrzehnte später, trug die Arbeit endlich Früchte.
Graf Fenring, wir freuen uns, Ihnen berichten zu dürfen, dass die letzte Entwicklungssequenz unseren Erwartungen zu entsprechen scheint. Wir sind zuversichtlich, dass das Projekt Amal erfolgreich abgeschlossen werden kann. Die folgenden rigorosen Tests werden es beweisen. Wir rechnen damit, innerhalb weniger Monate mit der großmaßstäblichen Produktion beginnen zu können.
Bald wird der Imperator über eine kostengünstige und unerschöpfliche Melangequelle verfügen. Dieses neue Monopol wird ihm die volle Macht über die großen Kräfte des Imperiums geben. Die Gewürzernte auf Arrakis wird in Zukunft bedeutungslos sein.
Fenring versuchte sein befriedigtes Grinsen zu unterdrücken und trat ans Fenster, um auf die staubigen Straßen von Arrakeen hinauszuschauen. Inmitten der Menschenmassen entdeckte er blau uniformierte Harkonnen-Truppen, bunt gekleidete Wasserhändler und schmutzige Gewürzarbeiter, hochmütige Prediger und zerlumpte Bettler. Und die gesamte Ökonomie dieser unglaublich heißen und trockenen Welt basierte nur auf einer einzigen Ware. Dem Gewürz.
Bald würde all das keine Rolle mehr spielen. Arrakis und die natürlich vorkommende Melange wären nur noch eine historische Kuriosität. Dieser Wüstenplanet würde völlig uninteressant werden ... und er konnte sich wieder anderen, wichtigeren Dingen zuwenden.
Fenring nahm einen tiefen Atemzug. Er freute sich schon darauf, endlich diesen Staubklumpen verlassen zu können.
107
Obwohl der Tod es irgendwann rückgängig macht, ist das Leben in dieser Welt eine herrliche Sache.
Herzog Paulus Atreides
Niemand sollte an der Bestattung des eigenen Kindes teilnehmen müssen.
Herzog Leto stand am Bug des Bestattungsschiffs der Atreides und trug eine weiße Uniform ohne jedes Abzeichen – als Symbol für den Verlust seines einzigen Sohns. An seiner Seite befand sich Jessica, die sich in ein schwarzes Bene-Gesserit-Gewand gehüllt hatte, das ihre Schönheit nicht verbergen konnte.
Dem Bestattungsschiff folgte ein Leichenzug aus Booten, die allesamt mit bunten Blumen und Bändern geschmückt waren, um einen Jungen zu ehren, dessen Lebenszeit auf tragische Weise verkürzt worden war. Atreides-Soldaten standen auf den Decks der Begleitschiffe und hielten Zierschilde in den Händen, die aufblitzten, wenn die Sonne durch die Wolkendecke brach.
Traurig blickte Leto am Bug mit dem vergoldeten Falken vorbei und beschattete die Augen, um über das Meer von Caladan zu schauen. Victor hatte den Ozean geliebt. In der Ferne, wo das Meer am gekrümmten Horizont verblasste, sah Leto die flackernden Entladungen eines Gewitters. Vielleicht hatten sich Elecrans eingefunden, um die Seele des Jungen an einen Ort jenseits der Wellen zu geleiten ...
Seit Generationen galt für die Atreides das Leben selbst als größter Segen. Für die Atreides zählte das, was ein Mensch während seines Lebens tat – was er mit all seinen Sinnen wahrnahm und auskostete. Die Leistungen eines Menschen waren von viel größerer Bedeutung als eine schattenhafte Existenz nach dem Tod. Das Greifbare war viel
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