Dunkel ist die Sonne
Schritt zurück und blickte den Hang hinauf.
„Bring den ersten!“ pfiff er.
Die Gefangenen warteten entsetzt. Man hatte ihnen gesagt, daß der Schamane die Reihenfolge bestimmt habe, in der sie geopfert würden, aber wie diese Reihenfolge aussah, hatte man ihnen nicht gesagt. Nun gingen die beiden riesengroßen Männer auf die Gruppe zu, blieben stehen und sahen sie finster an. Deyv schwitzte und zitterte. War dies das Ende? Nach allem, was er durchgemacht hatte? Wenn er nur sein Seelenei gehabt hätte, dann hätte er es wenigstens streicheln und Mut daraus schöpfen können.
Plötzlich ergriffen die beiden Krieger Jeydee. Kreischend und um sich schlagend wurde er den Hang hinuntergeschleppt. Als Feersh seine Stimme hörte, wußte sie, was geschehen war. Sie forderte ihn auf, tapfer zu sein und den Barbaren zu zeigen, daß er sich nicht fürchtete. Er sollte beweisen, daß er das Kind der furchtbaren Hexe Feersh der Blinden war.
Es war zweifelhaft, ob Jeydee sie hörte. Und selbst wenn er sie gehört hätte, hätte er sich sicher nicht anders verhalten. Seine Mutter wußte das, aber vielleicht hoffte sie, daß er in der letzten Stunde seines Lebens doch noch zu seiner Mannesehre finden würde.
Jeydee krümmte und wand sich und hörte nicht auf zu schreien, bis er mit Seilen, die man ihm um Beine und Taille schlang, an dem Pfahl festgebunden war. Dann stand er still und zitternd da, während man ihm die Hände losband. Der Schamane reichte ihm das große Insekt und sagte etwas. Deyv konnte das Pfeifen schwach hören, aber er konnte es nicht verstehen. Wahrscheinlich rief er ihm jedoch noch einmal die vorgeschriebenen Fragen in Erinnerung, und ebenso wahrscheinlich war es, daß er ihm noch einmal versprach, daß er, wenn er den Gott zum Sprechen brächte, gerettet sein sollte.
„Diese dummen Tsimmanbul“, murmelte Sloosh. „Sie könnten bestimmt mit ihm sprechen, wenn sie ihm nur ihre Sprache beibringen würden, sollte man meinen. Aber doch nicht, wenn sie ihm irgend jemanden vor die Nase stellen. Und außerdem müssen sie etwas haben, worauf sie sich beziehen können, Gegenstände, die sie ihm zeigen, damit er die Worte dazu in Beziehung setzen kann.“
Er zuckte die Achseln und meinte dann: „Nun, vielleicht hat das Ding auch eine Intelligenz, die der unsrigen so fremd ist, daß es diese Beziehung gar nicht verstehen könnte. Wenn es überhaupt einen Geist in dem Sinne hat, in dem wir von Geist sprechen.“
Jeydee, der sehr blaß geworden war, hielt den Leuchtkäfer in die Höhe. Er drückte auf den grünen Fleck, und das Insekt strahlte seine erste Botschaft aus.
„O Gott Phemropit, ich will mit dir sprechen. Dein Volk verehrt dich über alle Maßen. Sie haben mich, den Feind der Narakannetishaw, gesandt, mit dir zu sprechen, auf daß du dich nicht der Tötung eines deiner wahren Anbeter schuldig machest. Sprich zu mir, Phemropit. Und schone mich, auf daß ich frei sei und auf daß du zu deinem Volke sprechen und ihnen deine alte steinerne Weisheit schenken und sie mächtig machen mögest. Und deine Verehrer werden groß werden und sich über die ganze Erde ausbreiten und dich zum Gott aller Völker machen: der Narakannetishaw, der Menschen, der Yawtl und der Skinniwatikaw. Wir werden selbst die Shemibob besiegen.“
Der Archkerri summte etwas, was einem verächtlichen Schnaufen entsprach. „Was für ein Unsinn! Und für deren Dummheit soll ich sterben!“
Die Botschaft war zu Ende. Ein paar Sekunden vergingen. Und dann schoß der Strahl heraus und durchbohrte Jeydee die Brust. Er fiel nach vorn und hing schlaff an dem Pfahl herunter. Wieder und wieder blitzte der Strahl, wobei sich die einzelnen Impulse jeweils exakt wiederholten. Er schoß so lange durch den oberen Teil des Kopfes, bis nichts mehr da war.
Als der Strahl aufgehört hatte zu blitzen, brachen die Tsimmanbul in ein wahnsinniges Trommeln, Flöten und Pfeifen aus. Zwei Krieger rannten den Hang hinunter und banden den Leichnam los, wobei sie darauf achteten, nicht in eine Linie mit dem Pfahl zu geraten.
Der Schamane pfiff so laut, daß man ihn sogar auf die große Entfernung hin verstehen konnte. „Wieder einmal hat uns der Gott Phemropit enttäuscht! Aber wir werden den Mut nicht sinken lassen! Wir wissen, daß einst die Zeit kommen wird, da er sich gestatten wird, mit uns zu sprechen!“
Feersh stand weinend da; Jowanarrs Gesicht zeigte keinerlei Bewegung. Tishdom und Shig, die beiden Sklaven, schluchzten, allerdings wohl
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